Kommentar: Warum der Verkauf von Wintershall Dea auch Deutschland schadet


Nicht einmal die Aktionärinnen und Aktionäre ließen sich von diesem Deal überzeugen: Als BASF am Donnerstagnachmittag bekannt gab, zusammen mit Miteigentümer Letter One, einer Investmentgesellschaft, die Tochter Wintershall Dea zu verkaufen, sprang die Aktie nur kurz nach oben – und ging dann fast unverändert aus dem Handel.
Bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Wintershall Dea dürfte die Nachricht dagegen noch lange nachhallen. Was BASF als „Zusammenschluss“ des Öl- und Gasproduzenten mit dem britischen Ölkonzern Harbour Energy verkaufte, kommt für das deutsche Traditionsunternehmen einer Zerschlagung gleich. Die beiden Zentralen in Hamburg und Kassel werden nicht übernommen, das heißt im Klartext: Sie werden aufgelöst – mehr als 800 Menschen müssen mit der Entlassung rechnen. Die Nachricht kam per Ad-hoc-Mitteilung, drei Tage vor Weihnachten.
Das ist nicht nur stillos und alles andere als wertschätzend. Die verhaltene Reaktion der Börse und das Entsetzen bei der Belegschaft werfen auch die Frage auf: Ist es überhaupt ein guter Deal, den BASF da geschlossen hat? Für BASF vielleicht, für Wintershall Dea auf keinen Fall.
Druck vor Brudermüllers Abschied?
Es liegt nahe, dass Konzernchef Martin Brudermüller einfach einen Schlussstrich ziehen wollte. Schon lange hatte er die Trennung vorbereitet. Ein Börsengang wurde ausgelotet, doch die Probleme mit den Russlandaktivitäten von Wintershall Dea torpedierten den Plan.
Es wurde mit vielen Interessenten gesprochen, die an einer wirklichen Fusion interessiert waren – zum Beispiel der Ölkonzern Adnoc aus Abu Dhabi, der gerade seine Übernahmeofferte für Covestro erhöht hat.
Es ist richtig: Das Umfeld – sowohl für einen Börsengang als auch für einen Verkauf – ist nicht ideal. Aber BASF-Chef Brudermüller, der Ende April abtritt, wollte offenbar den Prozess zum Abschluss bringen – und den Aktionären auf seiner letzten Hauptversammlung einen letzten Deal präsentieren.
Ob es für BASF im Sinne des Shareholder-Value ein guter Deal ist, müssen die Aktionärinnen und Aktionäre auf der Hauptversammlung bewerten. Für Wintershall Dea und seine Beschäftigten ist es ein schlechter Deal.
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Das Unternehmen, dessen Vorgänger Wintershall und Dea schon 1894 und 1899 gegründet wurden, wird in der Branche für sein Know-how und seine Technologie geschätzt. Es ist bei Öl- und Gasbohrungen oft erfolgreicher als die Konkurrenz. Nur so konnte Wintershall Dea sich gegen die großen Öl- und Gasmultis in der Nische behaupten. Dieses Know-how dürfte jetzt weitgehend verloren gehen, der Käufer ist offenbar nur an Produktion und Reserven interessiert.



Und auch für Deutschland ist es ein schlechter Deal. Wintershall Dea ist der einzige Öl- und Gasproduzent des Landes, fördert unter anderem in Norwegen und Nordafrika Öl und Gas. Mit Wintershall Dea hatte Deutschland zumindest einen kleinen Zugriff auf die globalen Energieressourcen.
Das ist bald Geschichte – genauso wie Wintershall Dea selbst.





