Kommentar Europas Mega-Verteidigungsprojekt darf nicht sterben

Gemeinsame Rüstungsprojekte in der EU sind schwierig zu realisieren. Nun steht ein Milliarden-Vorhaben vor dem Aus.
Nur zwei Monate nach seinem Amtsantritt 2017 hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron der Bundeskanzlerin die Hand gereicht zum größten gemeinsamen Rüstungsprojekt der Geschichte. Ein bereits gestartetes französisch-britisches Vorhaben ließ er auslaufen.
Welches Risiko der von Europa und vom deutsch-französischen Paar überzeugte Politiker mit dem Luftkampfsystem der Zukunft (FCAS) und dem gemeinsamen Panzer (MGCS) einging, war der manchmal etwas kurzsichtigen deutschen Europapolitik nie richtig klar.
Heute versuchen nationalistische Kräfte in Industrie, Militär und Politik, dem deutsch-französischen Projekt den Garaus zu machen – und damit gleichzeitig Macron eine vernichtende europapolitische Niederlage zu bereiten. Sterben FCAS und MGCS, würden Paris und Berlin und der Präsident selbst die Glaubwürdigkeit verlieren, dass sie gemeinsam Europas Souveränität sichern können. Die Antieuropäer hätten unmittelbar vor Bundestags- und Präsidentschaftswahl einen vielleicht entscheidenden Sieg errungen.
Nicht nur das beharrliche Schüren von Ressentiments auf französischer Seite hat dazu geführt, dass die beiden essenziellen Vorhaben in Gefahr sind. Fahrlässig haben auch deutsche Politiker deren Glaubwürdigkeit untergraben. Die beiden Programme erstrecken sich bis 2040. Auf deutscher Seite gibt es aber keine langfristige politische Projektführung. Die Vorhaben werden in kleine Tranchen zerlegt.
Mehrmals im Jahr kann der Haushaltsausschuss des Bundestags den Stecker ziehen, wenn er will. Er war schon einmal kurz davor, weil angeblich nicht genügend Arbeitsplätze in Deutschland gesichert waren.
Spanien als Partner aufzunehmen war ein Fehler
In Paris fragt man sich: Warum auf diese Karte setzen, warum Geld und Technologie investieren, wenn jederzeit auf deutscher Seite eine Mehrheit dagegen entstehen kann? Ein zweiter Fehler war es, dass die Bundesregierung unbedingt Spanien als gleichberechtigten dritten Partner aufnehmen wollte. Die dortige militärische Luftfahrt besteht größtenteils aus Airbus-Filialen.
Airbus aber ist der wichtigste Industriepartner auf deutscher Seite, Dassault auf französischer. FCAS-Kritiker in Frankreich machen die Rechnung auf: Damit stehe es zwei zu eins für Deutschland, was den industriellen Nutzen angehe. Das ist polemisch und übertrieben, aber nicht völlig aus der Luft gegriffen.
Noch kann die europäische Kooperation gerettet werden. Dassault muss in die Schranken gewiesen werden, aber auch Airbus muss Abstriche machen: Frankreich und damit industriell Dassault ist die Führung bei FCAS zugestanden worden, weil Deutschland beim Panzer die Führung hat. Wer alles will, der geht am Ende leer aus.
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