
Handelsdeal: 15 Prozent auf alles – außer Flugzeugteile
Als einen europäischen Sieg lässt sich die gestrige Einigung im Handelsstreit zwischen den USA und der EU kaum bezeichnen. Die vielleicht treffendste Kurzanalyse des Kompromisses kam gestern Abend von Wolfgang Große Entrup, dem Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI):
Soll heißen: Eine weitere Eskalation sei vermieden worden, „trotzdem ist der Preis für beide Seiten hoch“.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen klang nach der Einigung mit US-Präsident Donald Trump im schottischen Turnberry alles andere als euphorisch. „Das heutige Abkommen schafft Gewissheit in unsicheren Zeiten“, sagte von der Leyen.
Wie fragil diese Gewissheit unter Trump ist, zeigte sich jedoch bereits bei der Verkündung des Abkommens, bei der sich die beiden Präsidenten teilweise widersprachen: Der US-Präsident kündigte an, schon bald neue Zölle auf Pharmazeutika zu erheben. Für Stahl und Aluminium, so Trump, würden weiterhin seine „globalen“ 50-Prozent-Zölle gelten.
Von der Leyen hingegen behauptete, die Strafzölle auf Stahl und Aluminium würden „gekappt und durch ein Kontingentsystem ersetzt“. Der vereinbarte 15-Prozent-Satz gelte „sektorenübergreifend“ auch für Pharmazeutika und Halbleiter und sei „eine klare Obergrenze – keine Aufschläge, alles inklusive“.

Immerhin ist der aus deutscher Sicht wichtigste Punkt der Einigung unstrittig: Die USA werden einen einheitlichen Zollsatz von 15 Prozent auf die meisten Importe aus der Europäischen Union erheben – einschließlich Autos. Die europäische Automobilbranche profitiert damit von einer deutlichen Zollsenkung im Vergleich zu den US-Zöllen von 27,5 Prozent, die seit April galten. Zudem haben beide Seiten laut von der Leyen vereinbart, in einigen Branchen gänzlich auf Zölle zu verzichten, nämlich:
Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat mit Warp-Geschwindigkeit exklusiv fürs Handelsblatt die kurzfristigen Auswirkungen des gestrigen Kompromisses auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) berechnet. Die generellen Zölle in Höhe von 15 Prozent und die höheren Zölle auf Stahl und Aluminium sorgen demnach für ein 0,15 Prozent niedrigeres BIP in Deutschland innerhalb eines Jahres – das wären rund 6,5 Milliarden Euro. Für die EU insgesamt liegt das Minus bei 0,1 Prozent. Die Zahlen sind mit Unsicherheit behaftet, auch weil bereits jetzt erkennbar ist, dass die USA und die Europäer die Vereinbarung unterschiedlich interpretieren.
Inklusive der alten Autozölle von 27,5 Prozent wäre die deutsche Wirtschaft laut IfW um 0,51 Prozent weniger gewachsen. In diesem Fall wäre es fast egal gewesen, wenn Trump stattdessen wie von ihm angedroht 30 Prozent auf alles erhoben hätte: Diese Konstellation hätte Deutschland 0,62 Prozent Wachstum gekostet.
Dennoch: Eine Einigung auf 15 Prozent sei ein „schlechter Deal, kaum besser als Trumps 30-Prozent-Zolldrohung“, sagt Julian Hinz, Leiter des Forschungszentrums Handelspolitik am Institut für Weltwirtschaft:
Wäre es also die bessere Alternative gewesen, die EU hätte mit Trump Hardball gespielt und alle seine Zolldrohungen mit ebenso harten Gegenmaßnahmen beantwortet? Vielleicht hätte Trump dann in letzter Minute zurückgezogen – wie schon so oft in anderen Konflikten. Vielleicht aber auch nicht, und die Welt hätte sich ab dem 1. August, Trumps ultimativ gesetzter Deadline für eine Einigung, in einem transatlantischen Handelskrieg befunden.
Der jetzt geschlossene Handelskompromiss lässt sich nicht wirklich verstehen ohne seine unausgesprochene verteidigungspolitische Komponente: Die EU-Staaten wollen Trump auch deshalb nicht verärgern, weil sie befürchten, er könne dann aus Rache die militärische Präsenz der USA in Europa herunterfahren.
„Da Europa weiterhin auf die Unterstützung der USA für die Verteidigung der Nato gegen Russland und die lebenswichtige militärische Hilfe für die Ukraine angewiesen ist“, so der US-Handelsexperte Erik Brattberg, sei ein Handelsabkommen mit den USA auch „eine Investition, um Trump weiterhin für Europa zu gewinnen“.
Alle aktuellen Entwicklungen zum transatlantischen Handelsdeal finden Sie in unserem Liveblog.
Bundeswehr will Deep-Strike-Drohnen

Fest steht: Europa kann sich für seine Verteidigung nicht mehr blind auf die USA verlassen. Vor diesem Hintergrund ist auch die Entscheidung der Bundeswehr für sogenannte Deep-Strike-Drohnen zu sehen: Bis 2029 will die Bundeswehr solche Drohnen im eigenen Arsenal haben, die in der Lage sind, Ziele tief im Hinterland eines Gegners zu treffen.
Eine entsprechende Anforderung hat die Luftwaffe nach Informationen des Handelsblatts an führende deutsche Rüstungshersteller und Start-ups gestellt. Drei Konsortien arbeiten bereits an konkreten Konzepten. So hat sich Airbus Defence mit dem US-Start-up Kratos verbündet und Rheinmetall mit dem Drohnenspezialisten Anduril. Auch das Münchener Start-up Helsing ist nach Informationen des Handelsblatts im Rennen.
Drohnen mit sogenannten Deep-Precision-Strike-Fähigkeiten sind in der Lage, Kommandostellen, Logistikzentren oder Abschussrampen von Raketen weit hinter der Front zu treffen. Bisher verfügt die Bundeswehr für diese Einsatzzwecke nur über den Taurus-Marschflugkörper mit einer Reichweite von maximal 500 Kilometern. Das reicht den deutschen Militärs angesichts der Bedrohungslage nicht mehr aus.
Erdrutsch als mögliche Ursache des Zugunglücks

Nach dem Zugunglück mit drei Toten und mehr als 50 Verletzten im Südosten Baden-Württembergs kommen Bahnchef Richard Lutz und mehrere Spitzenpolitiker heute zur Unglücksstelle nach Riedlingen. Er wolle sich ein Bild von der Lage machen und den Einsatzkräften persönlich danken, kündigte Lutz in einer Mitteilung an. Begleiten wollen ihn Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sowie die Verkehrsminister von Bund und Land, Patrick Schnieder (CDU) und Winfried Hermann (Grüne).
In dem Zug, der am Sonntag auf dem Weg von Sigmaringen nach Ulm entgleiste, befanden sich nach ersten Erkenntnissen der Bundespolizei rund 100 Menschen. Die Ermittler untersuchen, ob ein Erdrutsch die Ursache für das Unglück gewesen sein könnte.
Deutscher auf dem Podium bei der Tour de France

Radprofi Florian Lipowitz hat bei der Tour de France als erster Deutscher seit 2006 das Podium erreicht und sich Rang drei gesichert. Der Slowene Tadej Pogacar gewann die Tour zum insgesamt vierten Mal und verteidigte so seinen Titel aus dem vergangenen Jahr erfolgreich.
Neuer Direktflug von Moskau nach Pjöngjang
Russland nimmt wieder Direktflüge von Moskau ins nordkoreanische Pjöngjang auf. Der erste Flug zwischen den Hauptstädten seit Mitte der 1990er sollte gestern Abend in Moskau starten. Wer mitfliegt, muss sich allerdings seiner Zuneigung für die nordkoreanische Lebensart ziemlich sicher sein – bis zum nächsten Rückflug dauert es nämlich einen Monat.






Unklar ist, ob russische Bürgerinnen und Bürger für ihren Trip nach Pjöngjang Bildungsurlaub beantragen können. Sinnvoll wäre es. Schließlich lässt sich dort sehr schön nachvollziehen, was auf lange Sicht einem Volk blüht, das sich einem skrupellosen Autokraten und seiner ideologischen Wahnwelt unterwirft.
Ich wünsche Ihnen einen Wochenauftakt ohne One-Way-Tickets.
Herzliche Grüße
Ihr
Christian Rickens





