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KommentarAktivrente – Deutschland leidet an einer seltsamen Autoimmunreaktion

Auch an Weihnachten ist die Aktivrente kein Heilsversprechen. Aber ein Anfang. Wir trauen den Menschen zu, selbst zu entscheiden, wie lange sie arbeiten wollen.Thomas Sigmund 25.12.2025 - 09:52 Uhr
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Symbolbild Ruhestand und Arbeit: Gerade kleine und mittlere Unternehmen wissen, wie wertvoll die Erfahrung älterer Mitarbeiter ist. Foto: Getty Images

Deutschland leidet nicht nur am Fachkräftemangel. Es leidet an einer seltsamen Autoimmunreaktion gegen alles, was pragmatisch ist und sofort umsetzbar wäre. Kaum wird ein Vorschlag gemacht, der helfen könnte, erfahrene Arbeitskräfte länger im Job zu halten, setzt reflexartig das große Kleinreden ein.

Aktuell geht es um die Aktivrente. Rentnerinnen und Rentner sollen ab 1. Januar 2026 bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei hinzuverdienen dürfen – eine Einladung, Erfahrung weiterzugeben, statt sie am letzten Arbeitstag wie einen Firmenausweis abzugeben.

Doch noch bevor der erste Aktivrentner loslegt, stehen die Bedenkenträger schon Schlange. Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrats, warnt vor „teuren Mitnahmeeffekten“. Rentner, die ohnehin arbeiten würden, nähmen das Geschenk eben mit. Der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, denkt sogar über eine Klage nach: Die Aktivrente sei unfair und  verfassungswidrig.

Ja, die Aktivrente ist nicht perfekt. Sie schließt Selbstständige, Beamte und Freiberufler aus. Und nein: Sie wird den Fachkräftemangel nicht über Nacht lösen. Aber ist das wirklich ein Argument, es gar nicht erst zu versuchen?

Laut einer Studie der Stepstone Group könnten durch freiwillige Weiterbeschäftigung Älterer bis zu 570.000 Vollzeitäquivalente pro Jahr gewonnen werden – ein wirtschaftliches Potenzial von bis zu 28 Milliarden Euro jährlich. Im Schnitt wären die Menschen bereit, vier Jahre länger zu arbeiten, 24 Stunden pro Woche. Nicht aus Zwang, sondern aus Lust an der Aufgabe.

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Gerade kleine und mittlere Unternehmen wissen, wie wertvoll diese Erfahrung ist. Sie kämpfen täglich darum, Wissen in den Betrieben zu halten und Teams zu stabilisieren. Für sie wäre die Aktivrente kein ideologisches Projekt, sondern ein praktisches Werkzeug, um auch Übergänge in den Firmen zu organisieren.

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Stattdessen diskutieren wir lieber über theoretische Ungerechtigkeiten. Wir verlangen die perfekte Reform und reden jede kleine Verbesserung schlecht. Die große Rentenreform? Kommt vielleicht, wenn die Rentenkommission ihre Ergebnisse vorgelegt hat und die Politik dann handelt. Der massive Zustrom qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland? Darauf warten wir seit Jahren.

Die Aktivrente ist auch an Weihnachten kein Heilsversprechen. Aber ein Anfang. Wir trauen den Menschen zu, selbst zu entscheiden, wie lange sie arbeiten wollen. Vielleicht sollten wir uns wieder ins Gelingen verlieben.

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