Kommentar: Warum die IG Metall einen Arbeitsmythos aufgibt


Es klingt fast beiläufig, hat aber politische Sprengkraft: Die viel diskutierte Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich stehe nicht auf der aktuellen gewerkschaftlichen Forderungsliste, sagte IG-Metall-Chefin Christiane Benner der „Bild“-Zeitung. Damit rückt selbst Deutschlands mächtigste Gewerkschaft ein gutes Stück von einem Symbolthema der neuen Arbeitswelt ab – und erkennt an, was lange als unpopulär galt: Weniger zu arbeiten und dabei gleich viel zu verdienen – das geht auf Dauer nicht gut.
Ein überfälliges Signal. Denn während Wirtschaft, Mittelstand und Industrie unter Druck stehen, droht die Debatte über Sinnsuche und Work-Life-Balance die Realität aus den Augen zu verlieren. Kanzler Friedrich Merz hat das Thema deshalb mit ungewohnter Deutlichkeit angesprochen: „Mit Vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand dieses Landes nicht erhalten können.“ Eine unbequeme Wahrheit – aber eine notwendige.
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Die Fakten geben ihm recht: Deutschland steckt im dritten Jahr der Stagnation. Große Konzerne bauen Jobs ab, das Wirtschaftswachstum tritt auf der Stelle, Investitionen in Innovation brechen ein. Gleichzeitig sinkt das Arbeitsvolumen – obwohl die Zahl der Erwerbstätigen gestiegen ist. Laut IAB wurden 2024 erstmals weniger Stunden gearbeitet als im Vorjahr: 61,37 Milliarden, 0,1 Prozent weniger als 2023.





