Kommentar: Einige Ökonomen rudern beim Thema Inflation zurück, andere sind unbelehrbar
An der Tankstelle lässt sich die Inflation auf einen Blick erfassen.
Foto: dpaKein Tag vergeht, an dem die Inflationsgefahren nicht zunehmen. Allein am Dienstag berichtet das renommierte Ifo-Institut von steigenden Preisen im Einzelhandel. Das Statistische Bundesamt weist den höchsten Anstieg seit 47 Jahren im Großhandel aus, und an den Börsen Asiens wachsen die Sorgen vor einer Energiekrise, die die Preise weiter anfacht.
Ein Teil der deutschen Ökonomen ficht das nicht an. Da kann die Inflation steigen, wie sie will. EZB-Direktorin Isabel Schnabel rudert aber schon zurück. Während die Volkswirtin im September bei den Baden-Badener Unternehmergesprächen noch zu einem regelrechten Bashing gegen viele Medien ausholte, die vor Inflation warnten, erklärt sie nun: „Es wäre voreilig zu behaupten, dass die derzeitige Preisdynamik nächstes Jahr völlig abklingen wird.“ Offenbar heißt es jetzt: Zurück – marsch, marsch!
Unbelehrbar ist aber der umstrittene Talkshow-Ökonom Marcel Fratzscher. Der wechselt seine Erzählungen mittlerweile wie andere ihre Unterhemden. Noch vor einem Jahr behauptete der DIW-Präsident, die Deflation sei das größere Problem für die nächsten Monate und Jahre. Eine glatte Fehlprognose. Andere würden in Sack und Asche gehen. Doch Fratzscher lässt sich wieder etwas Neues einfallen: Die Inflation soll zur Weltrettung vor dem Klimawandel dienen. Der Wirtschaft könnten so Beine für die Transformation gemacht werden.
Auch sein Hinweis, die Bundesbank hätte einst höhere Inflationsraten zugelassen, ist wissenschaftlich unredlich. Der Wirtschaftsweise und international anerkannte Finanzmarktökonom Volker Wieland wies zu Recht darauf hin, dass das Inflationsumfeld vor allem in den 70er-Jahren ein anderes war. Dort gab es vor allem in den USA zweistellige Inflationsraten.
Warnung vor toxischer Mischung
Über die USA schweigen sich die deutschen Inflationsbefürworter ohnehin seit Monaten aus. Larry Summers, der ehemalige US-Finanzminister und Harvard-Ökonom, warnt vor einer toxischen Mischung in den USA. Die Ausgabenprogramme seien überdimensioniert und würden zur Überhitzung der US-Wirtschaft beitragen. Summers ist nicht für extreme ökonomische Positionen bekannt.
Sollten die USA in eine Stagflation abgleiten, hätte auch Europa ein Problem. Die nächste Bundesregierung und auch die EZB sollten sich schleunigst um die Inflation kümmern und sie bekämpfen. Ist die Zahnpasta erst mal aus der Tube, bekommt man sie nicht mehr hinein.