Morning Briefing: Söders Veggie-Bashing – fataler Fleischkäse-Fetischismus
Personal-Poker: CDU überrascht bei Digitalministerium / Fleisch-Fetisch: Söders Veggie-Bashing
Liebe Leserinnen und Leser,
- Die Korrektur: Das Verkehrsressort übernimmt für die CDU der bisherige Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Patrick Schnieder. Und nicht die gestern noch gehandelte Ina Scharrenbach.
- Die Überraschung: Das neu geschaffene Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung übernimmt Karsten Wildberger, derzeit Chef des Handelsunternehmens Ceconomy. Die Politik ist Wildberger nicht ganz fremd: Er ist Vizepräsident des Wirtschaftsrats der CDU und in dieser Funktion Nachfolger von Friedrich Merz.
Falls Sie nun denken: „Ceconomy – nie gehört“ dürften Sie in guter Gesellschaft sein. Das im MDax gelistete Unternehmen ist eine Abspaltung der Metro AG und betreibt im Wesentlichen die beiden Elektronik-Kaufhausketten Media Markt und Saturn, die auch schon mal bessere Zeiten gesehen haben. Manche witzeln, dass Wildbergers Erfahrung mit Sanierungsfällen ihm in seinem neuen Job noch zugutekommen könnte.
Tofu-Tümelei oder Fleischkäse-Fetischismus?
Im Umfeld der Regierungsbildung fand ich gestern drei weitere Meldungen bemerkenswert:
- Die gestern als neue CDU-Wirtschaftsministerin vorgestellte Katherina Reiche dürfte die erste deutsche Bundesministerin sein, die mit einem früheren Amtskollegen liiert ist: Reiche und der frühere CSU-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg sind ein Paar. Das ließen die beiden über einen Anwalt bestätigen. Guttenberg war ab Februar 2009 für acht Monate Bundeswirtschaftsminister, bevor er ins Verteidigungsressort wechselte. Er stürzte über eine plagiierte Doktorarbeit und beendete daraufhin seine politische Karriere.
- Levin Holle, derzeit Finanzchef der Deutschen Bahn, soll künftig wirtschaftspolitischer Chefberater von Friedrich Merz werden und die Abteilung für Wirtschaftspolitik im Kanzleramt leiten. Unter dem scheidenden Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte diese Aufgabe Jörg Kukies, der mittlerweile Finanzminister ist. Der 57-jährige Holle kennt nicht nur das Elend der Bahn-Bilanzen, sondern auch das Politikgeschäft: Er war sechs Jahre Leiter der Finanzmarktabteilung im Bundesfinanzministerium. Holle war auch als möglicher Nachfolger von Bahnchef Richard Lutz gehandelt worden.
- Den Preis für das dämlichste Statement im Zusammenhang mit der Kabinettsvorstellung vergebe ich an Markus Söder. Der CSU-Chef kommentierte die Nominierung des gelernten Metzgermeisters Alois Rainer als CSU-Landwirtschaftsminister mit dem Satz:
Das war natürlich ein Seitenhieb auf Rainers Vorgänger, den grünen Vegetarier Cem Özdemir.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich reagiere ziemlich allergisch, wenn mir jemand vorschreiben will, was ich zu essen habe und was nicht (okay, manche Menschen sagen, dass ich generell ziemlich allergisch reagiere, wenn mir jemand etwas vorschreiben will). Ich kann mich aber an keine einzige Gelegenheit erinnern, bei der Özdemir versucht hat, mir ein Tofu-Schnitzel aufzudrängen. Der Einzige, der mich offenbar in Sachen Speisenauswahl bevormunden will, ist Markus Söder.
Fängt die Tofu-Tümelei für den bekennenden Fleisch-Fan Söder womöglich bereits an, wenn man sich als zuständiger Minister für bessere Haltungsformen einsetzt? Oder die Klimafolgen des häufigen Fleischkonsums thematisiert? Das wäre dann wirklich eine traurige Rolle rückwärts in die ganz alte Bundesrepublik.
Lieber Alois Rainer, ein Wunsch: Bitte bringen Sie uns in Ihrem neuen Amt bayerisches „Leben und leben lassen“ statt Söderschen Fleischkäse-Fetischismus!
Stromausfälle legen Spanien lahm
Nach mehr als neun Stunden nahezu kompletter Isolation von der Außenwelt hat Madrid wieder Strom, Internet und funktionierende Telefone. Zwischen 21:30 und 22:30 Uhr gingen gestern Abend in vielen Vierteln der spanischen Hauptstadt die Lichter wieder an, wie spanische Medien unter Berufung auf Bewohner berichteten. Den Angaben zufolge konnten sehr viele Menschen auch wieder ins Internet sowie per Handy und Festnetz telefonieren. Am Dienstagmorgen meldete der nationale Stromnetzbetreiber Spaniens, dass die Stromversorgung seit 6 Uhr zu 99 Prozent wieder hergestellt sei. In Portugal erhalten 95 Prozent der Verbraucher wieder Strom.
Zuvor war gestern in weiten Teilen von Spanien und Portugal über Stunden der Strom ausgefallen. Kurzzeitig war auch das französische Grenzgebiet betroffen. Laut Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez gab es auch am Abend keine schlüssigen Hinweise auf die Ursache des Ausfalls. Die Behörden hatten zuvor einen Hacker-Angriff nicht ausgeschlossen. Der portugiesische Stromversorger REN erklärte dagegen, es gebe zunächst keine entsprechenden Hinweise.
Rund 43 Prozent der elektrischen Energie in Spanien stammen aus Wind- und Solarkraft, wie aus Daten der Denkfabrik Ember hervorgeht. Die Atomkraft steuert weitere 20 Prozent bei, fossile Brennstoffe machen 23 Prozent aus.
Die zuständige Aufsichtsbehörde für das deutsche Stromnetz schloss einen derartig massiven Stromausfall für die Bundesrepublik nahezu aus. „Das ist sehr unwahrscheinlich“, sagte der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, in der ARD. Das deutsche Stromnetz sei redundant ausgelegt. Für den Fall der Fälle gebe es zudem sogenannte Schwarzstartkraftwerke, die das Stromnetz auch ohne externe Energieversorgung wieder aufbauen könnten. Müller:
Risiken für BASF nehmen zu
Die Hauptversammlung des weltgrößten Chemiekonzerns BASF am Freitag findet erstmals nur virtuell statt. Eine Bühnenshow, wie sie sein Vorgänger Martin Brudermüller zelebrierte, wird der neue Konzernchef Markus Kamieth also nicht abliefern müssen.
Zu den Risiken zählt die US-Politik. BASF ist zwar von den US-Zöllen direkt nur wenig betroffen. Doch das Chemiegeschäft reagiert sensibel und schnell auf Konjunkturprobleme. Die Prognosen für die großen Wirtschaftsregionen der Welt werden gerade wegen der geopolitischen Konflikte reihenweise zurückgenommen. Das gilt auch für China, wo BASF ohnehin seit Jahren stetig an Umsatz verliert.
Die Analysten der Berenberg Bank erwarten, dass BASF am Tag der Hauptversammlung seine Prognose für das Gesamtjahr reduzieren wird. Andere Banken sind da weniger pessimistisch.
US-Kampfflugzeug fällt über Bord
Wer gelegentlich auf Booten unterwegs ist, kennt das Phänomen vielleicht: Schlüssel, Handys, Werkzeuge und generell alle Gegenstände, die auch nur im Entferntesten über Bord fallen können, scheinen geradezu magnetisch von der Wasseroberfläche angezogen zu werden. Von daher fühle ich mit der Crew des US-Flugzeugträgers „Harry S. Truman“. Der ist dieser Tage ein Kampfflugzeug vom Typ F/A-18E über Bord gefallen und ins Rote Meer geplumpst. Wert: rund 60 Millionen Euro. Ursache: unklar.
Ich bin gespannt, wie lange US-Verteidigungsminister Pete Hegseth braucht, um für das Missgeschick die angebliche Wokeness-Ideologie in der US-Marine verantwortlich zu machen. Dabei war es doch wahrscheinlich nur diese seltsame Magnetkraft des Wassers.
Ich wünsche Ihnen einen Dienstag ohne Totalverluste.
Herzliche Grüße,
Ihr
Christian Rickens