Kommentar: Denkzettel für Söder ist eine Warnung für die schwarz-rote Koalition


Nach dem schlechten Ergebnis für Markus Söder herrschte auf dem CSU-Parteitag erschrockene Ratlosigkeit. Woran hat es gelegen? Eine klare Antwort fällt schwer. Klar ist: 104 Stimmen gegen den Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten sind nach CSU-Maßstäben schon ein sehr deutlicher Dämpfer.
Am Ende dürfte sich die Unzufriedenheit mit dem langjährigen Parteichef aus verschiedenen Quellen speisen. Auf einige in der Partei wirkte Söder zuletzt etwas gelangweilt im Ministerpräsidentenamt, nachdem er zwei Mal nicht Kanzlerkandidat der Union wurde. Andere stören sich an seiner Spaßpolitik mit Social-Media-Videos, in denen Söder viel isst und auch mal singt.
Vor allem aber dürfte sich in dem Ergebnis die große Unzufriedenheit mit der schwarz-roten Koalition in Berlin widerspiegeln. Hier ist Söder als CSU-Vorsitzender zurecht in Mithaftung, anders als viele CDU-Landesvorsitzende wie etwa Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, der kürzlich mit 94,4 Prozent bestätigt wurde.
Anderen Parteichefs der schwarz-roten Koalition ergeht es nicht besser. Der SPD-Co-Vorsitzende und Vizekanzler Lars Klingbeil wäre im Sommer froh gewesen über Söders Ergebnis, er kam damals nur auf knapp 65 Prozent. Und für Friedrich Merz dürfte der erste CDU-Parteitag als Kanzler im Februar ebenfalls ungemütlicher werden.
Insofern hält der Dämpfer für Söder auch eine Botschaft für die Berliner Koalition bereit: Die Unzufriedenheit mit der Arbeit der Bundesregierung frisst sich längst in die sie tragenden Parteien hinein. Im Falle von Söder ist das besonders spannend, weil er sich auf dem Parteitag noch dafür loben konnte, besonders viele CSU-Anliegen durchgesetzt zu haben: die gesenkte Umsatzsteuer für Gastronomen, die höhere Pendlerpauschale, die Diesel-Subvention für Landwirte und natürlich die Mütterrente.
Ein Reformauftrag für die Koalition
Diese Projekte kosten den Bund zig Milliarden Euro. Und es lässt sich nun festhalten: War das Ziel, bei Bürgern und damit auch der CSU-Basis die Stimmung aufzuhellen, war das Geld offensichtlich nicht gut investiert. Angesichts der tiefen Wirtschaftskrise spüren viele, dass es nicht mehr die Zeit ist, in der man ein teures Wahlgeschenk nach dem anderen verteilen kann.






Auch als Söder sich ausführlich für die Durchsetzung der Mütterrente lobte, war der Applaus auf dem Parteitag verhaltener, als es der CSU-Chef erwartet haben dürfte. Man darf annehmen, dass in Söders schwachem Ergebnis auch der Streit um das Rentenpaket mit der Jungen Union nachwirkte.
Damit wären die vielen Gegenstimmen für Söder auch ein Arbeitsauftrag. Wenn die Union und die SPD die schlechte Stimmung im Land drehen wollen, müssen sie endlich bei den angekündigten Reformen liefern.
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