Kommentar Die Coronakrise allein kann das „New Normal" nicht erschaffen

Die Coronakrise gilt als Treiber für die Digitalisierung – besonders in der Arbeitswelt.
Was ist dieses „New Normal“ von dem so viele sprechen? Ist es das Leben in einer Gesellschaft, die weniger reist, sich weniger sieht und ständig Sorge vor einer Ansteckung hat? Ist es deswegen eine weniger nahe, aber deutlich digitalere Gesellschaft als vor der Krise? Technikaffiner? Innovativer? Ist das das Neue?
Häufig scheint diese Frage mit Ja beantwortet zu werden: Die Coronakrise als Digitalisierer, als Innovationstreiber. Weil wir nun von zu Hause aus per Video mit Kollegen konferieren, weil wir gemeinsam an Dokumenten in der Cloud arbeiten, mehr online erledigen: Einkaufen, Konzerte, Sport.
Doch nutzen wir dafür vor allem Technologien, die schon länger zur Verfügung stehen. Videotelefonate sind schon lange möglich, gemeinsames Arbeiten in der Cloud auch. Und wenn Unternehmen nun Software einführen, damit ihre Mitarbeiter besser in Teams digital zusammenarbeiten können, ist das gut – aber überfällig und nicht der Innovationsschub, nach dem wir in Deutschland so lange lechzen.
Was wir brauchen, sind echte Innovationen. Ideen, die wirklich etwas verändern und echte Probleme lösen. Umwelt, Gesellschaft, Gesundheit – da gibt es ausreichend Herausforderungen. Und derer müssen sich die Unternehmen annehmen, nicht nur der Staat. Dass die Bundesregierung sich mit ihrer Agentur für Sprunginnovationen um solche Ideen kümmert, ist gut und rund eine Milliarde Euro, die sie ihr zur Verfügung stellt, viel Geld. Das reicht aber nicht.
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Wirklich gefragt sind die Unternehmen: Sie besitzen das Know-how, sie kennen die Märkte, die Kunden, die Produktionsbedingungen. Und sie müssten eigentlich langfristig planen, damit sie auch in Zukunft mit ihren Produkten im Wettbewerb mithalten und so im Endeffekt auch Arbeitsplätze sichern können.
Zurzeit zögern jedoch viele Unternehmen bei Investitionen in Innovationen. Risikobereitschaft könnte angesichts der unsicheren Marktlage hart bestraft werden. Für viele geht es um Liquiditätssicherung und Angst vor Insolvenz. Angesichts dessen ist es verständlicherweise schwierig, weiter an eine Idee zu glauben, die kein bezifferbares Ergebnis bringt. Auch die Banken wollen das oft nicht sehen.
Nichtsdestotrotz gibt es für die allermeisten Unternehmen keine Alternative zum Fortschritt. Statt Neues zu lassen, müssten sie eher analysieren, ob sich das Alte noch lohnt. Könnte Risikofreude vielleicht zeitnah bestraft werden, Risikoaversion wird es langfristig ganz sicher. Es gibt mehr Technologien, mit denen neue Ideen günstiger umgesetzt und ausprobiert werden können, als es früher der Fall war. Die Coronakrise ist kein Innovationstreiber. Das „New Normal“ zu schaffen ist nach wie vor eine Aufgabe, die nicht gelöst ist.
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