1. Startseite
  2. Meinung
  3. Kommentare
  4. Kommentar: Die europäische Raumfahrt verpasst eine historische Chance

KommentarDie europäische Raumfahrt verpasst eine historische Chance

Die Idee eines neuen EU-Satellitennetzwerks ist gut. Aber die konkreten Pläne für Iris2 sind schlecht. Denn verordnete Innovation kann nicht funktionieren – und wird uns Milliarden Euro kosten.Thomas Jahn 21.12.2024 - 18:50 Uhr
Artikel anhören
Im Weltraum entsteht ein neuer Markt, den die EU mit veralteten Mitteln erobern will. Foto: AP

Das geplante Satellitennetzwerk der Europäischen Union (EU) ist eigentlich eine gute Sache. Mit Iris2 sichert sich Europa einen Zugang zum Internet aus dem All. Es ist eine beruhigende Vorstellung, nicht von Starlink, der Tochtergesellschaft von SpaceX, und dessen Gründer und Tech-Milliardär Elon Musk abhängig zu sein.

Allerdings wird mit der Unterzeichnung der Verträge auch klar, wie das Projekt laufen wird: ganz nach alten Mustern – und das heißt planwirtschaftlich von oben verordnet.

Das Projekt ist eine „Public Private Partnerschaft“, was sich gut anhört. Übersetzt heißt das aber: Ein Konsortium von führenden Luft- und Raumfahrtkonzernen kann schalten und walten, wie es will. Betreiben werden es die Satellitenfirmen SES, Eutelsat und Hispasat, die ein Konsortium von acht Unternehmen wie Airbus Defence and Space, Thales oder OHB beauftragen.

Mit dabei sind also alle namhaften Luft- und Raumfahrtanbieter Europas. Keine Spur von Wettbewerb. Auch wie Großkunden das Satellitennetzwerk nutzen wollen, das wird erst nach dem Beschluss erkundet. Eigentlich sollte es andersherum sein.

Wir bauen brav nach, was die USA erfinden

Iris2 ist so aufgesetzt wie das europäische Satellitennavigationssystem Galileo, Erdbeobachtungsprogramm Copernicus oder die Ariane-Raketen. Das sind alles Projekte, die viel zu spät kamen, deutlich teurer als geplant und im Kern Nachahmerideen waren.

Raumfahrt ist innovativ, schwierig, begeisternd. Aber in Europa bauen wir brav nach, was die Amerikaner erfinden. Oder geben uns mit Zulieferungen wie bei der Nasa-Mondlandung Artemis zufrieden.

Mit Iris2 vergeudet Europa eine historische Chance. Ganze 15 Jahre nachdem die US-Raumfahrtbehörde Nasa auf Wettbewerb und private Initiative setzte und den Aufstieg von SpaceX ermöglichte, haben wir es immer noch nicht begriffen.

Die Kosten sind gigantisch – im doppelten Sinne

Die Rechnung werden wir alle bezahlen. Das Projekt soll elf Milliarden Euro kosten. Wenn Iris2 dem Vorbild von Galileo folgt, könnten es 20 bis 30 Milliarden Euro werden. Einen Großteil davon wird Deutschland tragen, der Großteil der Arbeitsplätze und Wertschöpfung wird dagegen in Frankreich entstehen.

Jetzt könnte man das viele Geld wie in der Vergangenheit als Deutschlands Beitrag zur europäischen Einheit abtun. Aber die Zeiten sind andere. Die Welt steht vor einer Renaissance der Raumfahrt.

Mit Iris2 entstehen uns gigantische Opportunitätskosten, wie es die Ökonomen ausdrücken – also all das, was der europäischen Volkswirtschaft entgeht. Damit ist in diesem Fall gemeint, was bei einer anderen, wettbewerblich ausgerichteten Ausschreibung hätte entstehen können, beispielsweise ein europäisches SpaceX.

Wenn sich elf Industriegiganten die Aufträge hin und her schieben, kann ein SpaceX nicht entstehen. Und Europa wird weiter Zaungast in der globalen Raumfahrt bleiben.

Verwandte Themen
SpaceX
Europa
Europäische Union
Raumfahrt

Erstpublikation: 16.12.2024, 17:20 Uhr.

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt