Pandemie Für Österreichs Wirtschaft ist der Lockdown das kleinere Übel

Gesperrtes Skigebiet in Österreich vor einem Jahr: Fällt die Wintersaison erneut aus?
Wien Österreich steht wieder da, wo sich das Land vor genau einem Jahr befunden hat. Die Regierung hat der Bevölkerung einen neuerlichen harten Lockdown verordnet, dieses Mal soll er drei Wochen dauern und am 13. Dezember enden.
Vor allem Einzelhändler und Touristikfirmen setzen nun darauf, dass sich dadurch wenigstens das Weihnachtsgeschäft und die Wintersaison teilweise retten lassen. „Ich hoffe, dass zumindest ein Teil der Wintersportsaison stattfinden wird“, sagte auch Finanzminister Gernot Blümel von der Regierungspartei ÖVP.
Sämtliche Maßnahmen, mit denen sich Österreich seit Anfang November beinahe verzweifelt gegen einen neuerlichen Lockdown gestemmt hatte, haben kurzfristig nicht viel gebracht: Weder die 3G-Regel am Arbeitsplatz noch der Ausschluss der Ungeimpften vom öffentlichen Leben durch die 2G-Regel bremsten die Dynamik der vierten Pandemiewelle. Die Sieben-Tage-Inzidenz kletterte am Freitag auf 1045, was im westeuropäischen Vergleich einen sehr hohen Wert darstellt.
Wirtschaftsvertreter übten harte Kritik, kaum hatte Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) den Lockdown verkündet. Dieser sei eine „historische Katastrophe“, sagte etwa der Handelsobmann der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).
Gleichzeitig ist die Kritik aber erstaunlich rasch wieder verstummt. Offenbar hat sich in Wirtschaftskreisen die Einsicht durchgesetzt, dass der harte Lockdown zwar wirtschaftliche Schäden anrichten wird, etwa bei Läden ohne funktionierenden Onlinevertrieb, Nichtstun aber wohl menschlich und wirtschaftlich noch schädlicher wäre.
Steigende Infektionszahlen verderben Touristen die Stimmung
Restaurants und Kulturbetriebe hatten schon in den vergangenen Tagen über das Ausbleiben von Gästen geklagt; diesen hatte der Krisenmodus, in dem sich Österreich infolge der hohen Infektionszahlen seit Anfang November befindet, offenbar die Stimmung verdorben. Restaurants verlangten zudem wieder öfter Bargeld- statt Kartenzahlungen, weil sie so rascher zu Liquidität kommen.
Man wisse, dass die verkündeten Maßnahmen „alternativlos“ seien, sagte etwa Mario Pulker, der Gastronomie-Verantwortliche der WKÖ. Er begrüßte auch die allgemeine Impfpflicht, zu der sich Österreich als eines der ganz wenigen Länder durchgerungen hat.
In einer besonders heiklen Lage befindet sich der Wintertourismus. Dieser hat in Österreich ein Gewicht wie in keinem anderen Land der nördlichen Erdhalbkugel. In der letzten Wintersaison vor der Pandemie hatte das Land 73 Millionen Übernachtungen verzeichnet. Die Schweiz, die ebenfalls als Wintersportdestination gilt, wirkt im Vergleich damit mit 17 Millionen Übernachtungen wie ein Zwerg.
Bereits im vergangenen Winter war die Saison komplett ausgefallen. In den Hotels durften sich nur Kurgäste und Geschäftsreisende aufhalten, für alle anderen waren die Betriebe geschlossen. Dieses Szenario darf sich aus Sicht der Seilbahnbetreiber und Hoteliers diesen Winter auf keinem Fall wiederholen.
Kann der Lockdown die vierte Welle brechen?
Noch überwiegt in der Branche eine gewisse Zuversicht. „Wir brauchen den Lockdown, um die vierte Pandemiewelle zu brechen“, meinte etwa Stefan Ratzenberger, Sprecher der Hotelgastronomie. Wenn das gelinge, könne man auf die Wintersaison setzen.
Wäre Österreichs Regierung untätig geblieben, hätte das wohl viele Gäste, die sonst die Winterferien in Österreich verbringen, abgeschreckt. Aus Angst vor einer Ansteckung hätten sie sich nicht ins Land getraut; auch bestand die Gefahr von sich laufend verschärfenden Reisebeschränkungen.
Deutschland zum Beispiel hat Österreich bereits vor einer Woche zum Hochrisikogebiet erklärt. Das heißt, dass Touristen, die von Österreich nach Deutschland zurückkehren und weder geimpft sind noch eine Corona-Erkrankung durchgemacht haben, in Quarantäne müssen.
Gerade in den Bundesländern Tirol und Salzburg geht im Wintertourismus ohne deutsche Gäste nicht viel. In Tirol stammen rund 50 Prozent der Touristen aus dem Nachbarland und insgesamt über 90 Prozent aus dem Ausland.
Tourismusbranche klagt über Mitarbeitermangel
Noch gibt es zur Wintersaison aber Fragezeichen. Niemand kann mit Bestimmtheit sagen, ob sie an Weihnachten wirklich beginnen wird. Auch im vergangenen Jahr hatte die Touristikbranche bis zum letzten Moment auf eine erfolgreiche Saison gehofft – am Schluss blieb aber nur die Enttäuschung.
Ferner leidet der Fremdenverkehr des Landes unter Mitarbeitermangel. Vor allem osteuropäische Arbeitskräfte haben sich teilweise von Österreich ferngehalten, weil die Unsicherheit, ob die Wintersaison wirklich stattfindet, schlicht zu groß ist. Zudem sind nicht wenige Osteuropäer, etwa Ungarn, mit dem russischen Vakzin Sputnik geimpft, das in der EU aber nicht zugelassen ist.
Wenn sich Österreichs Wirtschaft trotzdem in ihr Schicksal fügt, hängt das nicht zuletzt mit den großzügigen Hilfen des Staats zusammen. „Diese Hilfen sind notwendig“, sagte Finanzminister Blümel.
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denn wenn ich nach den vielen Weihnachtsfeiern und Silvesterpartys etwas Ruhe brauche und mal kurz zum Skilaufen düse, dann finde ich es gut, dass in Österreich alles vorbereitet ist und ich mir keine Sorgen machen muss.