1. Startseite
  2. Meinung
  3. Kommentare
  4. Kommentar: Die Deutsche Bahn und das süße Gift der Subventionen

GüterverkehrDeutsche Bahn: Das süße Gift der Subventionen

Der Güterverkehr auf der Schiene könnte ein Schlüssel zur Verkehrswende sein. Doch bei der Bahn fließt das Geld in die falsche Struktur.Christoph Schlautmann 27.07.2023 - 17:09 Uhr
Artikel anhören

Subventionen erweisen sich als süßes Gift

Foto: dpa

Für verlässliche Informationen, das wissen Kunden der Deutschen Bahn, ist der Berliner Staatskonzern eher nicht bekannt. Einen neuen Tiefpunkt allerdings lieferte vor wenigen Tagen DB-Güterbahn-Vorständin Sigrid Nikutta. „Mit einem starken Team setzen wir die Transformation zu einem wirtschaftlich soliden Unternehmen um“, überschrieb sie eine Pressemeldung, in der sie die Berichte über einen drohenden Stellenabbau zu zerstreuen versuchte.

Von „Transformation“ kann bislang jedenfalls keine Rede sein. Im vergangenen Jahr erhöhte sich der Verlust der Güterbahntochter DB Cargo um 40 Prozent auf 665 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2023 verlor das Unternehmen weitere 195 Millionen Euro. Von einem „wirtschaftlich soliden Unternehmen“, das zeigt ein Blick in den jüngsten Halbjahresbericht der Bahn, ist der staatseigene Schienengüterverkehr weit entfernt.

Wie sich das durch das „starke Team“ der DB Cargo ändern soll, bleibt in Nikuttas Botschaft unerwähnt. Als Hoffnungszeichen nennt sie stattdessen etwas ganz anderes: den angekündigten neuerlichen Subventionsschub der Bundesregierung.

300 Millionen Euro an Zuschüssen sieht deren Haushaltsentwurf für 2024 für den sogenannten Einzelwagenverkehr vor. Das Geld soll fließen, falls Bahnkunden nur einzelne Waggons statt ganzer Züge buchen – ein Geschäft, das zu fast 90 Prozent von der Deutschen Bahn allein bestritten wird und zu drei Vierteln dafür verantwortlich ist, dass DB Cargo rote Zahlen schreibt.

Die Klagen des Bahnvorstands über die hohen Kosten dieses zeitraubenden, aber vergleichsweise umweltschonenden Rangierens haben in der Ampelregierung gefruchtet. Und so sollen Bundestag, Bundesrat und EU-Kommission dem neuen Subventionspaket noch zustimmen. Wobei die Brüsseler Wettbewerbshüter besonders skeptisch sind und in der Causa DB Cargo ein Beihilfeverfahren auf den Weg gebracht haben.

Die Waggons werden weiter von der Hand gekuppelt

Dabei müssen sich alle Beteiligten fragen: Wie sinnvoll ist es eigentlich, dass der Staat immer mehr Steuergelder in ein nicht nachhaltiges Geschäftsmodell pumpt? Schon dieses Jahr fließen 80 Millionen Euro an staatlicher Förderung in den sogenannten Einzelwagenverkehr, in den Jahren zuvor waren es zwischen 40 und 50 Millionen. Andere Zuwendungen, wie reduzierte Trassenentgelte, sind hier gar nicht mitgezählt.

Die dauerhafte Subventionierung erweist sich für die Deutsche Bahn im Güterverkehr als süßes Gift. Weil das Staatsgeld bei DB Cargo den Rationalisierungsdruck mindert, rangiert man dort zum Teil noch immer wie zu Kaisers Zeiten.

Die Waggons der Deutschen Bahn werden immer noch händisch aneinandergehängt.

Foto: imago images/ZUMA Wire

Per schwerem Eisenbügel werden die Waggons händisch aneinandergehängt, zu Fuß umrundet ein Bahnmeister die abfahrbereiten Güterzüge, um noch einmal die Bremsen zu prüfen. Eine automatische und digitale Kupplung, seit Jahren technisch verfügbar und für die Rationalisierung eigentlich dringend benötigt, scheitert flächendeckend an Bürokratie und angeblich zu hohen Kosten.

Statt den antiquierten Betrieb stetig weiter zu subventionieren, wird es höchste Zeit, über einen Schlussstrich nachzudenken. Denn der teure und unrentable Einzelwagenverkehr macht gerade einmal 14 Prozent der Transportleistung in Deutschlands Bahnnetz aus.

Wie dies gelingen kann, zeigt die deutsche Seefahrt schon seit 1968. Seit mehr als 50 Jahren werden Schiffswaren aus Deutschland vorzugsweise in weltweit standardisierten Stahlcontainern transportiert, die einfach über eine Kranbrücke vom Lkw auf den Frachter verladen werden.

>>Lesen Sie hier: Niedrigwasser bremst Frachtschifffahrt – Was der Wirtschaft nun droht

Warum sich dieses Prinzip auf der Schiene bis heute nicht durchgesetzt hat, bleibt unklar. Statt verstärkt auf Containerbrücken an den Verladebahnhöfen zu setzen, leistet sich die Bahn weit über 1000 meist kleine Gleisanschlüsse und 144 Zugbildungsanlagen, auf denen die Einzelwaggons in stundenlanger Rangierarbeit zu Zügen vereint werden.

Verwandte Themen Deutsche Bahn Bundesrat

Im Containerbetrieb müsste die „letzte Meile“ zwischen den Industrie-Werkshöfen und den Güterbahnhöfen zwar per Lkw zurückgelegt werden. Weil das Handling aber kostengünstiger und schneller verläuft, kämen am Ende weitaus mehr Güter auf die Bahn als heute. Das deutsche Autobahnnetz würde entlastet, der CO2-Ausstoß verringert.

Die Deutsche Bahn braucht eine Trendwende im Güterverkehr.

Foto: dpa

Ein Ende des Einzelwagenverkehrs, befürchten die Bahngewerkschaften zu Recht, ginge einher mit einem massiven Jobabbau. Mehr als 8.400 Stellen, rechnen Spitzenvertreter der Arbeitnehmerseite vor, wären gefährdet. Nur: Sorgen machen müsste sich von den Betroffenen vermutlich kaum jemand. Ihr oberster Arbeitgeber, die Deutsche Bahn AG, startete erst im Januar eine groß angelegte Werbekampagne, um die Personallücken im eigenen Unternehmen aufzufüllen. Allein für dieses Jahr werden 25.000 neue Beschäftigte gesucht.

Mehr: Die Deutsche Bahn prüft Einschnitte im Güterverkehr.

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt