Yuriko Koike Tokios Bürgermeisterin ist die erste Siegerin der Olympischen Spiele

Die Rückkehr auf die nationale politische Bühne wäre die Krönung einer so langen wie wechselreichen Karriere.
Tokio Tokios Bürgermeisterin Yuriko Koike ist schon lange eine politische Überlebenskünstlerin. Die Olympischen Spiele zeigen dies aufs Neue: Die Kritik, die Spiele trotz Pandemie in Japans Hauptstadt durchzuführen, nagt bisher vor allem an der Popularität von Ministerpräsident Yoshihide Suga – nicht jedoch an Koikes.
In den Wahlen zum Stadtparlament verlor ihr Wahlverein „Tokio zuerst“ zwar Sitze, entging aber dem vorhergesagten Debakel. Die Liberaldemokratische Partei (LDP) von Ministerpräsident Suga verfehlte die absolute Mehrheit deutlich. Seither wird in Japans politischen Kreisen wieder munter spekuliert, dass Koike ihren Traum in Angriff nehmen könnte, Japans erste Regierungschefin zu werden.
2008 scheiterte sie bereits mit einem Anlauf, die LDP und damit die Regierung anzuführen. Japan habe keine „gläserne Decke“, die Frauen den Aufstieg verwehre, sondern „eine Eisenplatte“, sagte sie damals.
Nun twitterte Anfang Juli der frühere Regierungschef Naoto Kan von der oppositionellen Demokratischen Partei, dass die Wahlen zu Japans Unterhaus in diesem Herbst die letzte Chance der 69-jährigen ehemaligen TV-Journalistin auf Japans höchstes Regierungsamt sein dürften – sei es als Teil der national regierenden LDP oder Chefin ihrer eigenen Partei.
Selbst in der LDP stößt eine Rückkehr der Politikerin, die wegen ihrer immer wechselnden Parteizugehörigkeiten als „Schmetterling“ bezeichnet wird, nicht grundsätzlich auf Ablehnung. Als Königinmacher wird kein Geringerer als der LDP-Politikchef Toshihiro Nikai gehandelt – falls Suga in den Herbstwahlen deutlich an Stimmen verliert.
Nikai begrüßte bereits einen Wiederbeitritt Koikes. Andere Parteigenossen liebäugeln mit der Idee, dass Koike eine neue konservative Partei gründen könnte, die dann zum Koalitionspartner der seit ihrer Gründung fast ununterbrochen regierenden LDP werden könnte. Mit ihrer Führung der 14-Millionen-Einwohnermetropole hat Koike gezeigt, dass sie sowohl fürs konservative Wahlvolk als auch für viele Parteilose wählbar ist.
Ihre Prominenz münzte Koike in eine politische Karriere um
Die Rückkehr auf die nationale politische Bühne wäre die Krönung einer so langen wie wechselreichen Karriere. Die heutige Politikerin begann ihre berufliche Laufbahn nach einem Studium in Ägypten bei einem Fernsehsender. Als Moderatorin eines bekannten Wirtschaftsprogramms gewann sie dann rasch national an Prominenz, die sie in eine politische Karriere ummünzte.
Dabei verbindet sie ihre konservative Ideologie mit einem Schuss sozialer Liberalität und Frauenpower. 1992 wurde sie für die oppositionelle Partei Neues Japan ins Oberhaus gewählt. 1993 gewann sie erstmals ein Mandat für das politisch wichtigere Unterhaus, das sie drei Jahre später als Mitglied der Neuen Fortschrittspartei verteidigte.
1999 wurde Koike nach der Bildung einer Koalitionsregierung mit der LDP Vizeministerin für Wirtschaftsplanung, wechselte dann erst in die Neue Konservative Partei und dann 2002 zur LDP. Dort stieg sie rasch weiter auf. 2004 ernannte der damalige Ministerpräsident Junichiro Koizumi die erfolgreiche Politikerin zur Umweltministerin, sein Nachfolger Shinzo Abe erst zur Nationalen Sicherheitsberaterin und dann zur ersten Verteidigungsministerin des Landes.
Kritiker werfen ihr zwar vor, opportunistisch und selbstverliebt zu sein und mehr Show als Substanz zu zeigen. Aber diese gängige Politikerkritik hat ihr genau wie vielen männlichen Kollegen nicht geschadet. 2014 wurde sie bereits als Kandidatin für die Tokioter Bürgermeisterwahlen gehandelt. Doch sie ließ ihrem ehemaligen Liebhaber Yoichi Masuzoe den Vortritt und trat erst nach seinem Rücktritt 2016 an – und zwar erfolgreich.
2020 verteidigte sie ihr Amt mit 60 Prozent der Stimmen. Nicht einmal ein Schwächeanfall im Juni 2021, der sie kurz vor den Stadtparlamentswahlen ins Krankenhaus zwang, schmälerte ihre Popularität. Damit kann sie die Olympischen Spiele politisch genießen: Sollte das Sportfest zu einem Superspreader-Event werden, würde das eher Regierungschef Suga angekreidet, ein Erfolg hingegen auf jeden Fall positiv auf sie abfärben.
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