Morning Briefing: Altman hat die schnelle Rückkehr zu OpenAI nicht geschafft
Machtkampf: Nächste Runde im Führungsdrama bei OpenAI
Guten Morgen, sehr geehrte Leserinnen und Leser,
wer bislang glaubte, die satirische US-Fernsehserie „Silicon Valley“ übertreibe mit ihrer Darstellung von Machtkämpfen in der amerikanischen Tech-Szene, der wurde am Wochenende eines Besseren belehrt. OpenAI, das führende Start-up für Künstliche Intelligenz, erlebt ein beispielloses Führungsdrama. Nachdem Chef Sam Altman am Freitag vom Verwaltungsrat des US-Unternehmens rausgeworfen worden war, stand am Wochenende seine Rückkehr zur Diskussion. Am frühen Montagmorgen zeichnete sich ab, dass der frühere Twitch-CEO Emmett Shear die Führung von OpenAI übernehmen soll und Altman keine neue Chance bekommt.
Altman-Vertraute erklären den Zwist gegenüber dem Handelsblatt mit einer Entfremdung zwischen Altman und Teilen des Verwaltungsrats, der nach eigener Darstellung die gemeinwohlorientierte Mission von OpenAI schützen will.
Führend beteiligt an den Versuchen, Altman zurückzuholen, war US-Medienberichten zufolge Microsoft. Der Tech-Konzern hatte 13 Milliarden Dollar in OpenAI investiert und setzt dessen KI-Lösungen, darunter ChatGPT, in vielen Produkten ein. Altman habe für seine Rückkehr eine Bedingung gestellt, berichten die „New York Times“ und die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Insider: Alle Mitglieder des Verwaltungsrats, die auf seine Entlassung gedrängt hatten, müssten ihre Posten niederlegen.
Seit Freitag führte Technologiechefin Mira Murati übergangsweise OpenAI, über die Sie hier mehr erfahren können.
Mira Murati: Die Technologiechefin von OpenAI übernimmt als Interimschefin.
Foto: AFP/Getty ImagesWeniger laut und krachend wie bei OpenAI, eher langsam und quälend entwickelt sich das Glyphosat-Drama bei Bayer. Ein Geschworenengericht in den USA hat die Bayer-Tochter Monsanto in einem weiteren Glyphosat-Prozess zur Zahlung von mehr als 1,5 Milliarden Dollar verurteilt. Geklagt hätten drei ehemalige Anwender des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup, die ihre Krebserkrankungen auf das Produkt zurückführten. Insgesamt stehen noch in zehntausenden solcher Fälle Einigungen aus. „Das Urteil wird so keinen Bestand haben, wir werden auf jeden Fall Rechtsmittel dagegen einlegen“, erklärte Bayer am Sonntag.
Regierungskandidat Sergio Massa hat bei der Präsidentenwahl in Argentinien seine Niederlage eingeräumt. „Javier Milei ist Präsident“, sagte der amtierende Wirtschaftsminister am Sonntagabend über seinen ultraliberalen Rivalen. Der selbsternannte „Anarchokapitalist“ Milei verspricht eine radikale Kehrtwende: Er will den US-Dollar als gesetzliches Zahlungsmittel einführen, die Zentralbank sowie viele Ministerien abschaffen und die Sozialausgaben kürzen. Regierungskandidat Massa hingegen steht für die bisherige Politik mit massiven Eingriffen des Staates in die Wirtschaft und umfangreichen Sozialprogrammen.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht den Schattenhaushalt namens Klima- und Transformationsfonds (KTF) untersagt hat, wackelt der Umbau der deutschen Industrie zur Klimaneutralität mehr denn je. Viele Programme, die aus dem KTF finanziert werden sollten, sind gefährdet. Das Unternehmen Wacker Chemie befürchtet: „Einige Betriebe werden sich womöglich auch die Existenzfrage stellen.“ Viele Unternehmen wünschen sich nun vor allem rasch Klarheit über Alternativen.
Keinen Mangel an Klarheit gibt es im Tesla-Werk im brandenburgischen Grünheide – zumindest in der Kommunikation von Werksleiter Andre Thierig. „Wir werden das nicht dulden, dass manche sich den Rücken krumm buckeln für andere, die einfach keinen Bock haben, zur Arbeit zu kommen“, sagte Thierig auf einer Betriebsversammlung in Grünheide am 5. Juli, von der dem Handelsblatt ein Mitschnitt vorliegt. Es gebe in seiner Fabrik keinen Platz für Leute, die morgens „nicht aus dem Bett“ kommen.
Der Werksleiter sieht noch ein zweites Problem: eine „deutlich über dem Industriedurchschnitt liegende krankheitsbedingte Abwesenheit“. Tesla müsse sich wehren, wenn „Leute, wie man so schön sagt, krankfeiern“.
Ist das noch unverblümter Führungsstil oder schon Schikane? Das Urteil dürfte wesentlich davon abhängen, auf welcher Seite des Mikrophons man sich befindet.
Geld verleihen, ohne eine Bank zu sein: Dieses Geschäft, im Investorenjargon Private Debt genannt, ist in den vergangenen Jahren rasant gewachsen. Solche privaten Kreditfonds, die Geld bei Großinvestoren einsammeln und es dann weiterverleihen, haben ihr Volumen in den vergangenen Jahren vervielfacht: Vor der globalen Finanzkrise lag das Marktvolumen noch bei 235 Milliarden Dollar, heute wird es auf 1,6 Billionen Dollar geschätzt. Das schnelle Wachstum und die Größe des Markts alarmieren jetzt auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin. Die Kontrolleure fürchten, „dass private Kreditfonds Risiken für den Verbraucherschutz, für die Marktintegrität sowie für die Finanzstabilität bergen könnten“.
Drei Gründe machen Private Debt demnach zum Risiko:
- Die Fonds spielen gerne Vabanque – zum Beispiel mit Darlehen für kleine und mittlere Unternehmen, deren Bonität nicht von den Ratingagenturen geprüft wird.
- Die Transparenzanforderungen der Fonds sind deutlich geringer als bei Banken.
- Die Fonds hebeln oftmals ihre Rendite, indem sie sich selbst Geld zu niedrigen Zinsen leihen und dann zu höheren verleihen.
Die Bafin steht mit ihrer Skepsis nicht allein. Colm Kelleher, Verwaltungsratschef der Schweizer Großbank UBS, sagte vor Kurzem über Private Debt: „Ich denke, die nächste Krise, wenn sie ausbricht, wird in diesem Sektor entstehen.“
Gestern Abend wurden zum vierten Mal die 101 besten Hotels Deutschlands ausgezeichnet, das Handelsblatt ist Medienpartner bei diesem führenden deutschen Hotelranking. Dabei entwickelt sich das Hamburger Vier Jahreszeiten immer mehr zum FC Bayern der Hotellerie – das Grandhotel an der Binnenalster belegt wie in allen Vorjahren den Spitzenplatz.
Das Vier Jahreszeiten Hamburg wurde in diesem Jahr keiner Kategorie zugeordnet, sondern zum „Hotel des Jahres“ erklärt.
Foto: Westend61/Getty ImagesApropos Bayern: Besonders gespannt war ich in diesem Jahr auf den Veranstaltungsort – das Wildbad Kreuth, ein spektakulär am oberbayerischen Alpenrand gelegenes ehemaliges Sanatorium. Der Tegernseer Hotelier Korbinian Kohler will es in den kommenden Jahren in ein Resort verwandeln.
Natürlich habe ich dort gestern eifrig nach dem „Geist von Kreuth“ Ausschau gehalten, der zuverlässig aus seiner Gruft steigt, wenn irgendwo in Deutschland ein Leitartikler über Spannungen zwischen CDU und CSU schreibt. In Wildbad Kreuth hatten die Christsozialen am 19. November 1976 ihre Fraktionsgemeinschaft mit der CDU aufgekündigt – den Beschluss aber nie umgesetzt.
Obwohl ich genau zum Jahrestag dort war, ist mir kein bläulich-schwebender Franz Josef Strauß mit dem Kopf von Helmut Kohl unter dem Arm begegnet. Es scheint also gerade leidlich harmonisch zuzugehen zwischen CDU und CSU.
Ich wünsche Ihnen einen ebensolchen Wochenauftakt.
Herzliche Grüße
Ihr Christian Rickens
Textchef Handelsblatt