Start-up: Aeterlink will Energie in Deutschland kabellos übertragen

Japan genießt einen besonderen Ruf hinsichtlich elektrisierender, manchmal auch schräger Innovationen. Eine der jüngsten Entwicklungen in dieser Reihe kommt von Aeterlink. Das Start-up tüftelt an einer Technik für kabellose Stromversorgung.
„Wir arbeiten damit bereits in Japan und wissen, dass es funktioniert“, sagt dessen Chef Ryo Iwasa. Mitten im Labor seines Start-ups steht er in einer unsichtbaren Stromwolke, in der Hand eine kleine Diode.
Ohne sichtbare Verbindung leuchtet sie auf, wo immer er sie hinhält: hinter einer Trennwand, auf dem Schreibtisch. „Es funktioniert sogar unter der Tischplatte“, sagt der Mitgründer des Start-ups. Der Clou: Der Strom wird ohne Kabel übertragen.
Kaum sichtbar sind kleine Sender an der Decke angebracht, die den Strom per Mikrowellen an die Geräte übertragen und Daten von Sensoren empfangen können. Die maximale Reichweite des Systems betrage 17 Meter, erklärt Iwasa. „Jetzt wollen wir überall komplett drahtlose Lösungen für die Industrie anbieten.“ Vor allem in Deutschland.
Auch wenn Iwasa bereits intelligente Kontaktlinsen im Blick hat, die Informationen ins Sichtfeld projizieren können und über Mikrowellen mit Strom versorgt werden, geht es ihm zunächst um Sensoren für Industrieroboter und Maschinen. Dort sind kleine Sensoren in der Produktion oftmals ein großes Problem.
So brechen die Kabel an der Spitze von Roboterarmen durch die ständige Bewegung häufig. Vor allem in der Automobilindustrie kann ein Kabelbruch und der damit verbundene Austausch eine Produktionslinie für längere Zeit stilllegen und große finanzielle Schäden verursachen.

Mit der Stromversorgung über Mikrowellen würde diese Sollbruchstelle entfallen. Mit neuer Technik für Sensoren will Iwasa nun den Durchbruch schaffen. Erst in Deutschland, dann weltweit. Der Plan des Start-up-Gründers klingt ehrgeizig.
Dass der Japaner dabei seine Heimat als neue Basis für Aeterlink gewählt hat, ist das Ergebnis schmerzhafter Erfahrungen in den USA. Und Japan als Firmensitz scheint sich auszuzahlen. Am Mittwoch gab das Unternehmen bekannt, in einer neuen Finanzierungsrunde weitere umgerechnet 25 Millionen Euro von japanischen Großinvestoren eingesammelt zu haben – und nicht etwa von Geldgebern aus den USA, wo das Unternehmen seinen Ursprung hat.
Erst der Umzug nach Japan brachte den Erfolg
Aeterlink ist eigentlich ein Spin-off der amerikanischen Stanford University. Bereits vor zehn Jahren entwickelte das Gründerteam – vor allem japanische und chinesische Wissenschaftler – die Technologie für die drahtlose Stromübertragung an einen winzigen Herzschrittmacher, der ohne Operation am Herzen eingesetzt werden kann.
Dennoch scheiterte das Unternehmen in den USA. Das Problem sei der fehlende Markt gewesen, erklärt Iwasa. Durch den Umzug nach Japan befand sich das Start-up plötzlich quasi im Herzen der Robotik und des Maschinenbaus – und damit im perfekten Biotop für die Weiterentwicklung der Kabellos-Technik.
50 Prozent der weltweiten Industriesensoren werden in Japan hergestellt und der Großteil der Industrieroboter. SMC, ein großer japanischer Hersteller von Motoren und Maschinensteuerungen, war der erste Industriepartner, soll aber keineswegs der letzte gewesen sein. Selbst Japans große Immobilienentwickler fanden Gefallen an Iwasas Idee – für die Steuerung von Klimaanlagen in Gebäuden.
Dank der drahtlosen Stromversorgung können nun Temperatur und Luftfeuchtigkeit an vielen bisher unzugänglichen Stellen gemessen werden. Durch die bessere Steuerung der Klimaanlagen lässt sich massiv Strom einsparen, zwischen 25 und 79 Prozent, zeigen die Erfahrungen der Kunden.
Die japanische Regierung hilft mit
Die japanische Regierung unterstützt den neu entstandenen Markt tatkräftig. Die Stromübertragung per Mikrowelle ist eine der Technologien, in denen Japan Weltmarktführer werden will.
Die Regierung erkannte das Potenzial. 2022 hat Japan als erstes Land diese Art der Stromübertragung reguliert, drei Frequenzbänder freigegeben und damit den neuen Markt geöffnet. Gleichzeitig fördert die Regierung die Forschung daran, wie Strom von riesigen Solarkraftwerken im All per Mikrowellen zu Empfangsstationen auf der Erde übertragen werden kann.
Dieser Bereich gilt weltweit als Wachstumsmarkt. Außer den USA und China mischen auch kleinere Länder mit. In Island haben voriges Jahr eine einheimische KIima-Initiative und das britische Start-up Space Solar angekündigt, bis 2030 Strom aus dem All ins irdische Netz einspeisen zu wollen.
Auch Japan entwickelt die Idee schrittweise weiter. Im Dezember gelang die erste Stromübertragung von einem Flugzeug aus. In den nächsten Jahren sollen erste Tests mit Satelliten folgen.
Die Welt in einer Stromwolke



Auch Aeterlink will ins All. Allerdings hält CEO Iwasa wenig von den teuren Großprojekten. „Das ist zu groß angelegt“, sagt er. Iwasa setzt auf ein Netzwerk kleinerer Satelliten, die einzelne Regionen oder im Extremfall sogar die ganze Welt in eine Stromwolke hüllen könnten.
Eine große Frage bleibt allerdings die der Akzeptanz, also die Frage, ob sich die Menschen außerhalb Japans nicht doch dagegen wehren, in einer ständigen Stromwolke zu leben und zu arbeiten.
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