Kommentar: Lagardes Schuld

Verfolgt die EZB neben der Preisstabilität eine zweite Agenda?
Die Glaubwürdigkeit ist die härteste Währung des Notenbankers. Sie ist die unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren eines Geldsystems, das allein auf Vertrauen beruht. Vertrauen darauf, dass die Zentralbank ihre unbestritten große Macht und ihren Instrumentenkasten dafür einsetzt, die Preisentwicklung unter Kontrolle zu halten.
Dieses Vertrauen ist gestört – das darf man angesichts einer Inflationsdynamik, die sich fast auf das Fünffache des EZB-Ziels bemisst, feststellen.
Im August lag die Inflationsrate der Euro-Zone bei 9,1 Prozent. Und es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis die symbolische Grenze der zweistelligen Inflationsraten überschritten wird. In einzelnen Ländern wie Spanien, Belgien und vor allem im Baltikum, wo es inzwischen Inflationsraten jenseits der 20 Prozent gibt, ist es längst so weit.
Die monatelangen Beschwichtigungen der Notenbanken, es handele sich lediglich um ein vorübergehendes Phänomen, wirken da aus heutiger Sicht wie Hohn. Für EZB-Präsidentin Christine Lagarde, die hartnäckigste Beschwichtigerin in der internationalen Notenbankwelt, müssten die monatlichen Inflationsdaten ein Albtraum sein. Sie wirken wie ein Dementi dessen, was die Präsidentin wieder und wieder der Öffentlichkeit einbläute. Nämlich, dass kein Grund zur Sorge bestehe, dass sich das Problem von selbst erledige und dass die Notenbank behutsam agieren müsse.





