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Morning BriefingWenn das Kultmodell auswandert – Die umstrittenen Pläne des VW-Konzerns

Teresa Stiens 11.12.2024 - 06:07 Uhr
Handelsblatt Morning Briefing

VW erwägt, den Golf in Mexiko bauen zu lassen

11.12.2024
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Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

Israel setzt seine Angriffe auf Ziele in Syrien fort. Die israelische Marine hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums die syrische Kriegsmarine zerstört. Zuvor hatte die Luftwaffe bereits den Großteil der Landstreitkräfte der syrischen Armee außer Gefecht gesetzt. Außerdem befinden sich israelische Soldaten in der eigentlich entmilitarisierten Pufferzone auf den Golanhöhen.

Der UN-Sondergesandte für Syrien, Geir Pedersen, forderte Israel auf, seine militärischen Bewegungen und Bombardierungen innerhalb Syriens einzustellen. Währenddessen steht Israels Premier Benjamin Netanjahu in Tel Aviv wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht. Die aktuellen Entwicklungen im Nahen Osten können Sie in unserem Newsblog verfolgen.

Die nun folgende Nachricht ist nicht nur ökonomisch, sondern vor allem symbolisch von höchster Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Meine Kollegen Lazar Backovic und Martin Murphy haben aus Konzernkreisen erfahren, dass Volkswagen sein Kultmodell Golf womöglich zukünftig in Mexiko bauen lassen will. Eine Entscheidung sei aber noch nicht getroffen und könnte auch anders ausfallen, hieß es. Die Verlagerung der Produktionsstätte ins Ausland wäre eine Zäsur in der Konzerngeschichte. Schließlich wurde der Golf als Ikone deutscher Autotechnik bisher durchgehend im Stammwerk in Wolfsburg gebaut.

Jubiläums-Golf in Wolfsburg: Volkswagens erfolgreiches Fahrzeug feiert in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag. Foto: Moritz Frankenberg/dpa

Acht Golf-Generationen gibt es mittlerweile, mehr als 37 Millionen Mal hat sich das Modell insgesamt weltweit verkauft, so häufig wie kaum ein anderes Fahrzeug. Den Golf ausgerechnet jetzt nach Mexiko abzugeben, wäre auch für die aktuellen Tarifverhandlungen ein unglückliches Signal. VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo hatte den Mittelklassewagen als Beispiel für die Innovationskraft von VW gelobt: „Unser Golf ist Kult weltweit, und er ist seit Jahrzehnten ein Anker für Stabilität in Niedersachsen, in Deutschland und weit darüber hinaus.“ Wenn es nach ihr ginge, dann solle das auch so bleiben.

Da wird ein 50-jähriger Familienvater in New York erschossen und tausende von Amerikanern feiern seinen Tod in den sozialen Medien. Der Mord an Brian Thompson, Chef des Gesundheitsversorgers United Healthcare vor einer Woche zeigt die große Wut auf das amerikanische Gesundheitssystem. In den Augen vieler Amerikaner repräsentierte Thompson jenes System, das Profit über Gesundheit und Effizienz über Menschenleben stellt.

Zwar geben die USA mit 16,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von allen OECD-Ländern am meisten für Gesundheit aus. Aber noch immer sind rund 25 Millionen Amerikaner nicht versichert. Weitere Dutzende Millionen können sich trotz Versicherung notwendige Tests, Operationen und Medikamente wegen der hohen Selbstbeteiligung nicht leisten. Thompson galt als Inkarnation dieses Systems, denn United Healthcare hat die höchste Ablehnungsquote aller US-Krankenversicherer. Nach dem Mord teilten zehntausende Amerikaner im Internet ihre persönlichen Erfahrungen mit Chemotherapien oder Operationen für Kinder, die von United verweigert wurden.

Auf offener Straße wird Brian Thompson, Chef des US-Krankenversicherers United Healthcare, in New York erschossen. Foto: via REUTERS

In so einer schwierigen Lage haben es vermeintliche Heilsbringer leicht, die versprechen, das kranke System gesundzuschrumpfen. So wie der parteilose ehemalige Präsidentschaftsanwärter Robert F. Kennedy Junior, der im Kabinett Trump neuer Gesundheitsminister werden soll. Er hatte im Wahlkampf genau wie Trump versprochen, die Medikamentenpreise in den USA zu senken. Außerdem will die neue Regierung die Ausrichtung der medizinischen Forschung verändern. Mit einem Umsatzvolumen von 678 Milliarden Dollar entfiel 2023 die Hälfte des Welt-Pharmamarktes auf die Vereinigten Staaten. Der US-Markt ist somit der mit Abstand lukrativste Pharmamarkt der Welt.

Nicht nur die Pharmakonzerne sehen Kennedys Nominierung als Gesundheitsminister kritisch. Gestern wurde bekannt, dass sich 77 Nobelpreisträger in einem Brief gegen die Ernennung aussprechen. Forscher und Ärzte befürchten, dass mit Kennedy die Gesundheitspolitik nicht mehr wissenschaftsbasiert sei, sondern von Mythen und Verschwörungstheorien bestimmt würde. Er befeuerte jahrzehntelang die Anti-Impf-Bewegung in den USA und verglich die Maßnahmen während der Coronapandemie mit Zuständen in Nazideutschland.

Die Deutschen verschulden sich immer mehr – vor allem, weil die Lebenshaltungskosten stark gestiegen sind. Das beobachtet die Wirtschaftsauskunftei Creditreform, mit der mein Berliner Kollege Dietmar Neuerer gesprochen hat. Für 2024 gehen die Experten von einem „signifikanten Zuwachs“ der Privatinsolvenzen aus. Der Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch erklärt:

„Menschen aus unteren Einkommensklassen müssen einen erheblichen Anteil ihres Geldes für Güter des täglichen Bedarfs, Miete, Energie und Lebensmittel aufbringen.“

Außerdem sieht er ein erhöhtes Risiko für junge Menschen, in die sogenannte „Buy now, pay later“-Falle zu tappen. Gemeint sind Einkäufe auf Pump und kleine Ratenkredite, die für Verbraucher vergleichsweise einfach zu haben sind. Auch 2025 wird die Inflation vermutlich weiter steigen, sodass viele Menschen laut einer Forsa-Umfrage mittlerweile befürchten, ihre Lebenshaltungskosten in Zukunft kaum noch bezahlen zu können.

Kunde im Supermarkt: Die Preise für Lebensmittel sind teurer geworden. Foto: IMAGO/Wolfgang Maria Weber

Nach einem Briefing mit so vielen düsteren Themen habe ich mir Mühe gegeben, Ihnen zum Abschluss noch eine gute Nachricht zu präsentieren. Nach langem Suchen habe ich eine gefunden – zumindest für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Im kommenden Jahr müssen die nämlich im bundesweiten Durchschnitt 0,7 Tage weniger arbeiten als noch in diesem Jahr, weil unter anderem der Arbeitstag am 29. Februar entfällt.

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Sie können sich ja jetzt schon einmal überlegen, was Sie mit Ihrem freien Zwei-Drittel-Tag anfangen wollen. Den Keller ausräumen, einen Ausflug machen oder einfach nur auf der Couch liegen und sich freuen, wenn Sie in Bayern wohnen. Dort gibt es nämlich bundesweit (zumindest in einigen Regionen) die meisten Feiertage.

Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, an dem Sie etwas mit Ihrer Freiheit anzufangen wissen.

Es grüßt Sie herzlich
Ihre
Teresa Stiens

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