Kommentar: Die europäische Antwort auf den IRA der USA fällt mickrig aus


Eigentlich ist der „Net Zero Industry Act“ (NZIA) bereits in der vergangenen Woche gescheitert. Am Donnerstag hatten die EU-Mitgliedstaaten beschlossen, die sowieso schon eher geringen Mittel in Höhe von 1,5 Milliarden Euro des Finanzierungsinstruments „STEP“ ausschließlich für die Ukraine einzusetzen. Die Fördermilliarden für Unternehmen waren damit gestrichen.
Der Net Zero Industry Act ist eines der letzten großen Projekte der EU vor den anstehenden Europawahlen im Sommer. Am Mittwoch konnten sich Unterhändler des Parlaments und der belgischen Ratspräsidentschaft nun auf einen Kompromiss einigen. Cleantech-Unternehmen sollen künftig durch vereinfachte Genehmigungsverfahren und bessere Investitionsbedingungen besonders gefördert werden.
Viel übrig geblieben ist von dem ursprünglichen Plan der EU-Kommission aber nicht. Vor allem wenn man bedenkt, dass der NZIA als Reaktion auf jenes amerikanische Subventionsprogramm gedacht war, das die industriepolitische Debatte der Europäer seit anderthalb Jahren prägt: den „Inflation Reduction Act“ (IRA).
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Er galt nicht nur wegen seines Volumens als Vorbild, sondern vor allem auch, weil er mit Steuergutschriften arbeitet und damit ohne bürokratischen Aufwand gezielt grüne Unternehmen fördert.
Anders als ein Nationalstaat kann die EU aber keine Steuererleichterungen, etwa für die Ansiedlung von Unternehmen, erlassen. Um welchen Betrag genau es in den USA geht, ist unsicher, da die Steuererleichterungen nicht gedeckelt sind. Experten gehen von einer Fördersumme von bis zu einer Billion Dollar aus. Das ist eine Ansage.
Und das weiß auch die EU. Europa braucht seine eigene Cleantech-Industrie. Nicht nur, um die Klimaziele zur erreichen, sondern auch aus industriepolitischen und geostrategischen Gründen. Europa will und muss seine Abhängigkeiten von Ländern wie China und natürlich auch Russland verringern.
Die EU setzt nicht mal mehr klare Ziele
Die EU-Kommission wollte daher einen klaren Fokus auf wenige, besonders zu fördernde Technologien setzen, klare Zielvorgaben für den Ausbau der Produktionskapazitäten machen und europäische Unternehmen bei öffentlichen Ausschreibungen und Auktionen bevorzugen. Alle drei Vorhaben wurden nun deutlich abgeschwächt.
Das Parlament hat einen technologieoffeneren Ansatz befürwortet. Wenn man aber alles fördern will, läuft man am Ende Gefahr, nichts wirklich zu fördern. Unter wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten sollte man sich auf die Technologien konzentrieren, die strategisch unabdingbar sind, und hier einen Wettbewerbsvorteil schaffen.




Dass Europa einen Kompromiss bei der „Buy-European-Klausel“ bei Auktionen gefunden hat, ist durchaus positiv. Erstens würde es nicht zum handelspolitischen Credo der Union passen. Und zweitens liefe man damit Gefahr, dass man bei einem protektionistischen Ausschluss außereuropäischer Produzenten den Ausbau der erneuerbaren Energien bremsen und verteuern könnte.
Ob das Ergebnis nun ausreicht, ist fraglich. Deutlich macht das vor allem eine andere Zahl: Um die Klimaziele zu erreichen, geht die EU-Kommission von einem Investitionsbedarf von gigantischen 1,5 Billionen Euro jährlich zwischen den Jahren 2031 und 2050 aus. Wenn sie einen Plan vorlegen würde, wie Investitionen in dieser Höhe zustande kommen könnten, gäbe es auch so etwas wie eine adäquate Antwort auf den IRA.
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