CDU Fünf Politiker aus NRW buhlen um Laschets Nachfolge als CDU-Chef

Laschet, erst seit Januar amtierender Parteivorsitzender, will die Partei nach dem historisch schlechtesten Wahlergebnis geordnet übergeben – bevor er Platz für jemand anderen macht.
Berlin Die Zeichen in der Union zeigen Richtung Neuanfang – und zwar eines zügigen. Armin Laschet, erst seit Januar amtierender Parteivorsitzender, will die Partei nach dem historisch schlechtesten Wahlergebnis, das die Union jemals bei einer Bundestagswahl erzielt hat, geordnet übergeben – bevor er Platz für jemand anderen macht.
„Im Januar, spätestens Anfang Februar“, werde die CDU ihren nächsten Bundesparteitag abhalten, hieß es am Montag aus dem Präsidium der Partei, das ebenso wie der Bundesvorstand tagte. Dort hatte Laschet vorgeschlagen, wie sich die Partei aus seiner Sicht inhaltlich und personell neu aufstellen solle. Seinen Vorschlag hatte er zuvor eng mit der Parteiführung abgestimmt. „Das ist ein guter Weg, den wir in den letzten Tagen vorbereitet haben“, hieß es.
Generalsekretär Paul Ziemiak sagte nach den Sitzungen: „Es braucht in Zukunft mehr Mitgliederbeteiligung.“ Dazu werde es am 30. Oktober eine Kreisvorsitzenden-Konferenz geben. Am 2. November solle der Bundesvorstand entscheiden und je nachdem, wie umfangreich die Beteiligung ausfalle, werde über einen Termin für den Bundesparteitag entschieden. „Wir haben sehr intensiv und kontrovers diskutiert“, sagte Ziemiak. Es gelte Verfahrensfragen zu klären, etwa welche Gliederung die Kandidaten vorschlagen dürfe, hieß es.
Ministerpräsidenten wie Daniel Günther aus Schleswig-Holstein und Michael Kretschmer aus Sachsen hätten sich nicht mit ihrer Forderung durchsetzen können, den Parteitag „noch im Verlauf dieses Jahres“ durchzuführen. Er soll wohl in Dresden stattfinden.
Doch ging es nicht nur um die Partei, sondern auch um die unwahrscheinliche Möglichkeit, dass sich SPD, Grüne und FDP nicht auf eine Ampelkoalition verständigen und FDP und Grüne noch einmal das Gespräch mit der Union suchen. Ziemiak verwies darauf, dass die Union auch nach der Wahl „ein Angebot gemacht“ habe. „Deswegen geht es zuerst um die Frage: Was ist wichtig für Deutschland? Danach geht es um die Frage: Was ist wichtig für die CDU?“
Fünf Männer aus NRW stehen bereit
In der Tat hat Laschet hinter verschlossenen Türen klargemacht, dass die Union auch „für den unwahrscheinlichen Fall“ handlungsfähig und gesprächsbereit sei. Er werde es „an seiner Person nicht scheitern lassen“. Ähnlich hatte er sich bereits am Donnerstag geäußert und sowohl die Verhandlungsführung und eine nach erfolgreichen Jamaika-Verhandlungen mögliche Kanzlerschaft nicht mehr für sich reklamiert.
Inhaltliche Fragen stehen indes noch nicht im Vordergrund angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen 2022, auch wenn dies allseits als prioritär gesehen wird. „Mindestens ebenso wichtig wie Personen ist die Auseinandersetzung mit dem inhaltlichen Kompass der Union“, sagte Präsidiumsmitglied Bernd Althusmann dem Handelsblatt. Es gehe um die „Idee einer modernen Union“, etwa in Fragen der Familien- und Kinderpolitik, in Fragen des Klimas und der Sicherheit.
Das mögliche neue Spitzenpersonal der CDU besteht in diesen Tagen aus fünf Personen, die alle um die Macht in der Partei ringen und alle aus Nordrhein-Westfalen kommen. In den Gremien gab es die Forderung, „dass die Herren die Frage in Nordrhein-Westfalen klären sollen“, um eine Kampfkandidatur zu vermeiden. So ist bereits von einer „Team-Lösung“ die Rede, da es um weit mehr als eine Personalfrage gehe. Zu dem Kandidatenreigen gehören Fraktionschef Ralph Brinkhaus, der Fraktionsvize und Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) Carsten Linnemann, Friedrich Merz, Norbert Röttgen sowie CDU-Vize Jens Spahn. Linnemann werde von der MIT vorgeschlagen werden, so er dies wolle, hieß es.
Der MIT-Landesverband Schleswig-Holstein hielt es vielleicht auch deshalb für begrüßenswert, wenn „ehemalig unterlegene Kandidaten auf eine erneute Kandidatur verzichten würden“, um alte Flügelkämpfe nicht wieder aufleben zu lassen. Damit würden die MIT-Vorstandsmitglieder Merz, Spahn sowie Röttgen ausscheiden.
Idee eines Übergangs-Parteichefs ist vom Tisch
Doch damit ist nicht zu rechnen. Auch ist der Vorschlag vom Tisch, womöglich einen Übergangs-Parteichef ohne eigene Ambitionen zu bestimmen, der sich voll auf die Erneuerung der Partei konzentriere. Der Chef der nordrhein-westfälischen Bundestagsabgeordneten, Günter Krings, hatte vor so einer Entscheidung gewarnt. Ein CDU-Vorsitzender müsse immer auch kanzlertauglich sein. „So viel Selbstbewusstsein sollten wir aktuell noch haben.“
Derweil mahnen die Frauen in der Union an, dass die Herren die Führungsfrage nicht unter sich ausmachen. Die bisherige Vize-Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Nadine Schön (CDU), sagte der „Rheinischen Post“: „Wir haben seit Jahren zu wenig Frauen in Parlament und Partei. Wir müssen mehr werden.“ Zwar sei das Geschlecht des künftigen Vorsitzenden oder der künftigen Vorsitzenden zweitrangig. Es brauche jemanden, „der die Partei zusammenführt und breiter aufstellt“, sagte sie. Gleichwohl habe die Partei lange Zeit weibliche Vorsitzende gehabt. „Das hat der Partei gut getan.“
Die Vorsitzende der Frauen Union, Annette Widmann-Mauz, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Die Neuaufstellung der CDU Deutschlands kann inhaltlich, personell und strukturell nur mit den Frauen in der Partei gelingen.“ Die Frauen Union bringe sich in den jetzt angestoßenen Prozess mit einer Verbands- und Mandatsträgerinnenkonferenz ein. Diese werde zeitnah stattfinden. Der Frauen Union gehören alle weiblichen Mitglieder der CDU an.
Laschet moderiert den Übergang
Die Funktion des Moderators übernimmt in den kommenden Monaten Laschet. Er habe dies am Montag „sehr gut“ gemacht und sei viel gelassener, seit feststünde, dass er keine Führungsaufgabe mehr übernehmen werde. Nun sähen alle „die Chancen im Neuanfang“. Neben dem Vorsitzenden soll auf dem Bundesparteitag auch der gesamte Vorstand neu gewählt werden. Dies habe der amtierende Vorstand einstimmig beschlossen, erklärte Generalsekretär Ziemiak. Es bedürfe dieser Legitimation.
Laut Statuten sind die im Januar gewählten Mitglieder auf zwei Jahre bestimmt. Doch gelten selbst die Statuten nicht mehr als Maß aller Dinge. So ist die Rede davon, dass die Parteimitgliedschaft die komplette CDU-Führung neu bestimmt. Eine Mitgliederbefragung ist nicht rechtlich bindend, da in der CDU das Repräsentationsprinzip gilt. Demnach bestimmt ein Bundesparteitag, zu dem die Organe der Partei Delegierte entsenden. Das jüngste Vorstandsmitglied, Wiebke Winter, forderte mehr Mitmachelemente. Wie bei einem Möbel sei die Verbindung eine andere, wenn es gemeinsam aufgebaut werde.
Sowohl die Junge Union als auch die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) hatten eine Mitgliederbefragung gefordert. Im Antrag der MIT hieß es, die Partei befinde sich an einem „Scheidepunkt“, an dem die Mitglieder einbezogen werden sollten. „Eine vorherige Tour der zur Wahl stehenden Kandidaten durch die CDU-Kreis-/Bezirksverbände, nach dem Vorbild der Regionalkonferenzen, wäre im Sinne eines fairen Wettbewerbs sicher ebenfalls sinnvoll.“
Heftig Kritik in Richtung von Markus Söder
Der niedersächsische Landeschef Bernd Althusmann sagte: „Ich bin sehr für eine Mitgliederbefragung im Falle einer strittigen Wahl.“ Er hielt es wie der ehemalige thüringische Landeschef Mike Mohring für wenig realistisch, dass ein Kandidat im Konsens gefunden werde.
Vor dem Treffen der Parteigremien hatte es innerhalb der Union eine heftige Debatte über die künftige Ausrichtung der Partei gegeben, seit Laschet am Donnerstag seinen Rückzug angedeutet hatte. Die Diskussion ging bis zur Frage, wie es zwischen CDU und CSU weitergehen solle. Ministerpräsident Günther kritisierte das Verhalten von CSU-Chef Markus Söder im Bundestagswahlkampf: Andere in ein schlechtes Licht zu stellen, um selbst besser zu glänzen – das habe man in seiner Zeit als Politikwissenschaftler „södern“ genannt.
Auch im Präsidium habe es Kritik an den „Querschüssen“ aus Bayern gegeben – „in der Vergangenheit wie in der Gegenwart“, wie es hieß. Der ehemalige Regierungssprecher von Helmut Kohl, Friedhelm Ost, bezeichnete Söder gar als einen „Champion der Heuchelei und üblen Falschspieler“, der Laschet „hinterhältig zur Strecke gebracht“ habe. Eine CDU in Bayern könne „eine echte Alternative sein“.
Die Partei will die Ursachen für das Wahldebakel zügig aufarbeiten. Dazu soll es neben den Treffen von Kreisvorsitzenden sowie Landesvorsitzenden auch Konferenzen digital wie vor Ort geben. Auch eine extern bestellte Kommission solle Analysen erstellen, auch zur Wahlkampfführung. „Diese Aufarbeitung ist wichtig“, sagte Ziemiak. Die Ergebnisse sollen noch vor dem Parteitag vorliegen. „Alles auf den Tisch“, laute das Motto. Es sei ein „Meilenstein bei der Frage, wie es weitergeht“.
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"Andere in ein schlechtes Licht zu stellen, um selbst besser zu glänzen – das habe man in seiner Zeit als Politikwissenschaftler „södern“ genannt."
"Andere in ein schlechtes Licht zu stellen, um selbst besser zu glänzen" ist eine ganz normale "Deutsche Tugend" - ist auch im engsten Familienkreis üblich.
"Eine CDU in Bayern könne „eine echte Alternative sein“." Ja, gerne, und eine CSU in allen anderen Bundesländern auch - siehe Freie Wähler! Aus meiner Sicht werden die Freie Wähler im nächsten Bundestag 2025 mit einer hohen Wahrscheinlichkeit vertreten sein. Von Null auf 2,4% das ist schon was!