Prüfers Kolumne: Vielleicht gibt es wegen Weihnachten noch einen Bürgerkrieg
Es gibt eine Zeit, da soll Frieden auf Erden herrschen, weil alles so besinnlich ist. Weil Menschen glühweinselig auf Christkindlmärkten beisammenstehen, alles nach Zimt duftet und die Supermarktregale sich wegen der Lebkuchen biegen. Dann ist Weihnachten. Es ist ein verlässliches Ritual: Man geht in ein Geschäft und kauft etwas, das piept oder blinkt. Dann wickelt man es in Papier, legt es unter einen Baum, isst zu viel – und alles ist gut.
Denn das, was unter dem Baum liegt, kommt meistens nicht aus dem Wald. Sondern aus Shenzhen. Oder Guangzhou. Aus China, dem Land der blinkenden Dinge. Und das ist ein Problem, denn die USA liegen ja im Zollkrieg mit China. Wer weiß, ob der 90-tägige Burgfrieden hält. Neulich las ich in der „New York Times“, dass man nun um Weihnachten zittern muss.
Voll ausgestattete Maxi-Weihnachtsbäume aus Plastik kosten bislang 1000 Dollar – und wären nach dem Zollaufschlag mit 2000 Dollar quasi unverkäuflich. Wie so vieles, was bislang in China für den amerikanischen Weihnachtsbedarf hergestellt wird. Vor allem aber der ganze Kram, der bislang den US-Konsumrausch ausgemacht hat. Der Fernseher mit LED-Hintergrundbeleuchtung. Und irgendwie alles andere auch.
Man könnte jetzt sagen: Endlich! Weihnachten wird wieder besinnlich. Man kann wieder selbst gebastelte Sterne aus Papier verschenken und zusammen Plätzchen backen. Man kann gemeinsam singen und muss nicht mehr dem Soundchip aus der Spieluhr „made in China“ lauschen. Vielleicht wäre sogar ein Kirchenbesuch drin. Und ist das Wertvollste, was man einander schenken kann, nicht ohnehin gemeinsame Zeit?
Die Besinnlichkeit hat dann ein Ende
Ich fürchte aber, wenn amerikanische Eltern ihren Kindern beibringen müssen, dass es diesmal selbst gestrickte Socken statt einer Spielkonsole gibt, hat die Besinnlichkeit ein Ende. Vielleicht gibt es dann doch noch einen Bürgerkrieg. Sie werden den letzten Container mit leuchtenden Einhorn-Kopfhörern stürmen, die im Zoll hängen geblieben sind.
Es wird Donald Trump nichts weiter übrigbleiben, als Hilfspakete mit dudelndem und blinkendem Schrott aus dem Ausland anzufordern. Vielleicht aber hat der US-Präsident längst die große Lösung im Visier. Er hat ja unlängst ein KI-Bild von sich in Papst-Robe gepostet. Wenn Trump sich schon vorstellen kann, als Stellvertreter Gottes auf Erden zu fungieren, warum nicht gleich dessen Sohn sein? Wenn Donald Trump gegen Jahresende entdecken würde, dass er selbst der zurückgekehrte Messias ist, dann könnte er die Geburtstagsfeier vom 24. Dezember auf den 14. Juni verlegen. Dann hätte er auf jeden Fall mehr Zeit, und man könnte statt Weihnachtsbäumen Weihnachtspalmen schmücken. Die sind auch billiger.
