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  4. Proteststurm im Iran: Das Teheraner Regime setzt allein auf Gewalt

KommentarIrans Religions- und Revolutionsführer riskiert alles

Das Vabanquespiel ist brandgefährlich für Ajatollah Ali Chamenei. Und der Aufruhr kommt dem Westen, Moskau und Peking gleichermaßen ungelegen.Mathias Brüggmann 04.10.2022 - 20:15 Uhr Artikel anhören

Das Regime des Religions- und Revolutionsführers droht, die Proteste in Blut zu ertränken.

Foto: IMAGO/APAimages

Ukrainekrieg, wachsende Spannungen mit China, und jetzt kommt noch ein wieder aufziehender Großkonflikt im Iran obendrauf: Seit mehr als zwei Wochen reißen die Proteste nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini nicht ab.

Es wird in immer mehr Städten des Landes demonstriert. Der Religions- und Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei hat jetzt mit einer brutalen Niederschlagung der Proteste gedroht. Die USA bereiten für diesen Fall bereits weitere Sanktionen vor.

Das Teheraner Regime spielt mit vollem Einsatz: Es droht, die Proteste in Blut zu ertränken – wie es dies bereits während der „Grünen Revolution“ 2009 tat, als nach wochenlangen Demonstrationen gegen massive Wahlfälschungen Hunderte Iraner auf den Straßen erschlagen oder erschossen wurden.

Chamenei hat also schon einmal bewiesen, dass er zum Schutz der Theokratie, also der Herrschaft islamischer Gelehrter, auch vor roher Gewalt nicht zurückschreckt.

Der 83-Jährige beginnt jetzt aber ein Vabanquespiel, denn brandgefährlich für ihn ist: Es gehen inzwischen vor allem Frauen auf die Straße, und das in vorderster Front, auch gegen Knüppel schwingende Milizen. Die Frauen fordern Konsequenzen aus dem Totschlag Aminis, einer Kurdin, also der Angehörigen einer sunnitischen Minderheit im schiitisch dominierten Persien; Sunniten haben kaum Chancen im Staatsapparat und vor allem nicht bei den Sicherheitskräften.

Proteststurm gegen die Grundlagen des theokratischen Regimes

Und die Protestierenden rütteln am Fundament der Islamischen Republik. Sie fordern ein Ende des Zwangs zum Tragen eines Hidschabs, eines Kopftuchs. Amini starb am 16. September auf einer Teheraner Intensivstation, nachdem sie wegen „unangemessener Kleidung“ – eines nicht richtig sitzenden Kopftuchs – drei Tage zuvor inhaftiert worden war. Die offizielle Todesursache ist ein Herzinfarkt.

Foto: Burkhard Mohr

Die Familie und ihre Unterstützer bestreiten das vehement: Amini sei bei bester Gesundheit gewesen, und Augenzeugen berichteten, sie sei von Sicherheitskräften geschlagen worden. Ein Röntgenbild offenbarte eine Kopffraktur.

Der Hidschab-Zwang, verbunden mit der Unterdrückung der Frauen, ist aber eine Grundlage des theokratischen Regimes. Zu Kompromissen ist die Führung daher nicht bereit.

Sollte das Regime die Proteste aber in Blut ertränken, käme jede Lösung im Streit um das Atomprogramm des Irans außer Reichweite. Es würden weitere Sanktionen verhängt, die das ohnehin seit Jahren unter einer verheerenden Krise leidende Land an den Rand des Wirtschaftskollapses brächten.

>> Lesen Sie hier: Gewalt im Iran – Biden kündigt weitere Sanktionen an

Sogar China und Russland, denen Blutvergießen – siehe Tian’anmen-Massaker und Ukrainekrieg – egal ist, müssten sich wegen des Bruchs des Atomabkommens von Teheran abwenden. Die bisher noch nach China laufenden Ölexporte kämen zum Erliegen, der Handel mit Russland bräche zusammen.

Bisher haben sich die drei Diktaturen aneinandergekoppelt. Aber auch Peking und Moskau wollen keine islamische Atommacht, nicht zuletzt wegen der großen Zahl von Moslems in ihren Ländern. Doch Chamenei setzt allein auf Gewalt.

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Und er riskiert damit das Hinwegfegen des Systems, das er eigentlich verteidigen will. Denn im Falle eines wirtschaftlichen Kollapses würden so große Menschenmassen nach einem „Regime-Change“ schreien, dass der Unterdrückungsapparat dessen nicht mehr Herr werden könnte.

Mehr: Russland setzt auf Kamikaze-Drohnen aus dem Iran – So beeinflussen die neuen Waffen den Kriegsverlauf

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