Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Finanzstabilität Klimarisiken im Finanzsystem beunruhigen EU-Finanzminister

Löst der Klimawandel die nächste Finanzkrise aus? In einem internen Papier spielt die EU die Klimarisiken für das Bankensystem durch. Am Wochenende beraten die Finanzminister darüber.
09.09.2021 - 18:20 Uhr Kommentieren
Die Klimakrise könnte auch noch ein anderes weltweites Problem mit sich bringen: eine erneute Finanzkrise. Quelle: imago images / Christian Ohde
Euro-Münze

Die Klimakrise könnte auch noch ein anderes weltweites Problem mit sich bringen: eine erneute Finanzkrise.

(Foto: imago images / Christian Ohde)

Brüssel Wer an die Folgen des Klimawandels denkt, hat meist Bilder der Zerstörung im Kopf: Dürren, Brände, Wirbelstürme, Überschwemmungen. Doch Ökonomen warnen, dass die Erderwärmung noch eine andere Form von Katastrophe auslösen könnte, eine weniger sichtbare, aber nicht minder zerstörerische: eine Finanzkrise. 

Der Grund für die Beunruhigung: Weltweit pumpen Investoren weiter Geld in die Förderung fossiler Energien, obwohl längst klar ist, dass Öl und Kohle unter der Erde bleiben müssen, um eine Klimakatastrophe abzuwenden. Wenn die Weltgemeinschaft ernst macht mit ihren Klimazielen, drohen den Investoren schwere Verluste, Banken könnten in Schieflage geraten. Kurz: Der Klimawandel stellt eine Gefahr für die Finanzstabilität dar.

Bei ihrem Gipfeltreffen Freitag und Samstag wollen die Finanzminister der EU über das Problem beraten, dass die Märkte dieses Risiko bisher kaum beachten. In einem Diskussionspapier, das dem Handelsblatt vorliegt, schreibt die slowenische Ratspräsidentschaft: „Die systematische Unterbewertung klimabezogener Risiken auf den Kapitalmärkten kann direkte Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage und die Finanzstabilität haben.“ 

Dies erfordere eine politische Reaktion. Es sei „unerlässlich, dass Zentralbanken, Regulierungs- und Aufsichtsbehörden die Analyse klimabezogener Risiken in die Überwachung der Finanzstabilität integrieren“, fordert das EU-Papier. Neben der zunehmenden „Häufigkeit und Intensität von Katastrophen“, die etwa zu einer erhöhten Belastung von Versicherern führen, müssten auch „Übergangsrisiken“ durch strengere Umweltvorschriften beachtet werden.

Was 2009 Hypotheken waren, könnten nun klimaschädliche Darlehen sein

Am Beispiel der CO2-Steuer lässt sich verdeutlichen, um was es geht: Je später ein CO2-Preis eingeführt wird, um die Märkte dazu zu bringen, Emissionskosten zu berücksichtigen, desto höher muss er ausfallen, damit er die Klimaerwärmung noch in Grenzen halten kann. 

Banken müssen daher fürchten, dass Kredite, die sie an Energiekonzerne oder CO2-intensive Industrieunternehmen verleihen, in Zukunft schlagartig an Wert verlieren. Was während der Finanzkrise 2008 Hypotheken an amerikanische Hausbesitzer waren, könnten demnächst klimaschädliche Darlehen sein.

Mit dem Diskussionspapier greift die EU eine Debatte auf, die in Finanzkreisen schon länger geführt wird. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, die auch als „Notenbank der Notenbanken“ bezeichnet wird, hatte schon vor eineinhalb Jahren in einer Studie gewarnt: „Der Klimawandel könnte (…) die Ursache der nächsten systemischen Finanzkrise sein.“

Auch die Europäische Zentralbank hat die Gefahr erkannt. Im Juli hat der EZB-Rat auf eine „unerwünschte Konzentration von klimabezogenen Finanzrisiken“ hingewiesen und beschlossen, „Klimaschutzaspekte stärker in seinen geldpolitischen Handlungsrahmen einfließen zu lassen“. 

Eine andere Frage ist, ob die deutschen Finanzinstitute von sich aus genug unternehmen, um ihr Klimarisiko zu kontrollieren. Die Umweltorganisation Urgewalt hat kürzlich darauf hingewiesen, dass sich trotz aller grünen Bekenntnisse der Banken in Büchern der deutschen Geldhäuser noch Kredite für Klimasünder in Milliardenhöhe finden, konkret: Darlehen an Energie- und Rohstoffkonzerne mit Kohlegeschäft

Grüne Transformation der Wirtschaft wird erschwert

Das EU-Papier weist darauf hin, dass Investitionsentscheidungen, die auf einer falschen Gewichtung von Klimarisiken beruhen, auch die grüne Transformation der Wirtschaft erschweren: „Wenn diese Risiken systematisch unterbewertet werden, ist es weniger wahrscheinlich, dass die Investoren ihr Kapital von Projekten mit hohen Klimarisiken in umweltfreundlichere Investitionen mit geringeren Risiken umschichten“, heißt es darin.

Auf ihrem Gipfel in Slowenien wollen die EU-Finanzminister deshalb folgende Frage diskutieren: „Welche wirtschaftlichen und finanziellen Mechanismen dürften am wirksamsten sein, um Unternehmen dazu zu bewegen, ihr Klimarisiko und ihren CO2-Fußabdruck zu verringern?“ 

Der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold lobt den Ansatz: „Das Papier der Ratspräsidentschaft zeigt, dass nachhaltige Finanzregulierung kein Bürokratiemonster ist, sondern ökonomisch vernünftig. Leider preisen die Märkte Zukunftsentwicklungen erratisch ein und erkennen Risiken zu spät.“ 

Banken strengeren Klimaregeln zu unterwerfen sei daher gerechtfertigt. Es gehe darum, Anleger vor vermeidbaren Verlusten zu schützen – und die nächste Finanzkrise zu verhindern.

Mehr: Langsamer Ausstieg – Deutsche Banken finanzieren noch immer viele Klimasünder

Startseite
Mehr zu: Finanzstabilität - Klimarisiken im Finanzsystem beunruhigen EU-Finanzminister
0 Kommentare zu "Finanzstabilität: Klimarisiken im Finanzsystem beunruhigen EU-Finanzminister"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%