Kommentar: Umwelt- und Klimaschutz hilft auch gegen Pandemien
Die Zerstörung von Ökosystemen macht Krankheitsausbrüche generell, aber auch pandemischen Ausmaßes wahrscheinlicher.
Foto: dpaWie wichtig ist der Schutz unserer Lebensgrundlagen? Wie ernst müssen Gesellschaft, Politik und Wirtschaft den fortschreitenden Klimawandel und die zunehmende Naturzerstörung nehmen? Eine knappe Antwort lautet: sehr wichtig und sehr ernst. Auch um künftig Gesundheitskrisen wie die Corona-Pandemie zu vermeiden.
Der weltweite Stand der Wissenschaft ist trotz offener Fragen eindeutig: Der Erhalt intakter Ökosysteme kann das Auftreten von Infektionskrankheiten reduzieren.
Oder anders gesagt: Die Zerstörung von Ökosystemen macht Krankheitsausbrüche generell, aber auch pandemischen Ausmaßes wahrscheinlicher. Erst vergangene Woche hatte der Weltbiodiversitätsrat davor gewarnt, dass rasch ausbreitende Infektionskrankheiten infolge der Naturzerstörung zukünftig häufiger auftreten können.
Neu sind die Warnungen nicht – doch angesichts der Coronakrise mit Milliardenschäden für die Volkswirtschaften weltweit werden sie dringlicher und sind keine Theorie mehr.
Es gilt als wissenschaftlich belegt, dass ein großer Teil der menschlichen Infektionserreger ursprünglich aus dem Tierreich stammt, darunter Influenza, HIV und Ebola. Der Fachbegriff für Krankheiten, die zwischen Tier und Mensch übertragen werden, heißt Zoonose – und die Gefahr von Zoonosen steigt. Ein großes Risiko geht von Wildtiermärkten aus, wo Menschen und unterschiedliche Tierarten auf engstem Raum zusammenkommen und die Tiere zusammengepfercht und unter hygienisch miserablen Zuständen verwahrt werden.
Auch Monokulturen und Rodungen von Wäldern führen zu einem Verlust der Artenvielfalt. Mit möglicherweise verheerenden Konsequenzen: Weniger Biodiversität heißt mehr Tiere der gleichen Art im selben Lebensraum. Ein so aus dem Gleichgewicht geratenes Ökosystem ist gleich doppelt folgenreich: Erreger können von ihrem angestammten Wirt auf andere Tiere oder gleich auf den Menschen überspringen. Und außerdem potenziell gefährlicher werden.
So manches Virus mag sich viele Generationen freundschaftlich auf seinen Wirt eingestellt haben. Doch wenn es zum Übersprung kommt und ein Virus in eine neue Wirtsspezies gelangt, gilt dieser Waffenstillstand nicht mehr, so hat es Wissenschaftsautor David Quammen in seinem Buch „Spillover – Der tierische Ursprung weltweiter Seuchen“ treffend beschrieben.
Was also ist zu tun, um Pandemien künftig vorzubeugen – in unser aller Interesse? Die Wissenschaft legt vor allem eine Schlussfolgerung nahe: die Abkehr von der intensiven Landnutzung, beherzter Klimaschutz und der Erhalt von Artenvielfalt. Das mag viel Geld kosten. Aber verglichen mit den Kosten einer Pandemie sind die Kosten für die Vorbeugung deutlich geringer.