Kommentar: Militärisches Vabanquespiel der Ukraine mit psychologischer Wirkung


List und Überraschung seien zentrale Faktoren, um einem Gegner überlegen zu sein, schrieb der preußische Generalmajor Carl von Clausewitz in seinem unvollendeten Standardwerk „Vom Kriege“. Mit der jüngsten größeren Bodenoffensive auf russischem Terrain hat die Ukraine den Aggressor aus Moskau ohne Zweifel überrascht. Zu einer Überlegenheit gegenüber dem mächtigen Feind wird die listige Attacke aber kaum führen. Im Gegenteil.
Militärisch ist die Offensive ein Vabanquespiel, das sich noch rächen kann. Aus zwei Gründen: Zum einen verbreitert der Vorstoß die Front, die ohnehin kaum noch zu halten ist. Zwar bindet der Angriff zumindest vorübergehend auch russische Kräfte. Doch die ukrainischen Soldaten, die jetzt in Russland kämpfen, fehlen an Frontabschnitten, die löchrig zu werden drohen.
Angesichts der Mobilisierungsschwierigkeiten, die Kiew ohnehin hat, muss es darum gehen, die verfügbaren Truppen so effizient wie möglich einzusetzen. Und nicht, sie in Himmelfahrtskommandos zu schicken. Denn ohne Luftunterstützung, ohne Nachschub an Menschen und Material ist es nur eine Frage der Zeit, bis Russland die ukrainischen Soldaten aufgerieben hat.





