Kommentar: Beim Preis für sein Corona-Mittel Remdesivir beweist Gilead Weitsicht

2340 US-Dollar soll die standardmäßig vorgesehene sechstägige Therapie mit dem antiviralen Wirkstoff in den entwickelten Industriestaaten kosten.
Die Entscheidung war heikel. Nicht umsonst ließ sich der US-Biopharmakonzern Gilead fast einen Monat Zeit, um einen Preis für sein Covid-19-Medikament Remdesivir festzulegen. Nun wählte er einen gesunden, und auch vernünftigen Mittelweg.
2340 US-Dollar, umgerechnet also etwa 2100 Euro, soll die standardmäßig vorgesehene sechstägige Therapie mit dem antiviralen Wirkstoff in den entwickelten Industriestaaten kosten. In vielen Entwicklungsländern kann er von Generikafirmen günstiger angeboten werden.
Gilead bleibt damit unter den Schätzungen von etlichen Bankanalysten. Der Preis für Remdesivir dürfte gleichwohl hoch genug sein, um trotz des komplizierten Herstellungsverfahrens noch einen soliden Ertrag für den US-Konzern zu ermöglichen. Aber auch niedrig genug, um einen Aufschrei der Gesundheitspolitiker zu vermeiden. Er bewegt sich in einem Rahmen, den auch einige US-Institute als kosteneffektiv bewerten.
Gilead hat bereits Erfahrung darin, wie brisant die Preisgestaltung in der eigenen Branche sein kann: Vor fünf Jahren geriet der Konzern mit seinem revolutionären Hepatitis-C-Medikament Sofosbuvir und dessen Anfangspreis von mehr als 80.000 Dollar pro Behandlungszyklus heftig unter Beschuss.
Mit Remdesivir, dem bisher einzigen neu zugelassenen Wirkstoff gegen Covid-19, bewegt er sich nun offenbar ganz bewusst in einem gemäßigterem Bereich. Das Präparat ist zwar beileibe kein Allheilmittel. Aber es verbessert tendenziell die Überlebenschancen und verkürzt die Krankenhausbehandlung im Schnitt um vier Tage.
Das entspricht nach Kalkulation von Gilead in den USA immerhin etwa 12.000 Dollar Kostenersparnis pro Patient. Auch in Europa dürfte sich noch ein deutlicher Spareffekt errechnen.
Die schätzungsweise zwei bis drei Milliarden Dollar Umsatz, die Gilead in diesem Jahr mit dem Produkt erzielen kann, erscheinen insofern gut verkraftbar für die Gesundheitssysteme und bieten trotzdem noch genügend Anreiz, nach neuen und besseren Arzneien zu suchen.
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