Vorgesetzte: So überbringen Sie Ihren Mitarbeitenden schlechte Nachrichten

Ein Klient suchte mich aufgrund eines überraschend negativen Feedbacks seiner Mitarbeiter auf. Trotz seiner langjährigen Erfahrung und seiner erfolgreichen Karriere in renommierten Unternehmen hatte er erstmals ein 360-Grad-Feedback erhalten, bei dem er von Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitenden bewertet wurde. Unter den Kritikpunkten war besonders herauszulesen, dass er kritische Informationen zu spät kommunizierte und seine Mitarbeitenden den Eindruck hatten, er scheue sich vor schwierigen Gesprächen.
Auch wenn diese Einsicht nicht seinem Selbstbild entsprach, musste er eingestehen, dass er solche Gespräche oft nachrangig behandelte, da dringendere Themen oder solche mit weniger Aufwand vorgingen.
Statistiken zeigen, dass 70 Prozent der Mitarbeitenden schwierige Gespräche meiden, und Führungskräfte sind hier keine Ausnahme. Eine der Hauptursachen dafür ist, dass sie glauben, das Management werde sowieso nichts unternehmen.
Schwierige Gespräche mit Mitarbeitenden erfordern ein gutes Konfliktmanagement
Auch Führungskräfte haben ihre Gründe, schwierigen Gesprächen aus dem Weg zu gehen: Sie befürchten, als heuchlerisch wahrgenommen zu werden, wenn sie Mitarbeiter auf Verhaltensweisen ansprechen, die sie selbst zeigen. Zudem empfinden sie oft Nervosität und Zeitmangel bei solchen Konfrontationen. Die Sorge vor der Reaktion der Mitarbeitenden und einem möglichen Konflikt verstärkt ihre Zurückhaltung, insbesondere in Unternehmen mit einer Kultur des Schweigens.
Gespräche, in denen schlechte Nachrichten wie Feedback zur Leistung, ausbleibende Beförderungen oder drohende Kündigungen überbracht werden müssen, erfordern gute Führung. Es ist nicht nur wichtig, dass die Informationen kommuniziert werden, sondern auch, wie sie übermittelt werden.
Wie Führungskräfte schlechte Nachrichten überbringen
Das GROW-Modell nach Witmore bietet hierbei eine hilfreiche Struktur:
Ziel (Goal): Definieren Sie das Ziel des Gesprächs. Welche Informationen sollen übermittelt werden? Ein sinnvolles Ziel könnte sein, die Informationen transparent und einfühlsam zu vermitteln.
Realität (Reality): Stellen Sie die Fakten klar und geben Sie den Kontext an. Es ist wichtig, ausreichend Informationen bereitzustellen, damit die Neuigkeiten nachvollzogen werden können.
Optionen (Options): Erörtern Sie mögliche Lösungen oder Alternativen. Einige Optionen können vor dem Gespräch identifiziert werden, während andere gemeinsam im Gespräch entwickelt werden können.
Wille (Will): Legen Sie die nächsten Schritte fest und bieten Sie Unterstützung an. Zeigen Sie Ihren guten Willen und begleiten Sie den folgenden Prozess aktiv.
Durch die Anwendung dieses Modells können Führungskräfte sich besser auf schwierige Gespräche vorbereiten und diese effektiv führen, was zu einer verbesserten Kommunikation und Zusammenarbeit im Team führt. Schließlich lassen sich schlechte Nachrichten nun einmal nicht ignorieren.
Nese Oktay-Gür ist Psychologin, schreibt über arbeitspsychologische Themen und berät zahlreiche Unternehmen. Im Handelsblatt Wochenende schreibt sie alle zwei Wochen über Themen aus ihrer Praxis.
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