Morning Briefing: Wieso Anleger der Wirtschaft mehr vertrauen als dem Staat
Anleihen: Anleger vertrauen Unternehmen
Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,
Die Wirtschaft ist vertrauenswürdiger als der Staat – so lässt sich das Votum vieler Anlegerinnen und Anleger auf dem Anleihenmarkt zusammenfassen. Denn während unter anderem französische Staatsanleihen mittlerweile geradezu als Risikopapiere gelten, boomt das Geschäft mit neuen Unternehmensanleihen.
Das zeigt: Während sich die Investoren zunehmend um die in vielen Ländern deutlich steigende Staatsverschuldung sorgen, sehen Anleger bei großen Unternehmen offensichtlich kein Problem.
In Frankreich möchte die Wirtschaft das Vertrauen der Anleger nutzen, um sich in politisch unsicheren Zeiten vorzufinanzieren. Noch bevor der mittlerweile sechste französische Premierminister unter Emmanuel Macron sein Schicksal mit einer Vertrauensfrage besiegelte, brachten viele französische Unternehmen neue Anleihen auf den Markt – darunter die Supermarktkette Carrefour, der Telekomkonzern Orange und der Lebensmittelkonzern Danone. Der Trend geht über Frankreich hinaus.
Bosch muss Kosten senken um Rendite zu retten
Dass die Automobilzulieferer eine schwere Zeit durchmachen, ist nichts Neues. Welche Auswirkungen das konkret auf die Unternehmen hat, zeigt sich mittlerweile allerdings immer deutlicher. Am gestrigen Montag wurde bekannt, dass Marktführer Bosch bis 2030 massive Einsparungen vornehmen will, um die Kosten jährlich um 2,5 Milliarden Euro zu senken. Das erklärten Sektorvorstand Markus Heyn und Arbeitsdirektor Stefan Grosch der „Stuttgarter Zeitung“.
Hintergrund ist das ambitionierte Ziel, eine Rendite von sieben Prozent zu erzielen. Das Unternehmen braucht nach eigener Aussage genug Rendite, um als Stiftungsunternehmen langfristig finanziell unabhängig zu bleiben. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Bosch seine eigenen Renditeziele bisher nur selten erreicht hat. Zusätzlich zu den bereits bekannten 9000 Stellen dürften jetzt noch weitere Arbeitsplätze wegfallen – vor allem in Deutschland.
Amazon investiert gerne in Deutschland
Deutlich besser läuft es hingegen derzeit für den Onlinehandel. Für den Paketgiganten Amazon ist Deutschland der zweitwichtigste Markt nach den USA – was dazu führt, dass das Unternehmen aus Seattle hierzulande kräftig investiert. Amazon-Deutschlandchef Rocco Bräuniger hat meinem Kollegen Florian Kolf verraten, dass sein Unternehmen von 2010 bis Ende 2023 rund 77 Milliarden Euro in Deutschland ausgegeben hat und seitdem weiter spendabel ist.
Doch bei der Kauflaune der Deutschen beobachtet Bräuniger eine gewisse Zurückhaltung. Seine Diagnose: Das aktuelle wirtschaftliche Klima sei für Verbraucher und Unternehmer gleichermaßen herausfordernd. Helfen würde ein echter europäischer Binnenmarkt, analysiert Bräuniger, den er bisher nicht komplett verwirklicht sieht. „Wenn Sie zum Beispiel als Onlinehändler einen Elektronikartikel mit Batterien in drei europäischen Ländern verkaufen wollen, müssen Sie sich bei neun verschiedenen Behörden registrieren“, ärgert er sich. Bei vielen Unternehmen seien die Compliance-Teams deshalb stärker gewachsen als die Innovationsteams.
Lieferschwierigkeiten bei Airbus
Ein Flugzeug ohne Triebwerk ist wie ein Auto ohne Motor – weit kommt man damit nicht. Und da sich Flugzeuge, die nicht fliegen, nur schlecht verkaufen, könnte der europäische Produzent Airbus seine Auslieferungsziele in diesem Jahr doch noch verfehlen. Denn das Unternehmen hat Probleme mit seiner Lieferkette und ganz konkret mit der Verfügbarkeit von Triebwerken. Dementsprechend standen Ende Juli 60 sogenannte Glider bei Airbus – fertige Flugzeuge ohne Motoren. Laut Branchenkennern ist diese Zahl im August sogar auf 70 gestiegen.
Durchbruch im Handelsstreit?
US-Präsident Donald Trump scheint in bester „Dealmaker“-Laune. Gestern gab er über seine eigene Social-Media-Plattform „Truth Social“ bekannt, dass es wohl einen Durchbruch im Handelsstreit mit China gebe. Eigentlich sollen die Gespräche dazu im spanischen Madrid noch bis heute Abend andauern. Aber Trump schickt schon einmal einen Spoiler in die Welt: Das Treffen sei „sehr gut“ gelaufen und es gebe auch schon einen Deal zu einem gewissen Unternehmen, das die jungen Leute in den USA unbedingt retten wollten.
Die Rede ist von der Kurzvideo-App TikTok, der im US-amerikanischen Raum wegen ihrer Datensammlung eine Sperre drohte. Details zu der Einigung zwischen den USA und China gibt es bisher nicht. Trump schrieb, er werde am Freitag mit Chinas Präsident Xi Jinping sprechen.
Eine Partnerschaft mit Großbritannien
Auch mit Großbritannien möchte der US-Präsident offenbar einen lukrativen Deal abschließen. Ab heute reist Trump gemeinsam mit seiner Frau Melania in das Vereinigte Königreich und wird dort morgen das britische Königspaar sowie Prinz William und Prinzessin Kate treffen. Im Zuge der Reise will der US-Präsident offenbar ein Wirtschaftsabkommen im Wert von mehr als zehn Milliarden Dollar bekannt geben, berichtet die Finanznachrichtenagentur Bloomberg und beruft sich auf mehrere US-Beamte.
Es gehe um eine Partnerschaft im Bereich Wissenschaft und Technologie. Trump und Großbritanniens Premier Keir Starmer werden voraussichtlich auch ein Abkommen über die Zusammenarbeit im Bereich Verteidigungstechnologie sowie Maßnahmen zur Vertiefung der Beziehungen zwischen den führenden Finanzzentren beider Länder bekannt geben.
Das vorhersehbare Ende der Labubus
Zum Abschluss werfen wir noch einen Blick auf einen Hype, der wohl langsam zu Ende geht. Grinsende Plüschmonster, sogenannte „Labubus“ waren in den letzten Monaten die Stars an der Börse – genauer gesagt die Papiere des chinesischen Herstellers Pop-Mart. Doch das Gewese um die Kuscheltiere, die auch von Promis als Accessoires an Handtaschen getragen wurden, scheint vorbei. Am Montag fielen die Aktien des chinesischen Spielzeugherstellers in Hongkong um fast neun Prozent.
Beobachter hätten schon vor einiger Zeit darauf kommen können, dass sich die Labubus auf dem Weg in das konsumtive Nirvana der Irrelevanz befinden. Denn es ist nur wenige Wochen her, dass ALDI in den USA auf den Trend aufgesprungen ist. Und die Verfügbarkeit beim Discounter ist bekanntermaßen der Sargnagel jeder globalen Trendgeschichte.
Nach meinem kurzen Gastspiel verabschiede ich mich vorerst wieder von Ihnen. Ich wünsche Ihnen einen schönen Dienstag und Christian Rickens gute Genesung nach seiner Weißheitszahn-OP – hoffentlich ohne Hamsterbacke.
Es grüßt Sie herzlich Ihre
Teresa Stiens