Kommentar: Lieber Datteln 4 als alte Dreckschleudern

Uniper hatte in der Debatte um den Kohleausstieg von Anfang an gute Argumente dafür, das fertiggestellte Kraftwerk auch in Betrieb zu nehmen.
Es mag das falsche Symbol sein, in Deutschland noch ein neues Steinkohlekraftwerk in Betrieb zu nehmen. Symbolpolitik spielt aber im Klimaschutz ohnehin eine zu große Rolle. Daher ist es richtig, wenn sich Bund und Länder nun darauf verständigen, das Kraftwerk im nördlichen Ruhrgebiet laufen zu lassen.
Die von der Bundesregierung eingesetzte Kohlekommission hatte in ihrem Anfang 2019 veröffentlichten Abschlussbericht empfohlen, für bereits gebaute, aber noch nicht im Betrieb befindliche Kraftwerke, „eine Verhandlungslösung zu suchen, um diese Kraftwerke nicht in Betrieb zu nehmen“. Dieser Passus bezog sich ausschließlich auf Datteln 4.
Die Verhandlungen, die die Bundesregierung mit Uniper geführt hat, haben nun nicht zum dem von der Kommission erhofften Ergebnis geführt. Das muss man akzeptieren. Dieses Resultat steht nicht im Widerspruch zur Zusage der Bundesregierung, die Empfehlungen der Kommission möglichst eins zu eins umzusetzen. Das Ergebnis von Verhandlungen ist eben nicht von vornherein planbar.
Für Klimaschützer mag das schwer zu akzeptieren sein, sie laufen seit Langem Sturm gegen die Inbetriebnahme. Eigentlich sollte der Block schon 2011 in Betrieb gehen. Der Bau wurde aber durch Klagen von Umweltschützern jahrelang blockiert. Als Uniper die rechtlichen Bedenken dann ausgeräumt hatte, verzögerte sich der Bau durch Materialmängel erneut.
Uniper hatte in der Debatte um den Kohleausstieg von Anfang an gute Argumente dafür, das fertiggestellte Kraftwerk auch in Betrieb zu nehmen. Argument eins: Wenn die Bundesregierung durchgesetzt hätte, das Kraftwerk nicht in Betrieb zu nehmen, hätte Uniper beste Aussichten gehabt, umfassende Schadensersatzforderungen durchzusetzen.
Noch schwerer wiegt das zweite Argument: Uniper hat in den vergangenen Monaten immer wieder völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass es besser ist, ein neues Steinkohlekraftwerk zu betreiben, statt alte und höchst ineffiziente Anlagen noch weiter laufen zu lassen.
Die Bahn und RWE sind die Verlierer
Dem Klima ist damit gedient, wenn statt jahrzehntealter Kraftwerke das hocheffiziente Kraftwerk Datteln 4 Strom produziert. Wenn nun im Gegenzug für die Inbetriebnahme von Datteln 4 alte Anlagen abgeschaltet werden, ist diese Bedingung erfüllt.
Verlierer der Inbetriebnahme von Datteln 4 sind die Deutsche Bahn und RWE. Beide Unternehmen hatten schon vor Jahren Stromabnahmeverträge in erheblichem Umfang geschlossen. Heute wollen sie den Strom des Kraftwerks Datteln 4 aber nicht mehr haben. Er passt nicht zur angestrebten Ergrünung der beiden Unternehmen.



Besonders Bahn-Vorstand Ronald Pofalla dürfte sich daher über die sich nun abzeichnende Lösung ärgern. Als einer der drei Vorsitzenden der Kohlekommission hatte er nach Angaben aus Verhandlungskreisen vehement dafür plädiert, Datteln 4 aufs Abstellgleis zu schicken. Dazu wird es aber jetzt nicht kommen. Doch was schlecht ist für das Image der Bahn, kann für den Klimaschutz insgesamt betrachtet nützlich sein.





