Lars Felds Ordnungsruf: Der deutschen Wirtschaft droht eine 15-jährige Stagnation

Betrachtet man die aktuelle Wirtschaftslage in Deutschland, so landet man rasch bei der Frage, wie es so weit kommen konnte. Noch immer ist keine wirkliche Besserung in Sicht. Die Prognosen für 2026 deuten zwar auf ein Wachstum hin; dieses wird aber vor allem durch schuldenfinanzierte Ausgabenprogramme des Staates und durch Kalendereffekte getrieben, weil Feiertage auf Wochenenden fallen. Die private Investitionstätigkeit liegt weiterhin danieder.
Die großen Forschungsinstitute haben jüngst ihre Prognosen für das laufende und das nächste Jahr nach unten korrigiert. Unternehmensbefragungen deuten darauf hin, dass die Unternehmen ihre Investitionspläne erneut zusammengestrichen haben. Zuletzt erregte das Ifo-Institut Aufmerksamkeit durch den Ausblick auf ein schwächer als zuvor erwartetes mittelfristiges Wirtschaftswachstum. Der deutschen Wirtschaft droht eine 15-jährige Stagnation.
Die Klagen sind vielfältig: zu hohe Arbeits- und Energiekosten, eine zu intensive Regulierung und eine hohe Steuerbelastung bei schlechter Infrastruktur. Es lohnt sich kaum mehr, in Deutschland zu investieren. Noch ist die Substanz der Unternehmen trotz der zunehmenden Insolvenzen gut, ihre Eigenkapitalbasis solide. Die Finanzlage der privaten Haushalte ist nicht schlecht und der Staat noch gering verschuldet. Wie lange noch? Jedenfalls steuert der Staat auf eine deutlich höhere Schuldenquote zu und freundet sich zunehmend mit Steuererhöhungen an.
Drei große Veränderungen haben die deutsche Wirtschaftspolitik in den vergangenen 20 Jahren zu einer Kursänderung bewogen: die Finanzkrise, der Erfolg Chinas und der Klimawandel.
Galten vor dem Jahr 2007 die Finanzmärkte als effizient, waren sie spätestens mit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers gefährlich, jedenfalls Kern des Problems. In einer schwierigen Gemengelage von Ursachen – teils Politikversagen, etwa durch eine zu lockere Geldpolitik in den USA oder die dortige Förderung von Immobilieneigentum für Geringverdiener über Fannie Mae und Freddie Mac, teils durch Marktversagen angesichts weltweit verbreiteter Verbriefungen von Immobilienkrediten durch das Finanzsystem und einer Vernachlässigung des Haftungsprinzips – reifte eine neue Rolle für den Staat: Er wurde wieder zum Retter der letzten Instanz.
Draghi als Master of the Universe
Notenbanker, die zuvor noch wegen einer zu lockeren Geldpolitik Teil des Problems waren, mutierten zu Masters of the Universe. Mit seinem Whatever it takes beruhigte der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, die Anleihemärkte und galt fortan als Super-Mario. In der Coronapandemie konnte der Staat seinen Einfluss noch potenzieren, indem er ganze Volkswirtschaften zum Stillstand brachte und jedem versprach, für ihn oder sie in dieser Situation da zu sein: You never walk alone.
Chinas Aufstieg gilt vielen als Erfolgsgeschichte mit enorm hohen Wachstumsraten und einem technologischen Aufholprozess, der chinesischen Unternehmen die Technologieführerschaft in ganz unterschiedlichen Bereichen einbrachte. Insbesondere in den Paradedisziplinen der deutschen Wirtschaft – Automobil, Maschinenbau, Chemie – haben chinesische Unternehmen aufgeholt oder gar überholt. Zudem ist China im Rohstoffbereich strategisch gut aufgestellt, etwa bei seltenen Erden oder durch den Ausbau seiner Präsenz in Afrika.
Die chinesische Industriepolitik gilt als vorbildlich, Steuerung und Lenkung einer Volkswirtschaft hin zu bestimmten Technologien gelten als Schlüssel zum Erfolg – ganz zu schweigen vom Ausbau der Infrastruktur, die keine Rücksicht auf lokale private Interessen nimmt.
Die Klimapolitik in der EU und in Deutschland baut auf detaillierten Klimaplänen, will sogar ganze Volkswirtschaften auf Termin zur Klimaneutralität transformieren und auf dem Weg dorthin Meilensteine definieren, die regelmäßig überprüft werden und verbindlich sind. Dazu werden gesetzlich Ziele für einzelne Sektoren der Volkswirtschaft festgelegt, die bei Nicht-Erreichung sanktioniert werden. Ganze Technologien werden verboten.





Dies alles atmet einen planwirtschaftlichen Geist – ein Staat, der verspricht, niemanden auf sich gestellt zu lassen, eine Industriepolitik, die sich anmaßt, besseres Wissen über die Technologien, die Branchen, die Unternehmen der Zukunft zu haben, eine Klimapolitik, die eine ganze Volkswirtschaft durch kleinteilige Vorgaben transformieren will.
Dies muss scheitern – weil eine Volkswirtschaft sich nicht so detailliert planen lässt, weil niemand zentral so viel Wissen, so viele Informationen hat, wie man dafür bräuchte, weil die Menschen im Land selbst frei über ihren Konsum entscheiden können. Es ist daher an der Zeit, diesen Irrweg zu verlassen und umzukehren in Richtung Marktwirtschaft.
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