Kommentar: Die geldpolitische Kehrtwende der japanischen Notenbank war überfällig – trotz aller Risiken

Die Bank hat eine überraschende Wende verkündet.
Die Bank von Japan ist mächtig. So mächtig, dass sie seit Jahren stärker als jede größere Notenbank der Welt die Regeln des Finanzmarktes außer Kraft setzt. Sie lässt es nicht zu, dass sich die Renditen für die wichtigen zehnjährigen japanischen Staatsanleihen am Markt bilden.
Durch eigene Käufe und Verkäufe hat sie sie bisher in einem von ihr definierten Minikorridor unterhalb von 0,25 Prozent gehalten.
Zinskurvenkontrolle nennt die Bank of Japan (BoJ) dieses Instrument, das dem verzweifelten Kampf gegen die Deflation im Land sowie der Angst vor steigenden Zinsen geschuldet ist. Die jetzige Anhebung der Renditegrenze auf 0,5 Prozent war überfällig.
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Denn von Deflation konnte in Japan zuletzt mit einem Anstieg des Konsumentenpreisindexes um 3,6 Prozent längst keine Rede mehr sein. So deutlich sind die Preise in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt seit 40 Jahren nicht mehr gestiegen.
Auch die BoJ konnte sich am Ende nicht gegen den globalen Trend stemmen. Die US-Notenbank Fed, die EZB in Frankfurt, die Bank of England – alle haben die Zinsen in diesem Jahr stark angehoben – nur Tokio hielt unbeirrt an einer ultralockeren Geldpolitik fest.
Diese Kluft ließ den Yen zwischenzeitlich auf ein 32-Jahres-Tief zum Dollar sacken. Zudem ist der Markt für japanische Staatsanleihen ausgetrocknet, es gibt keine Liquidität mehr, weil niemand die Anleihen mit so niedrigen Zinsen kaufen will.
Tokios Münchhausen-Experiment: Die Zentralbank finanziert den Staat immer weiter
Die BoJ hält inzwischen mehr als die Hälfte aller ausstehenden Anleihen des hochverschuldeten Staates. Um die Kapitalmarktzinsen niedrig zu halten, kaufte BoJ-Governeur Haruhiko Kuroda in beispiellosem Umfang Staatsbonds auf – und trieb damit die monetäre Finanzierung des Staatshaushalts auf die Spitze.
Im kommenden Jahr wird die BoJ zeigen müssen, wie sie weitere Schritte aus dieser geldpolitischen Extremstrategie vornimmt, ohne ein Chaos an den Finanzmärkten auszulösen. Mit mehr als 250 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung ist der japanische Staat verschuldet – ein einsamer Rekord.
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Fest steht: Der Staat kann sich einen abrupten Zinsanstieg nicht leisten. Mehr noch: Das ganze Wirtschaftssystem – vom Immobilienkredit bis zur Unternehmensinvestition – ist es nicht mehr gewohnt, dass Zinsen steigen können.






Kuroda hat mit seinem jetzigen Schritt die Wende eingeleitet. Die Vollendung hinterlässt er seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin. Denn Kuroda tritt im April kommenden Jahres ab.
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