Kommentar: Warum uns das Pflegesystem bald um die Ohren fliegt


Die künftige Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag eine „große Pflegereform“ angekündigt, doch konkrete Vorschläge fehlen. Statt klarer Maßnahmen wird lediglich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die bis Ende des Jahres Reformvorschläge erarbeiten soll.
Dabei ist die finanzielle Lage der Pflegeversicherung alarmierend. Seit Jahren ist die gesetzliche Pflegeversicherung defizitär. Eine steigende Zahl von Pflegebedürftigen trifft auf eine sinkende Zahl von Beitragszahlern. Erst kürzlich musste eine Pflegekasse sogar Liquiditätshilfe vom Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) beantragen, und es wird befürchtet, dass weitere Kassen folgen könnten, wenn keine schnellen Reformen erfolgen.
Und obwohl die Zeit drängt, sind im Koalitionsvertrag vorerst nur Prüfaufträge an eine Bund-Länder-Kommission formuliert, die bis Ende des Jahres Ergebnisse liefern soll. Drei Gesetze, die bereits geeint, aber wegen des Ampel-Aus nicht mehr verabschiedet wurden, sollen auch bis zum Sommer noch erlassen werden.
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll neun Punkte prüfen, darunter der Leistungsumfang, neue Anreize für pflegende Angehörige und alternative Modelle der Pflege.
Gesundheitsökonomen warnen jedoch, dass diese Ansätze keine tiefgreifende Reform versprechen. Vielmehr werden in der Arbeitsgruppe Punkte diskutiert, die sich teilweise widersprechen. So sind Experten der Meinung, dass bessere Versorgung und niedrigere Kosten im bestehenden System nicht gleichzeitig erreicht werden können.
Auch fehlt eine klare politische Zielvorgabe, etwa zur Stabilisierung der Beiträge oder zur künftigen Ausgestaltung der Pflegeversicherung. Die Reform der Pflegeversicherung darf nicht länger auf die lange Bank geschoben werden, wenn uns das System nicht um die Ohren fliegen soll.
Mehr: Pflegekosten steigen, doch Deutsche sorgen kaum privat vor
Erstpublikation: 28.04.2025, 14:29 Uhr.





