Kommentar: Ein Versprechen schafft noch kein Vertrauen in den Kanzler

Friedrich Merz fährt einen riskanten Kurs. Seine Regierung rühmt sich derzeit, besonders viel Geld auszugeben. „Wachstums- und Entlastungsagenda“ nennt die Union die Rekordverschuldung oder Wahlgeschenke wie die Mütterrente, die Gastrosteuer, die Pendlerpauschale oder die Wiedereinführung der Agrardieselsubventionen.
Was seine Anhänger jedoch seit der Bundestagswahl erwarten, bleibt der Kanzler bislang schuldig: grundlegende Reformen, die das Land für das nächste Jahrzehnt fit machen würden.
Deutschland sei „kein Schnellboot“, sagte Merz beim Arbeitgebertag. „Es ist ein Dickschiff, das seinen Kurs nur schwer ändert.“ So spricht jemand, der endgültig in der Realität der Regierung angekommen ist. Im Wahlkampf hatte Merz noch in trumpscher Manier versprochen, durchzuregieren.
In den ersten Monaten seiner Amtszeit schürte er bewusst zu hohe Erwartungen in der Hoffnung, die Koalition werde ihm schon folgen. Doch der Herbst der Reformen verstreicht derzeit ungenutzt.
In seiner Regierungserklärung kündigte Merz nun einen „neuen Konsens der Generationen“ an. Im Kern war es ein nett verpacktes „Basta“ an die Jüngeren in der Fraktion: Sie sollen das Rentenpaket der Koalition nicht weiter blockieren oder gar mit ihrem Veto zu Fall bringen. Gleichzeitig bot die Erklärung einen Ausblick auf jene Reformen, wegen derer die Merz-Anhänger der Union ihre Stimme gegeben hatten.
Die Rente ist noch Merz kleinste Baustelle
Die Partei- und Koalitionsspitzen müssen am Donnerstag im Koalitionsausschuss klären, mit welchem Mandat die geplante Rentenreform vorangetrieben werden soll. Nur wenn deutlich wird, dass dort eine nachhaltige Reform vorbereitet und anschließend auch umgesetzt wird, könnten manche Kritiker dazu bewegt werden, dem Rentenpaket doch noch zuzustimmen.
Die Rente ist dabei noch die kleinste Baustelle im Vergleich zu den Problemen in Pflege und Gesundheit. Ähnliches gilt für die Reform des Bundeshaushalts. Viel Geld versickert in wirkungslosen Förderprogrammen.
Merz, das sei ihm zugutegehalten, hat mit seiner Rede endlich auch versucht, Zuversicht zu vermitteln. Bisher bereitete er das Land meist nur auf harte Einschnitte vor. Doch das Vertrauen auf eine gute Zukunft ist entscheidend, um die Menschen mitzunehmen und sie nicht dem Krisengejammer der AfD zu überlassen. Mit Zuversicht lässt sich Verzicht leichter ertragen, wenn am Ende alle wieder profitieren.
Es liegt am Kanzler und seiner Koalition, diese Zuversicht im Land durch gute Politik zu verbreiten. Auf diesem Weg sollte er sich täglich an seinen eigenen Satz erinnern: „Wir lassen uns nicht aufhalten von kleinteiligem Gemäkel vom Straßenrand.“