Robotik: Chinas Menschroboter zeigen die Ambitionen der Tech-Großmacht
Peking. In den kommenden zehn Tagen will China zeigen, dass es das globale Zentrum für intelligente humanoide Roboter ist. Auf der Welt-Roboter-Messe, die am Freitag startet, und bei der ersten Roboter-Weltmeisterschaft in der kommenden Woche in Peking präsentiert das Land seinen rasanten Fortschritt in dem Sektor – und das vor einem breiten Publikum.
Die Bilder von menschenähnlichen Robotern beim Bodenturnen, Fußball, Hochsprung, Hürdenlauf und Sprint sollen um die Welt gehen. „Jiqiren“, Maschinenmenschen, heißen sie in China.
Doch humanoide Roboter sind für Peking alles andere als Spielerei. Bei der industriellen Leistungsschau wird auch ihr praktischer Nutzen in Fabriken, Warenhäusern, Hotels und Hospitälern demonstriert.
Größter Robotermarkt der Welt
Schon jetzt ist die Volksrepublik der mit Abstand größte Robotermarkt der Welt. Beim Einsatz von Robotern in der Industrie hat China Deutschland überholt. 470 Roboter pro 10.000 Beschäftigte zählte der Weltrobotikverband IFR im vergangenen Jahr. Tendenz schnell steigend.
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Auch in chinesischen Hotels ist es längst keine Seltenheit mehr, Robotern zu begegnen, die an R2-D2 – den Androiden aus „Star Wars“ – erinnern. Meist sind sie im Aufzug anzutreffen, auf dem Weg zu einem Hotelgast, der Teigtaschen aus einem nahegelegenen Restaurant oder Ersatzladekabel aus der Drogerie um die Ecke bestellt hat.
Geordert wird per App, ein (echt menschlicher) Lieferdienst bringt die Ware meist innerhalb von 30 Minuten in die Lobby, dort wird der Roboter bestückt, der es bis an die Hotelzimmertüre ausliefert, egal, in welchem Stockwerk
Das mag vielleicht noch nicht als echter Produktivitätszuwachs zählen. Bequem ist es allemal.
Massenproduktion soll 2025 starten
Für den spektakulären Bereich der humanoiden Roboter hat die Staatsführung ambitionierte Ziele gesetzt: Noch in diesem Jahr sollen Lieferketten für Schlüsselkomponenten gesichert und soll die Massenproduktion gestartet werden. Die Staatsführung hofft, dass die smarten Blechkameraden Künstliche Intelligenz (KI) in Chinas Fabriken bringen und so zu einem Produktivitätsschub führen. Von „verkörperter KI“ ist dabei die Rede.
Insbesondere in der Autoproduktion wird der Einsatz der humanoiden Roboter gefördert und gefordert. Modelle von führenden chinesischen Herstellern wie Ubtech und Unitree, die mehr an R2-D2s aufrecht gehenden, etwas schusseligen Freund C3PO erinnern, sortieren und liefern dort Bauteile oder montieren Reifen.
Wie strategisch China seit Jahren seine Kompetenzen im Bereich Robotik aufbaut, zeigt ein Rückblick ins Jahr 2016. Damals übernahm der chinesische Haushaltsgerätehersteller Midea den deutschen Roboterproduzenten Kuka. Die charakteristischen orangefarbenen Roboterarme sind bei Fabrikbesichtigungen in chinesischen Autokonzernen allgegenwärtig. Nun kommen die Humanoiden.
„Milliarden-Yuan-Schlachtfeld“
Die Robotik sei derzeit in einer Entwicklungsphase wie E-Autos vor einem Jahrzehnt, „ein Milliarden-Yuan-Schlachtfeld, das darauf wartet, erobert zu werden“, sagte Unitree-Gründer Wang Xingxing Anfang des Jahres.
Wang ist ein Star in Chinas Roboterszene. Nach einer Podiumsdiskussion auf dem Weltwirtschaftsforum Ende Juni in Tianjin stürmten Fans und Journalisten die Bühne und bedrängten den schmächtigen 35-Jährigen derart, dass Mitarbeiter ihn schützend aus dem Raum geleiteten.
Zuvor hatte Wang erklärt, dass er den Einsatz humanoider Roboter zunächst eher in der Industrie und Landwirtschaft sehe, weniger im Haushalt oder sozialen Bereich. Er erzählte von einem Zwischenfall, als ein Unitree-Roboter einem kleinen Mädchen, das sich ihm in den Weg stellte, auf den Schuh stieg. „Schuh, nicht Fuß“, beeilte sich Wang zu versichern.
Und dennoch: Für den Einsatz „zu Hause ist die Frage der Sicherheit eine sehr wichtige Frage“. Ohnehin sei Sicherheit die größere Herausforderung als die Technologie, betonte er
Bei der Entwicklung der humanoiden Roboter hat Peking dabei einen wichtigen strategischen Vorteil: Einer Analyse der US-Investmentbank Morgan Stanley zufolge kontrolliert China mehr als 60 Prozent der wichtigsten Unternehmen in der globalen Lieferkette für Komponenten der humanoiden Roboter, darunter Elektromotoren und seltene Erden.
Das ermögliche chinesischen Unternehmen, die Roboter deutlich billiger zu produzieren als ihre westlichen Konkurrenten. So kostet das Modell H1 von Unitree umgerechnet 90.000 US-Dollar.
Doch selbst bei diesem Preis müssen die humanoiden Roboter noch beweisen, in welchen Einsatzbereichen sich ihre Anschaffung auch rechnet. Beim ersten Mensch-gegen-Roboter-Halbmarathon im April in Peking brauchte der schnellste Menschroboter mehr als doppelt so lange wie der Sieger, ein Mensch aus Fleisch und Blut.
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