Kommentar: G7-Treffen: Gipfel der Selbstgerechten

Das moralische Sündenregister steht im krassen Widerspruch zum moralischen Anspruch.
Foto: dpaNicht ohne Grund verspottete der „kleine Rest“ der Welt die G7-Gipfel lange Jahre als Beauty-Show-Act der Mächtigen des Westens. Doch die sieben größten Industriestaaten, die mittlerweile nur noch knapp 30 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung und zehn Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren, sind längst nicht mehr die unangefochtene Weltmacht und schon gar nicht das Maß aller Dinge.
So mutet das jetzige G7-Treffen in Hiroshima eher als Akt der Selbstvergewisserung des Westens an – ausgerechnet an jenem symbolträchtigen Ort, wo die westliche Führungsmacht USA ein abscheuliches Kriegsverbrechen beging.
Jener Rest der G20-Länder, die etwas abfällig Schwellenländer genannt werden, aber inzwischen für die Hälfte des Welt-BIP stehen, beäugt dies mit Skepsis – nicht zuletzt deshalb, weil aus westlicher Selbstvergewisserung immer auch ein Stück westliche Selbstgerechtigkeit erwuchs.
Ja, der Westen ist zu Recht stolz auf seine Geschlossenheit gegenüber Russland und Hilfsbereitschaft gegenüber der Ukraine in diesem schrecklichen Krieg, der in jeglicher Hinsicht ein Zivilisationsbruch darstellt.
Nun ist es erklärtes Ziel der G7, die großen Schwellenländer, neuerdings „globaler Süden“ genannt, zum aktiven Widerstand gegen ein ebenso revisionistisches wie imperialistisches Russland zu bewegen. Mehr noch: Die Gruppe will Indien, Brasilien, Südafrika und andere in das westliche Lager ziehen, um die aufstrebende Weltmacht China einzudämmen. Deshalb hat Gastgeber Japan auch Vertreter aus Ländern wie Brasilien, Indien oder Indonesien nach Hiroshima eingeladen.