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Weißrussland Zehntausende demonstrieren – Lukaschenko mit Waffe und schusssicherer Weste im Präsidentenpalast

Seit Wochen gehen die Menschen in Weißrussland gegen Machthaber Lukaschenko auf die Straße – trotz massiver Drohungen des Machtapparats.
23.08.2020 Update: 24.08.2020 - 04:26 Uhr Kommentieren

Lukaschenko zeigt sich mit Maschinengewehr und schusssicherer Weste

Minsk Nach den Massenprotesten in Minsk gegen Staatschef Alexander Lukaschenko ist ein Hubschrauber an seinem Präsidentenpalast gelandet. Das war auf mehreren Videos im Nachrichtenkanal Telegram am Sonntagabend zu sehen. Das Staatsfernsehen zeigte dort, wie Lukaschenko mit einer Kalaschnikow-Maschinenpistole in der Hand in schwarzer Montur den Hubschrauber verließ und zum Palast ging. Oppositionelle Quellen hoben hervor, dass sich in der Waffe kein Magazin befunden habe.

Der Palast der Unabhängigkeit, wie er offiziell heißt, glich einer Festung. An den Zufahrten waren gepanzerte Fahrzeuge zu sehen und Einheiten mit Sicherheitskräften. Sie sollten verhindern, dass die wütende Menge den Palast stürmt. Dort hatten sich auch Menschen versammelt.

In Minsk kam es am Sonntag zu einem neuen großen Protestzug gegen „Europas letzten Diktator“, an dem Zehntausende teilnahmen. Die Menschen zogen mit Rufen wie „Hau ab!“ und „Freiheit, Freiheit!“ durch die Stadt. Es wurde vermutet, dass sich ein Teil der Menge auf den Palast zubewegen könnte.

Die Demonstranten ließen sich nicht von einer Drohung der Armee abhalten, dass nicht mehr die Polizei, sondern das Militär auf jegliche Unruhen in der Nähe der nationalen Gedenkstätten in der Stadt reagieren werde.

Sie marschierten auf ein Denkmal zu, das von einer Kette von in Militäruniform gekleideten Sicherheitskräften umgeben war, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Das Verteidigungsministerium hatte angekündigt, dass es nun den Schutz solcher Denkmäler übernommen habe und dass jede Unruhe in deren Nähe eine Reaktion der Armee auslöse.

Im Machtkampf in Weißrussland hat die Opposition zum Start in die neue Arbeitswoche zu erneuten Streiks in den Staatsbetrieben gegen Lukaschenko aufgerufen. „Wir fordern weiter den Rücktritt Lukaschenkos. Jede Minute, die er weiter an der Macht ist, verursacht der Wirtschaft große Verluste“, teilte der Koordinierungsrat der Opposition mit. Lukaschenko hat auch selbst den Gouverneur in der Region Grodno im Westen des Landes angewiesen, an diesem Montag die bestreikten Betriebe komplett zu schließen. Dort ist die Opposition besonders stark. Die Menschen sollten erst einmal abkühlen, hatte der 65-Jährige am Samstag bei einem Besuch in der Region gesagt.

Der Staatschef droht inzwischen allen, die sich gegen ihn stellen, mit dem Verlust des Arbeitsplatzes und der Existenz. Der wegen Vorwürfen beispiellosen Wahlbetrugs unter Druck geratene Politiker hat zudem eine härtere Gangart gegen die Opposition angekündigt. Unklar ist, ob es zu neuer Polizeigewalt oder sogar dem angedrohten möglichen Einsatz der Armee kommt, um die Proteste zu unterdrücken.

Russland sieht indes Anzeichen für eine Stabilisierung im Nachbarland. Außenminister Sergej Lawrow sagte laut russischen Nachrichtenagenturen in Moskau, die von Lukaschenko vorgeschlagene Verfassungsreform könne die politische Krise lösen.

Das Programm der Opposition unter der Führung von Swetlana Tichanowskaja sei dagegen weder konstruktiv, noch ziele es auf einen Dialog. Im Übrigen werde es nicht zu beweisen sein, dass Lukaschenko die Wahl nicht gewonnen habe, wurde Lawrow von der Agentur Interfax zitiert.

Entzündet hatte sich der Konflikt an der Präsidentschaftswahl vom 9. August. Lukaschenko beanspruchte einen deutlichen Sieg für sich, die Opposition spricht von Wahlbetrug. Zehntausende Menschen protestierten seitdem immer wieder gegen Lukaschenko, dabei gingen Sicherheitskräfte hart gegen die Demonstranten vor, es kam zu zahlreichen Festnahmen. Zwischenzeitlich hatte sich die Lage wieder etwas beruhigt.

22 Festnahmen am Samstag

Das Verteidigungsministerium erklärte, das Militär werde sich ab sofort um den Schutz nationaler Denkmäler und Gedenkstätten kümmern und nicht mehr die Polizei. Offen bezeichnete das Ministerium die Demonstranten als „Faschisten“.

Die Gedenkstätten, besonders jene für die Opfer des Zweiten Weltkriegs, seien heilige Stätten, die nicht entweiht werden dürften, hieß es in einer Erklärung. Das Innenministerium warnte zudem, jede nicht genehmigte Demonstration werde als illegal angesehen. Bei kleineren Protesten in insgesamt 55 Orten des Landes seien am Samstag 22 Menschen festgenommen worden.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erneuerte unterdessen ihre Bereitschaft, sich als Vermittlerin in Weißrussland zu engagieren. Wie „Bild“ (Montagsausgabe) unter Berufung auf einen Brief der amtierenden OSZE-Spitze vorab berichtete, bietet die Organisation Lukaschenko sofortige Hilfe zur Lösung der Krise an.

Unterzeichnet sei das Schreiben vom albanischen Ministerpräsidenten und amtierenden OSZE-Vorsitzenden, Edi Rama, und dessen designierter Nachfolgerin, der schwedischen Außenministerin Ann Linde.

Darin heiße es, die OSZE beobachte die Lage in Weißrussland „mit Besorgnis. In diesem Zusammenhang möchten wir unser Besuchsangebot für Belarus (Weißrussland) wiederholen“, schreiben die beiden Politiker. Weißrussland ist selbst Mitglied der OSZE, Lukaschenko lehnt eine Vermittlerrolle bislang aber ab.

Mehr: EU-Staaten erkennen Wahlergebnis in Weißrussland nicht an – und warnen Putin.

  • rtr
  • dpa
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