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Morning BriefingZoff um Stromsteuer – „In Rekordgeschwindigkeit auf Ampel-Niveau“

Christian Rickens 01.07.2025 - 06:01 Uhr Artikel anhören
Morning Briefing

Koalitionskrach: Stromsteuer entzweit Union und SPD

01.07.2025
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Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser!

In den vergangenen Monaten liefen die Aktien europäischer und speziell deutscher Großunternehmen deutlich besser als die ihrer amerikanischen Counterparts. Der Euro Stoxx mit den 50 größten Konzernen der Euro-Zone hat seit Jahresbeginn um rund neun Prozent zugelegt, der Dax um 20 Prozent.

In den USA stieg der S&P 500 lediglich um vier Prozent. Auslöser für die Trendwende an den Börsen ist die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump und die damit verbundene Sorge vor einer Abschwächung der amerikanischen Wirtschaft.

Die Gewinnentwicklung auf beiden Seiten des Atlantiks rechtfertigt diese US-Skepsis nicht. Die 500 nach Umsatz größten Börsenunternehmen in den USA haben im abgelaufenen Geschäftsjahr so hohe Gewinne eingefahren wie nie zuvor. Nach Ablauf aller Kosten summiert sich der Gesamtgewinn auf 1,3 Billionen Euro – 1,5 Prozent mehr als im Vorjahr.

Gleichzeitig sanken die Gewinne der 500 größten Börsenkonzerne in Europa um fünf Prozent auf 616 Milliarden Euro. Zu diesem Ergebnis kommen Berechnungen des Handelsblatt Research Institute. Für das Gesamtjahr 2025 prognostizieren Analysten im Schnitt einen Gewinnzuwachs von knapp 16 Prozent für die USA, aber nur 5,5 Prozent für Europa. Unsere Grafik zeigt den anhaltenden transatlantischen Unterschied in der Gewinnentwicklung anhand der Umsatzrendite.

US-Konzerne verdienen deutlich mehr Geld als europäische. Foto: Reuters, brckmnn [M]

Tatsächlich nämlich schaden die Turbulenzen in den USA auch den Renditen der europäischen Unternehmen – vor allem auf dem Umweg über den Wechselkurs: Seit Jahresbeginn hat der Euro gegenüber dem US-Dollar um 13 Prozent aufgewertet.

„Die zunehmenden Defizitsorgen der USA führen zu einem anhaltenden Abzug von Kapital“, erklärt Norbert Frey, Leiter des Fondsmanagements bei der Fürst Fugger Privatbank. „Diese politische Unsicherheit fördert die Abwertung des US-Dollars.“

Je mehr der Euro an Wert gewinnt, desto teurer werden europäische Waren im Dollar-Raum und damit weniger wettbewerbsfähig. Zudem verringern sich die Erträge in der Bilanz, sobald die Unternehmen ihre im Dollar-Raum erzielten Erträge in Euro umrechnen.

Fazit: US-Konzerne sind an der Börse im Schnitt nach wie vor höher bewertet als europäische. Dieser Unterschied beruht jedoch nicht auf bloßer Übertreibung. Oder wie es Handelsblatt-Aktienspezialist Ulf Sommer formuliert:

Bislang spricht nichts für ein Ende der Überlegenheit amerikanischer Aktien. Trotz Donald Trump, der viel zur Verunsicherung des weltweit größten Finanzplatzes beiträgt.

Koalitionskrach um Stromsteuer

Am Mittwoch werden die Spitzen der schwarz-roten Koalition zum zweiten Mal zum Koalitionsausschuss zusammenkommen. Das Treffen ist wegen der Stromsteuer zum inoffiziellen Krisengipfel erklärt worden. „Die Union begibt sich in Rekordgeschwindigkeit auf Ampel-Niveau“, heißt es aus der SPD angesichts des jüngsten Streits. Im Kanzleramt soll deshalb auch die „Arbeitsweise der Koalition“ auf der Tagesordnung stehen.

Das Treffen der Koalitionäre wurde offiziell zum Krisentreffen erklärt. Foto: Bloomberg

In der vergangenen Woche hatten Union und SPD beschlossen, die Stromsteuer nicht wie versprochen zum 1. Januar 2026 für alle Betriebe und Verbraucher zu senken, sondern nur für große Unternehmen. Teile der Union hätten nun doch gerne die schnelle Senkung für alle.

Am Montagmorgen hatte sich Markus Söder zu Wort gemeldet. Zur möglichen Gegenfinanzierung der Steuersenkung verwies der CSU-Chef auf Einsparpotenziale im sozialen Bereich:

Wir haben immer noch zu hohe Kosten beim Bürgergeld und anderen vergleichbaren Ausgaben.

SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf kritisierte: Die Union kündige Einigungen der Regierung von der Seitenlinie auf. Schließlich hätten Union und SPD gemeinsam entschieden, die Stromsteuer für alle erst später zu senken. Wenn es jedoch einen Vorschlag gebe, um die vermutlich rund fünf Milliarden Euro Steuerausfälle an anderer Stelle einzusparen, unterstütze die SPD dies:

Dafür müssen aber auch CDU und CSU die Bereitschaft haben, eigene Lieblingsprojekte neu zu priorisieren.

Russland: Haben Luhansk vollständig erobert

Russland hat nach Angaben der Besatzungsbehörden die ostukrainische Region Luhansk vollständig erobert. Das sagte der von Moskau eingesetzte Statthalter der Region, Leonid Passetschnik, im russischen Staatsfernsehen. Bislang gibt es dafür keine Bestätigung aus Kiew.

Zuletzt hielten ukrainische Truppen in Luhansk nur noch ein Territorium von wenigen Quadratkilometern. Kremlchef Wladimir Putin beansprucht neben der bereits 2014 annektierten Krim die ukrainischen Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson vollständig als russisches Territorium.

USA beenden Sanktionen gegen Syrien

Die US-Regierung hebt viele Sanktionen gegen Syrien auf. Präsident Donald Trump unterzeichnete gestern ein entsprechendes Dekret. Den Schritt hatte Trump bereits vor etwa anderthalb Monaten auf seiner Reise im Nahen Osten angekündigt. Sanktionen gegen Syriens früheren Präsidenten Baschar al-Assad sowie seine Mitarbeiter und einige andere Gruppen bleiben nach Angaben des Weißen Hauses bestehen.

In dem Dekret weist Trump zudem das US-Außenministerium an, die Einstufung der islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) als ausländische terroristische Organisation zu überprüfen. Die syrische Übergangsregierung ist zum Großteil aus dieser Gruppe hervorgegangen.

Sanktionen gegen Syriens früheren Präsidenten Baschar al-Assad wurden von den USA aufgehoben. Foto: dpa

Die EU-Außenminister haben bereits Ende Mai die vollständige Aufhebung von Wirtschaftssanktionen gegen Syrien beschlossen.

Benko-Pleite: Uhrenversteck im Weinkeller

Pfunds in Tirol, 21. Januar 2025. Beamte der Sonderkommission Signa betreten einen Vorratsraum im Keller eines Einfamilienhauses. Sie suchen Vermögensgegenstände des insolventen Unternehmers René Benko (Elbtower, Galeria Kaufhof). In dem Haus wohnt die Tante seiner Ehefrau.

An einer Wand finden die Ermittler mehrere Kartons – anscheinend voller Weinflaschen. Als die Beamten die Kartons anheben, haben sie nur eine Hülle aus Pappe in den Händen. Hinter der Kulisse kommt ein Tresor zum Vorschein. Darin: 120.000 Euro in bar und neben weiterem Schmuck insgesamt elf Herrenarmbanduhren – unter anderem eine Rolex Daytona, eine Audemars Piguet Royal Oak in Roségold und eine Patek Philippe Nautilus aus Edelstahl, Referenz 5711/1A. Das Modell gilt als Sammlerstück mit einem Marktwert von über 100.000 Euro.

Die kuriose Episode, über die unsere Investigativ-Reporter René Bender und Sönke Iwersen berichten, könnte für Benko strafrechtlich relevant sein: Er haftete bei seiner Insolvenz mit seinem privaten Vermögen. Das Verstecken von Wertgegenständen wäre deshalb ein Vergehen.

So sieht es auch die österreichische Kriminalpolizei in ihrem Abschlussbericht. Die Ermittler gehen davon aus, dass ein Teil der Gegenstände im Tresor aus Benkos Privatbesitz stammt – Wertsachen, die nicht in seinen Vermögensangaben zum Konkursverfahren auftauchten. Benko selbst sitzt seit Januar wegen verschiedener Vorwürfe in Zusammengang mit der Pleite seiner Signa-Holding in Untersuchungshaft.

Palästinenser gedenken israelischer Hamas-Opfer

Zum Abschluss eine Nachricht, zu der ich nichts weiß, was über die nüchterne Meldung der Deutschen Presseagentur hinausgeht. Und deren Inhalt mir dennoch als das Menschlichste und Vernünftigste erscheint, was ich seit langem zum Nahostkonflikt gelesen habe.

Palästinenser im Gazastreifen haben laut einer israelisch-arabischen Friedensinitiative bei Mahnwachen Fotos von israelischen Kindern gezeigt, die beim Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 ermordet worden waren. Auch Eltern, die durch den Gaza-Krieg selbst Kinder verloren haben, hätten sich an der Aktion beteiligt, teilte die Organisation „Standing Together“ auf der Plattform X auf hebräisch mit. Wie viele Menschen an den stillen Protesten teilnahmen, bleibt unklar.

Die Kundgebungen seien inspiriert gewesen von Aktionen in Israel, bei denen Demonstranten ihrerseits Fotos von im Gaza-Krieg getöteten Kindern zeigten, hieß es weiter. „Unser Schmerz macht uns nicht blind für das Leid anderer“, sagte der Veranstalter der Mahnwachen im Gaza-Streifen laut „Standing Together“.

Ich wünsche Ihnen einen Dienstag, an dem Sie die Augen offen halten.

Herzliche Grüße,

Verwandte Themen USA Donald Trump US-Dollar SPD Palästina Syrien

Ihr

Christian Rickens

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