Morning Briefing: Wie berechtigt ist der Hype um Kamala Harris?

Hoffnung oder Enttäuschung? Der Hype um Kamala Harris
Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,
Hoffnung ist ein starkes Gefühl – und ein hochansteckendes. In den USA grassiert es gerade unkontrollierbar im ganzen Land. Auslöser ist die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris, die den greisen Joe Biden ablöste und seitdem die Massen für sich begeistert. Doch Hoffnung kann auch ein sehr trügerisches Gefühl sein. Und nicht selten folgt auf Hoffnung Enttäuschung, die umso herber ausfällt, je größer vorher die Euphorie war.
Handelsblatt Washington-Korrespondentin Annett Meiritz hat zusammen mit meinen Kollegen Moritz Koch und Jens Münchrath einen Blick hinter das Gefühl der Hoffnung geworfen und sich das Phänomen Harris genau angeschaut. Denn abgesehen von der Tatsache, dass sie kein greiser weißer Mann ist, stellen sich die Fragen: Wofür steht Harris eigentlich? Und wie groß sind ihre Chancen auf den Einzug ins Weiße Haus?
Im nationalen Umfragedurchschnitt hat Harris einen hauchdünnen Vorsprung vor Trump, was einem Unentschieden entspricht. Aussagekräftiger sind die Umfragen in den Swing States, und hier ist der Harris-Aufschwung messbar. Die renommierte US-Wahlforscherin Celinda Lake sagt dem Handelsblatt:
Harris ist auch deshalb in einigen Umfragen an Trump vorbeigezogen, weil sie sich selbst und ihre eigenen Botschaften in den Vordergrund rückt. Der US-Kommentator Ezra Klein hat es passend formuliert: „Biden hat Trump vergrößert, Harris verkleinert ihn.“ Doch es bleibt ein extrem enger Wahlkampf, der in beide Richtungen gehen kann.

Und auch das gehört zur Wahrheit: Das in Europa gängige Bild einer stumpfen America-first-Autokratie unter Donald Trump versus einer blühenden, auf internationale Kooperation ausgerichteten Demokratie unter Harris ist zu simpel, um die komplexe amerikanische Realität zu erfassen. Europa sollte sich also hüten, sich zu sehr von dem Gefühl der Hoffnung anstecken zu lassen, das derzeit über den Atlantik schwappt.
Denn selbst bei einem Wahlsieg der Demokraten würde gelten „America first“. Auch die Biden/Harris-Regierung verfolgt eine Wirtschaftspolitik, die sich zuallererst an Amerikas Eigeninteressen orientiert.
Was bezweckt die Ukraine mit der Besetzung russischen Territoriums? Und kann sie den Verlauf des Krieges so zu ihren Gunsten beeinflussen? Zwei wichtige Fragen, die für die Ukraine von existenzieller Bedeutung sind. Der Angriff Kiews habe immense militärische Schwächen des russischen Militärs offenbart, schreibt Handelsblatt-Auslandschefin Nicole Bastian. Die ukrainische Offensive lasse Kremlchef Wladimir Putin so schwach erscheinen wie selten.
Kiew hat damit ein Ziel erreicht, nämlich die Stimmung in der russischen Bevölkerung zu beeinflussen, indem es den Krieg nach Russland brachte. Nicole Bastian hofft, dass dadurch eine Chance erwachsen könne, ein Unmut in der russischen Bevölkerung und Elite.
„Das Momentum ist derzeit aufseiten Kiews“, schreibt sie in ihrem Kommentar, den Sie hier nachlesen können. Alle aktuellen Entwicklungen in der russischen Region Kursk und an der ukrainischen Front finden Sie in unserem Live-Blog.

In München wird aufgeatmet. Deutschlands größter Agrar- und Baustoffkonzern, Baywa, erhält von Gläubigerbanken und Hauptaktionären eine kurzfristige Finanzspritze von mehr als einer halben Milliarde Euro und bleibt deshalb vorerst zahlungsfähig.
Doch das Unternehmen hat einige Hausaufgaben zu machen, wie Baywa-Chef Marcus Pöllinger demütig einräumt. Dahinter verbergen sich weitgreifende Restrukturierungsmaßnahmen wie Personalabbau und der Verkauf von Unternehmensteilen.
Ein Insider sagt: „Das wird ein harter Sanierungskurs, es geht ans Eingemachte.“ Baywa muss sich wieder stärker auf das Kerngeschäft konzentrieren. Die Banken wollen regelmäßig überprüfen, ob Baywa seine Hausaufgaben auch tatsächlich erledigt. Im 14-Tage-Rhythmus soll das Management laut Industriekreisen über die Fortschritte bei der Restrukturierung berichten.
Im Internet kursieren derzeit Bilder, die den ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush dabei zeigen, wie er auf seinem Schreibtisch eine Line Kokain zieht. Es kursieren Bilder von Donald Trump, der mit zwei Revolvern in die Luft schießt und es kursieren Bilder von dem Pokémon Pikachu mit einer AK-47. Bei den Bildern handelt es sich nicht um echte Fotos, sondern um Beweise, was passiert, wenn eine Bildgenerierungs-KI vollkommen freidreht.

Die Bilder stammen aus dem Bildgenerator Flux.1 des Freiburger Start-ups Black Forest Labs, das mit Elon Musks KI-Modell „Grok“ über dessen Plattform X zusammenarbeitet. Laut eigener Aussage soll die Künstliche Intelligenz aus dem Breisgau besser sein als die der Konkurrenten und etwa Schriften, Markenlogos und die Anatomie des Menschen genau darstellen können.
Viel deutet darauf hin, dass dieser Vorteil auch daher rührt, dass Flux.1 sehr viel mehr erlaubt wird als anderen Bildgeneratoren. Im Gegensatz zu konkurrierenden Anbietern wie Dall-E oder Midjourney scheint Flux.1 das Erstellen von Bildern von realen Personen und Gewalttaten nicht zu verbieten. Nutzer genießen so sehr viel mehr Freiheiten. Vielleicht sind es zu viele.
Zum Abschluss bleiben wir noch kurz bei den erstaunlichen Auswüchsen Künstlicher Intelligenz. Das Textmodell Chat-GPT scheint des Öfteren verwirrt zu sein, wenn es über die Audiofunktion kommunizieren soll. Die Financial Times berichtet, dass es Nutzern, die auf Englisch mit ihm sprachen, auf Walisisch geantwortet haben soll. Falls Sie sich fragen, wo der Unterschied liegt, nur so viel: Walisisch ist für Englisch sprechende Menschen vollkommen unverständlich.
Ein ähnlicher Fehler war bereits im Februar aufgetreten, als Chat-GPT plötzlich „Spenglisch“, eine Mischung aus Spanisch und Englisch, sprach.
Wie so oft liegt der Fehler in den Trainingsdaten, bei denen wohl Englisch fälschlicherweise als Walisisch markiert wurde. Ich habe großes Mitgefühl mit Chat-GPT. Mir ist es schon oft genug passiert, dass ich in Frankreich mit Menschen Spanisch und in Spanien mit Menschen Französisch gesprochen habe. Walisisch ist mir bisher aber noch nicht herausgerutscht.
An dieser Stelle möchte ich Ihnen aber ein fröhliches „Vi ses igen“ zurufen. Das ist wohl Dänisch und bedeutet so viel wie „Bis bald mal wieder“. Ich verabschiede mich in den Sommerurlaub nach Skandinavien und übergebe den Staffelstab wieder an meinen Kollegen Christian Rickens.
Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, an dem Sie immer die richtigen Worte finden.





Es grüßt Sie herzlich
Ihre
Teresa Stiens
Redakteurin Handelsblatt
PS: In dieser Woche haben wir Sie gefragt, was Sie vom FDP-Vorschlag halten, das Bürgergeld für alle Empfängerinnen und Empfänger zu kürzen. Eine Auswahl der Leserkommentare finden Sie hier.





