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Quantencomputing So positionieren sich Frankreichs Start-ups im Wettlauf um den ersten Quantencomputer

Die USA, China und Europa liefern sich ein Rennen um die neue Technologie. Französische Jungunternehmer kooperieren dabei mit deutschen Instituten und Unternehmen.
28.01.2021 - 16:18 Uhr Kommentieren
Das Forschungszentrum Jülich hat bereits zwei Maschinen von der Firma Pasqal gekauft, weil sie „Weltmarktführer für atombasierte Prozessoren ist“. Quelle: Fastic
Gerät von „Pasqal“ im Forschungszentrum Jülich

Das Forschungszentrum Jülich hat bereits zwei Maschinen von der Firma Pasqal gekauft, weil sie „Weltmarktführer für atombasierte Prozessoren ist“.

(Foto: Fastic)

Paris Sie heißen Quandela, Pasqal oder Alice & Bob: Diverse Start-ups arbeiten derzeit daran, den ersten echten Quantencomputer zu erschaffen. Noch stehen die Entwickler des Quantum Computing am Anfang. Doch einige französische Start-ups stecken bereits ziemlich erfolgreich ihre Claims ab.

Georges-Olivier Reymond, Gründer und CEO von Pasqal, gibt sich ambitioniert. „Wir haben 14 Mitarbeiter. Bis Ende des Jahres wollen wir die Zahl verdreifachen – und 2023 ungefähr 100 sein“, sagt er in einem Videointerview mit dem Handelsblatt. Und für die entferntere Zukunft hat er ganz große Ziele: „In zehn Jahren wollen wir ein Multi mit Tausenden Mitarbeitern sein. Wir haben eine sehr aggressive Expansionsstrategie.“

Reymonds Unternehmen existiert seit 2017 und ist wie die meisten auf dem Gebiet der Quantentechnologie die Ausgründung einer wissenschaftlichen Einrichtung. Das Institut d’Optique liegt dreißig Kilometer südlich von Paris in Saclay, dem französischen Cluster für Spitzentechnologie.

Quantencomputer basieren auf einer Theorie des Nobelpreisträgers Max Planck. Er erkannte, dass Atome Strahlungsenergie nicht kontinuierlich aufnehmen oder abgeben, sondern in Form von Paketen, sogenannten Quanten. Damit revolutionierte er das damalige physikalische Weltbild.

Rechner, die auf Plancks Theorie beruhen, machen sich eine Eigenart der kleinsten Einheiten, der Quantum-Bits oder QBits, zunutze: Sie können gleichzeitig verschiedene Zustände annehmen. Die Bits von digitalen Rechnern dagegen kennen nur die Ausprägungen Null oder Eins: Ein Transistor leitet entweder Strom, oder er leitet ihn nicht. Ob Handy oder Supercomputer – auch die kompliziertesten Anwendungen beruhen letztendlich auf diesen beiden Zuständen.

Quantencomputer könnten neue Probleme lösen

Weil QBits gleichzeitig mehrere verschiedene Zustände haben, ist ihre Rechenleistung um ein Vielfaches höher. „Wenn Sie von 50 auf 51 QBits gehen, verdoppelt sich die Leistung, während ein zusätzliches Bit vernachlässigbar ist“, erläutert Tommaso Calarco. Er leitet das europäische Quantum Community Network sowie das Institute of Quantum Control am Forschungszentrum Jülich.

Mithilfe der Quantencomputer könnten Wissenschaft und Industrie künftig womöglich Probleme lösen, an denen heutige Rechner noch scheitern. Sie könnten etwa in der Verschlüsselung oder für die optimale Nutzung einer Fahrzeugflotte zum Einsatz kommen.

Das Forschungszentrum Jülich hat bereits zwei Maschinen von Pasqal gekauft, weil die Firma „Weltmarktführer für atombasierte Prozessoren ist“, so Calarco. Der Vorteil der atombasierten Technologie besteht laut Calarco darin, dass sie leicht skalierbar ist und bei Raumtemperatur arbeitet. Die von Google und einer chinesischen Universität verwendete Alternative mit Photonen dagegen erfordere das Herunterkühlen auf extrem niedrige Temperaturen. „Niemand weiß, wie man diesen riesigen Kühlschrank skalieren soll“, sagt Calarco.

Die Kühlung verringert einen wesentlichen Vorteil der Quantentechnologie: den geringeren Stromverbrauch. „Eine Quantenmaschine benötigt ungefähr zehn Kilowatt, während ein gleich leistungsstarker Superrechner rund 1000-mal mehr benötigt“, erklärt Reymond von Pasqal. Das könne einmal entscheidend sein, denn schon heute verursachen digitale Systeme so viele CO2-Emissionen wie der gesamte Flugverkehr.

Google und die chinesische Universität haben bereits mit Quantenmaschinen Berechnungen angestellt, für die ein Supercomputer Zehntausende oder Millionen Jahre benötigt hätte. Programmierbar sind ihre Maschinen allerdings nicht, sie sind auf eine einzelne Rechenoperation abgestellt.

„Das Rennen um den Quantencomputer ist noch längst nicht gelaufen, Europa ist sehr gut positioniert“, urteilt Calarco. Die Maschinen von Pasqal besäßen heute bereits bis zu 150 QBits. Die Maschinen, die Ende des Jahres nach Jülich geliefert werden – von der EU-Kommission im Rahmen der „Quantum Flagship Initiative“ finanziert –, sollen 200 bis 300 haben. Zum Vergleich: Die in China genutzte Variante hatte 50 bis 60 QBits.

„Da wartet noch sehr viel Arbeit auf uns“

Valérien Giesz von der Firma Quandela sagt: „Das Ziel ist es, zwischen 2030 und 2050 einen echten Quantencomputer zu haben.“ Quandela arbeite ebenfalls „mit Photonen-Qbits, die stabiler sind als andere, aber dafür sehr niedrige Temperaturen notwendig machen“.

Quandela will 2023 einen sogenannten NISQ-Rechner verfügbar haben, einen „Noisy Intermediate-Scale Quantum“-Computer. „Noisy“ steht dabei für die Fehleranfälligkeit, die Quantenmaschinen heute noch prägen. Die muss man ihnen austreiben. „Die Wissenschaft sagt: Das ist alles lösbar. Die Technik sagt: Da wartet noch sehr viel Arbeit auf uns“, amüsiert sich Giesz.

Im Rennen um den ersten richtigen Quantencomputer profitieren die französischen Start-ups von ihrer engen Verbindung mit Spitzen-Forschungseinrichtungen. Zudem hat Frankreich sehr gute Mathematiker und Physiker: In der Mathematik gilt das Cluster von Saclay als weltweit führend, in der Physik zählt es zur europäischen Spitzengruppe.

„Das Ziel ist es, zwischen 2030 und 2050 einen echten Quantencomputer zu haben“, sagt der Mitgründer und CEO von Quandela. Quelle: Quandela
Valérian Giesz

„Das Ziel ist es, zwischen 2030 und 2050 einen echten Quantencomputer zu haben“, sagt der Mitgründer und CEO von Quandela.

(Foto: Quandela)

Wie das Beispiel Jülich und Pasqal zeigt, scheinen die Europäer in diesem Fall allerdings unkompliziert zu kooperieren. „Italien und Spanien sind bei der EU-Initiative ebenfalls mit von der Partie“, freut sich Calarco.

„In Frankreich sind wir in der Hardware sehr gut, gemeinsam mit Alice & Bob und Pasqal“, schätzt Giesz ein. „Wir sind schwächer in der speziellen Software.“ Und er erzählt, dass große Unternehmen in Deutschland mit Quandela zusammenarbeiten wollen: „Wir waren beispielsweise bei Bosch, da haben wir sofort über gemeinsame Interessen gesprochen.“ In Frankreich seien die Beziehungen zwischen den Großen und den Start-ups traditionell schwieriger. „Das ändert sich jetzt allerdings. Mit Thales, Atos und Airbus können wir gut kooperieren, Airbus unterstützt uns finanziell“, sagt Giesz.

Start-ups geben sich kooperationsbereit

Das Quanten-Start-up Alice & Bob hat sich auf selbstkorrigierende supraleitende Quantenbits spezialisiert. Der Name des Unternehmens stammt aus der Verschlüsselung, wo man statt „Person A“ und „Person B“ gern „Alice“ und „Bob“ sagt.

Sofia Dahoune vom spezialisierten Fonds Elaia ist überzeugt: „Start-ups wie Alice & Bob verbinden das beste beider Welten: die Nähe zu den Forschungslaboren und die Flexibilität von Start-ups.“ Elaia ist einer der Investoren von Alice & Bob.

Dahoune erläutert: „Sie arbeiten mit fünf Labors in Paris, Saclay und Lyon zusammen. Der Schlüssel zum Erfolg ist es, ganz nah an der Forschung zu bleiben.“

Und so geben sich die jungen Unternehmen vorerst weiterhin kooperationsbereit. Pasqal-Chef Reymond betont: „Noch weiß niemand, welche Technologie am Ende vorn liegen wird. Deshalb haben wir alle Interesse daran, offen zu bleiben und zusammenzuarbeiten.“

Mehr: Wirtschaft und Wissenschaft fordern Quantencomputer binnen fünf Jahren

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