Kommentar Regierungskrise in Polen: Kampf um die Freiheit

"Freie Medien - meine Entscheidung" steht auf dem Plakat bei einer Demonstration am 10. August 10.
In Polen geht es jetzt um alles, was Europa heilig ist: die Freiheit. Die herrschende national-populistische Partei PiS will nach ihrer umstrittenen Justizreform jetzt auch die Medien vollständig an die Kette legen. Der große, private, unabhängige Fernsehsender TVN soll weg.
Denn dort wird noch recherchiert, werden Skandale der Regierung aufgedeckt und nicht einfach die Meinung der Minister kritiklos transportiert. Das ist der PiS-Truppe, die zuletzt den Verkauf zahlreicher regionaler Zeitungen an den staatlichen Ölkonzern PKN Orlen orchestrierte, seit Langem ein Dorn im Auge.
Der Sender gehört der US-Gruppe Discovery und wäre mit dem neuen Mediengesetz, das nichteuropäische Medieneigner ausschließt, abzuschalten.
Um dieses Gesetz durchzudrücken, war die Partei – die laut Namen angeblich für Recht und Gerechtigkeit steht – zum Koalitionsbruch bereit, und setzte den liberalen Partner Porozumenie (Verständigung) des für Wirtschaft zuständigen Vizepremiers Jaroslaw Gowin vor die Tür.
Das bedeutet zweierlei: Mitnichten ist die polnische Demokratie tot, dem Durchmarsch der PiS gegen Europas Werte stellen sich inzwischen auch bisherige Partner entgegen. Aber die PiS ist weiterhin wild entschlossen, Polen nach ihren erzkatholischen und rückwärtsgewandten Ideen umzubauen.
Konfrontation der PiS mit Brüssel
Und die Partei ist dazu bereit, weiter voll auf Konfrontation mit Europa und seinen Werten zu gehen. Dazu sucht die PiS bereits neue Vasallen, um ihren freiheitsfeindlichen Kurs fortzusetzen – und das ausgerechnet in Polen, das sich hinter dem Eisernen Vorhang entschlossener als andere die Freiheit erkämpfte.
Zu hoffen ist, dass Polens Wählerinnen und Wähler sich an diesen Freiheitskampf erinnern und dem Spuk ein Ende bereiten. Die bürgerliche Regierung der Vorgängerregierung von Donald Tusk war sicherlich auf dem sozialen Auge blind, ließ das Wohlstandsgefälle zwischen Ost und West größer werden, als es das beachtliche Wirtschaftswachstum des größten osteuropäischen EU-Mitglieds zuließ.
Das war das Einfallstor für die PiS, die mit Mindestlohnerhöhungen, Rentenzulagen und üppigem Kindergeld Stimmen einfährt. Deren Konfrontation mit Brüssel ist aber das Gegenteil dessen, was die Polinnen und Polen wollen: Sie sind das Europa-euphorischste Volk der EU.
Europa muss also mit klarer Betonung der Werte Freiheit und offene Kommunikation die Herzen der Menschen an Oder und Weichsel erreichen. Und klarmachen, das Polens nationalistischer Alleingang ihnen und ganz Europa schadet.
Mehr: Regierungskrise: Polens nationalkonservatives Regierungsbündnis zerbrochen
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