Leserforum: Wie wichtig eine gute Beziehung zu China ist – Eine Leserdebatte

Angesichts der zweiten Chinareise von Bundeskanzler Olaf Scholz haben wir die Handelsblatt-Leserschaft diese Woche gefragt, wie wichtig eine gute Beziehung zur Volksrepublik ist. Dazu wollten wir wissen, ob Deutschland ihrer Meinung nach unabhängiger von China werden sollte und ob das überhaupt möglich ist.
„Die globale Arena verändert sich – und China nimmt darin eine Schlüsselrolle ein!“, schreibt dazu ein Leser. Daher finden einige Leser es wichtig, dass Deutschland eine gute Beziehung zu China pflegt, etwa weil diese „Wohlstand und Entwicklung in Deutschland und Europa“ fördere, so ein Leser.
Dennoch mahnt ein anderer Leser: „Es wird zunehmend deutlich, dass Deutschland seine Handelsbeziehungen diversifizieren muss, um die nationale Wirtschaft gegen globale Schocks zu schützen.“ Dem stimmen weitere Leser zu und warnen vor einer zu großen Abhängigkeit.
Dem Aufstieg Chinas müsse Deutschland daher „klug, adäquat und mit Weitblick“ begegnen, findet ein Leser. Dabei sollte ein Wissensabfluss von deutschem Know-how nach China sowie ein Machteinfluss durch China in deutschen Unternehmen verhindert werden, so seine Meinung. Ein anderer Leser plädiert unter anderem für „innovative Förderprogramme mit einer massiven Investition von über 200 Milliarden Euro“. Ebenfalls genannt wird eine ausgewogene Handelspolitik. Diese solle aus Sicht eines Lesers die Zusammenarbeit mit China weiterhin fördern, gleichzeitig aber auch alternative Partnerschaften stärken.
Für die aktuelle Ausgabe unseres Leserforums haben wir aus den unterschiedlichen Zuschriften eine Auswahl für Sie zusammengestellt.
Keine blinde Abhängigkeit
„Gute Beziehungen mit China sind für Deutschland extrem wichtig, da sie Wohlstand und Entwicklung in Deutschland und Europa fördern.
Trotzdem benötigt Deutschland eine Strategie, um Schlüsseltechnologien selbst zu beherrschen und auch zu fördern. Keinesfalls sollte sich Deutschland in blinde Abhängigkeit zu irgendeinem anderen Staat begeben und damit erpressbar werden. Eine vollständige Unabhängigkeit ist in einer Beziehung nie möglich, allerdings kann man das Risiko minimieren und die Vorteile einer guten Beziehung für sich lukrieren.
Eine Null-oder-Eins-Politik (entweder – oder) wird uns nicht weiterbringen.“
Peter Haberler
Gegen den Untergang der Work-Life-Balance
„Ohne die Leistungsbereitschaft asiatischer Kulturen würde Europa wohl dem wirtschaftlichen und moralischen Work-Life-Balance-Untergang entgegensteuern. Insofern kann ein diversifizierter Austausch zwischen diesen Kulturen, und dieser wird nun einmal durch Handel befördert, uns doch grundsätzlich nur nutzen.“
Hendrik Meyer
Die Lösung: eine ausgewogene Handelspolitik
„Die wirtschaftliche Beziehung zwischen Deutschland und der Volksrepublik China ist für beide Seiten von entscheidender Bedeutung, da China zu den Hauptabnehmern in Schlüsselsektoren wie der Automobilindustrie und dem Maschinenbau gehört.
Die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit, darunter geopolitische Spannungen und die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, haben jedoch die Risiken einer übermäßigen Abhängigkeit von diesem Markt hervorgehoben. Es wird zunehmend deutlich, dass Deutschland seine Handelsbeziehungen diversifizieren muss, um die nationale Wirtschaft gegen globale Schocks zu schützen.
Eine vollständige Trennung von China wäre allerdings weder praktikabel noch wirtschaftlich sinnvoll angesichts der tief verankerten globalen Lieferketten und Chinas Rolle in der Hightech-Industrie. Die Lösung liegt in einer ausgewogenen Handelspolitik, die einerseits die Zusammenarbeit mit China weiterhin fördert, andererseits aber auch auf die Stärkung alternativer Partnerschaften und Märkte abzielt.“
Nico Reich
Es lebe der freie Welthandel
„Sicherlich muss eine Abhängigkeit von Produkten oder Materialien unbedingt vermieden werden. Den Fehler wie mit dem russischen Öl sollte es nicht mehr geben (wenn möglich zum Beispiel seltene Erden).
Ansonsten lebe der freie (bei gleichen Bedingungen) Welthandel.“
Peter Horbach
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Für eine Beziehung auf Augenhöhe
„Selbstverständlich darf sich Deutschland nicht in eine unumkehrbare Abhängigkeit fallen lassen und sollte auf eine Beziehung auf Augenhöhe setzen, sich auf seine Stärken konzentrieren und diese sogar ausbauen. In jedem Fall sollte ein Wissensabfluss von deutschem Know-how nach China sowie ein Machteinfluss durch China in deutschen Unternehmen, etwa bei Beteiligungen oder Übernahmen, verhindert werden.
Dem Aufstieg Chinas als bedeutende Wirtschaftskraft mit immer stärker werdendem Innovationspotenzial kann sich langfristig nicht entzogen, jedoch klug, adäquat und mit Weitblick begegnet werden.“
Jörg Elzemann
Das Lagerdenken muss aufhören
„Natürlich ist eine gute Beziehung zu China erforderlich. Nicht nur wegen der Größe des Marktes.
Das fürchterliche Lagerdenken, West gegen Ost, muss endlich angegangen und aufgelöst werden. Die Industrie geht stets dahin, wo sie fertigen und verkaufen kann. Das wird künftig auch in Indien und den Tigerstaaten so sein. Politische Spannungen sind da nicht hilfreich, zumal sie völlig unnötig sind. Sie resultieren doch aus einem Machtanspruch der USA, welcher nicht zu halten sein wird.“
Hartmut F. Wolf
Die globale Arena verändert sich
„Die globale Arena verändert sich – und China nimmt darin eine Schlüsselrolle ein! Mit ambitionierten Projekten wie der ‚KI-Strategie 2030‛ und ‚China Green Energy 2060‛ positioniert sich die Volksrepublik als Vorreiter in der nächsten Generation von Technologien und nachhaltiger Energie.



Deutschland steht am Scheideweg: Um nicht nur mitzuhalten, sondern auch zu führen, müssen wir klare strategische Ziele setzen und innovative Förderprogramme mit einer massiven Investition von über 200 Milliarden Euro schaffen. Eine kluge Diversifizierung und der Aufbau von Resilienz sind unser Schild gegen die Übermacht eines einzigen globalen Partners. Es ist unsere Verantwortung, dass ‚made in Germany‛ auch in 100 Jahren noch weltweit für Qualität, Innovation und führende Marktposition steht.“
Wolfgang G. Behrendt





