Kommentar: Fußball-EM: Der DFB muss Frauen endlich das Gleiche zahlen wie den Männern

Der DFB hatte den Frauenfußball über 15 Jahre verboten.
Diesen Sonntag könnte die deutsche Fußballnationalmannschaft den neunten Europameisterschaftstitel holen. Dann geht es für die Spielerinnen von Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg im geschichtsträchtigen Wembley-Stadion gegen die Gastgeberinnen-Elf aus England.
Sollten die Deutschen tatsächlich Europameisterinnen werden, bekommt die Mannschaft eine Prämie des Deutschen Fußball Bundes (DFB). Allerdings eine, die deutlich geringer ausfallen würde, als das für die männlichen Pendants der Fall wäre: Jede Spielerin würde 60.000 Euro bekommen, bei den Männern wären es mit 400.000 Euro mehr als sechsmal so viel gewesen. Der DFB argumentiert mit ungleichen Erlösen aus der Vermarktung beider Teams.
Dass es auch anders geht, zeigen andere Länder: acht Teams der Frauen-Europameisterschaft wurden die gleichen Prämie wie den Männern versprochen. Auch die Weltmeisterinnen aus den USA bekamen nach einem jahrelangen Rechtsstreit im Frühjahr diesen Jahres die Zusage von ihrem Verband, die gleiche Bezahlung wie die Männer zu bekommen.
Die ungleiche Bezahlung hierzulande ist heuchlerisch, denn der DFB selbst hat den von Frauen ausgeübten Fußballsport über Jahrzehnte massiv torpediert. Das Beispiel ist ein Lehrstück über die Sportwelt hinaus und ein Weckruf, sich mit den Strukturen hinter vermeintlich gerechter Leistungsbeurteilung zu beschäftigen.
Zwischen 1955 und 1970 war es Frauen in Deutschland nicht erlaubt, im Verein Fußball zu spielen. Der Verband hatte den organisierten Frauenfußball offiziell verboten. Die Begründung damals lautete: „Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut.“
DFB an fehlenden Einnahmen aus Frauensport mitverantwortlich
Bis heute erfahren die Fußballfrauen bei Weitem nicht die gleiche Unterstützung wie die Fußballmänner. Spiele der Nationalmannschaft werden anders als bei den Männern nicht zur besten Sendezeit angesetzt. Nationaltrainerin Voss-Tecklenburg beschwerte sich zuletzt über die Anstoßzeiten der WM-Qualifikationsspiele im Herbst letzten Jahres. Ab 16.05 Uhr rollte der Ball gegen Bulgarien – die Männer hingegen dürfen zur Primetime spielen.
Da ist es kein Wunder, dass sich das Interesse der Öffentlichkeit in Grenzen hält und der Zuschauerschnitt der Bundesligamannschaften bei unter 2000 Besuchern pro Spiel liegt, während in Barcelona das Camp Nou mit 85.000 Plätzen auch bei Frauenspielen ausverkauft ist.
Für die fehlenden Einnahmen aus dem Frauensport ist der DFB also mitverantwortlich. Mit geringeren Erlösen zu argumentieren ist nicht mehr als eine fadenscheinige Ausrede, um zu verdecken, dass im als gemeinnützig anerkannten DFB eindeutige Prioritäten herrschen – zuungunsten der Fußballfrauen.

Auch Arbeitgeber sollten sich die Frage stellen, welche Strukturen es manchen Mitarbeitern schwerer machen als anderen, gute Leistungen zu bringen. Die Entlohnung nur an vermeintlich objektiven Kriterien wie Erlösen oder Gewinn festzumachen, kann ungerecht sein, wenn nicht alle die gleiche Chance haben, die Anforderungen auch zu erbringen. Im schlimmsten Fall endet es dann wie bei den Fußballnationalmannschaften, wo der gleiche Titel dem eigenen Verband unterschiedlich viel wert ist. Abhängig davon, ob es sich um Mannschaftskameraden- oder -kameradinnen handelt.
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