Kommentar: Der Trumpismus erobert das Königreich


„Die Trump-Revolution kommt nach Großbritannien“: Die Prophezeiung des vor ein paar Tagen bei einem Mordanschlag ums Leben gekommenen US-Rechtspopulisten Charlie Kirk lässt den derzeitigen Besuch des US-Präsidenten im Königreich im politischen Zwielicht des globalen Rechtsrucks erscheinen. Zwar lässt sich Donald Trump vom britischen König Charles III. mit viel Pomp feiern, um der „special relationship“ zwischen den alten Verbündeten zu huldigen. Das Wohlwollen des US-Präsidenten hat jedoch mehr mit dem schottischen Geburtsort seiner Mutter als mit einer politischen Partnerschaft unter Gleichen zu tun.
Die gemeinsamen Werte, auf denen die besonderen Beziehungen zwischen Großbritannien und den USA seit 80 Jahren beruhen, teilt der Amerikaner nämlich weit mehr mit seinem britischen Gesinnungsfreund und Rechtspopulisten Nigel Farage als mit dem britischen Premier Keir Starmer.
Es ist deshalb auch kein Zufall, dass am Wochenende vor dem Trump-Besuch mehr als 100.000 Briten in London vor allem gegen Einwanderer demonstrierten und in Anlehnung an Trumps MAGA-Spruch „Make England great again“ forderten. Der ehemalige „First Buddy“ des US-Präsidenten, Elon Musk, heizte die Stimmung mit der offenen Forderung nach einem Umsturz in London noch an: „Die Gewalt kommt. Entweder du wehrst dich oder du stirbst.“
Obwohl weniger als 20 Prozent der Briten eine positive Meinung von Trump haben, finden seine rechtspopulistischen Ideen auf der Insel immer mehr Anhänger. Farages Reform-UK-Partei führt in den Umfragen mit zehn Prozentpunkten vor der regierenden Labour-Partei.
Trump-Flüsterer Starmer steckt in der Krise
Dass sich der britische Premierminister Starmer vom Besuch des US-Präsidenten dennoch eine Atempause in der immer stärker eskalierenden Regierungskrise erhofft, ist mehr ein Zeichen der eigenen Schwäche als ein Beleg für seine diplomatischen Künste als „Trump-Flüsterer“. Zwar ist es dem Briten mit viel Schmeicheleien gelungen, von allen Handelspartnern für das Königreich den niedrigsten Strafzoll für Importe in die USA auszuhandeln. Eine Garantie, möglichst ungeschoren durch die Trump-Ära zu kommen, ist das jedoch nicht.
So leiden britische Stahlhersteller weiterhin unter hohen Importabgaben von 25 Prozent. Starmer hatte eigentlich zugesagt, den Strafzoll auf null zu drücken. Und auch die jetzt versprochenen Milliardeninvestitionen großer amerikanischer Technologiekonzerne in Großbritannien, die Trump im Gepäck hatte, werden ihren politischen Preis haben.
Der Wunschzettel von „Big Tech made in USA“ ist lang: Die Regierung in London hat bereits ihre Kartellbehörde zurückgepfiffen, nachdem die Wettbewerbshüter Microsoft im vergangenen Jahr bei der Übernahme des Videospieleanbieters Activision mit harten Auflagen verärgert hatten.
Die Tech-Lobby läuft außerdem Sturm gegen die britische Digitalsteuer sowie gegen die strikten Regeln für soziale Medien, den Schutz geistigen Eigentums und Kryptowährungen in Großbritannien. Und schließlich würden die US-Unternehmen gerne Zugang zu den zentralisierten Patientendaten des staatlichen Gesundheitssystems NHS auf der Insel bekommen, um damit ihre Algorithmen für die Pharmaforschung zu trainieren. Dass Trump und Starmer am Donnerstag ein neues Technologieabkommen unterzeichnen wollen, öffnet die Tür für britische Konzessionen.
Die „special relationship“ war zwar nie eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Mit Trump wird das Machtungleichgewicht zwischen Washington und London jedoch offensichtlich. Wenn der königliche Glanz des Staatsbesuchs erst einmal verblasst ist, wird der US-Präsident auch gegenüber Großbritannien schnell auf seinen Deal-Modus umschalten.

Am ehesten wird sich das mit Blick auf die Ukraine und den Gaza-Konflikt zeigen. Bislang haben die USA noch nicht jene Sicherheitsgarantien gegeben, die Starmer für seine „Koalition der Willigen“ in der Ukraine dringend benötigt. Sollte der britische Premier zudem seine Ankündigung wahr machen und in der kommenden Woche bei den Vereinten Nationen einen eigenen Palästinenserstaat anerkennen, könnte Trumps Wohlwollen schnell aufgebraucht sein.
Anders als Kanada oder Indien, die nach dem Trump-Schock ihr Heil bei neuen Freunden suchen, hat die Regierung in London neben der engen Bindung zu Amerika keine globale Strategie. Starmer will zwar das Verhältnis zu den EU-Nachbarn reparieren, die Annäherung stößt jedoch immer wieder an die roten Brexit-Linien, die der Brite aus innenpolitischer Schwäche nicht überschreiten will.
Eine transatlantische Affäre
Womit wir wieder bei der Dauerregierungskrise in London wären, die für Starmer zu einem politischen Überlebenskampf geworden ist. Dass dabei ausgerechnet der vom Premier gefeuerte britische Botschafter in den USA, Peter Mandelson, eine Schlüsselrolle spielt, macht das Politschauspiel transatlantisch und besonders delikat.





Mandelson stolperte über seine freundschaftlichen Beziehungen zum amerikanischen Pädophilen Jeffrey Epstein. Dass Starmer dafür zwar seinen Botschafter fallen lässt, aber für Trump, der ebenfalls mit Epstein befreundet war, nur warme Worte findet, mag man als Realpolitik abhaken. Ein schlechter Nachgeschmack bleibt dennoch, worauf britische Demonstranten während des Besuchs des US-Präsidenten treffend hingewiesen haben.





