Knowunity Wie eine Schüler-App an eine Millionen-Finanzierung gekommen ist

„Schüler helfen anderen Schülern deutlich besser als Ältere, weil sie auf Augenhöhe sind“, sagt Knowunity-Gründer Benedict Kurz.
Hamburg Marktforschung war für Benedict Kurz in der Entwicklungsphase nicht schwer: Der Mitgründer der Lern-App Knowunity gehörte selbst zur Zielgruppe. Mit vier Freunden entwickelte er parallel zu seinem Abitur 2020 ein Start-up, das Schüler zu Lern-Influencern machen will. Jetzt erhält der 19-Jährige zwei Millionen Euro Wachstumskapital vom Berliner Gründerfonds Project A und bekannten Business-Angels wie dem Fußballprofi Mario Götze und der Unternehmerin Verena Pausder. „Wir sind so nah an der Zielgruppe, dass wir nicht am Markt vorbeientwickeln“, verspricht Kurz ihnen selbstbewusst.
Die Finanzierungsrunde für die jungen Gründer aus Sindelfingen zeigt, wie locker das Geld bei den Start-up-Investoren derzeit für digitale Bildungsangebote sitzt. Vor allem durch das Corona-bedingte Homeschooling weckt die als „Edtech“ (Educational Technology) getaufte Kategorie die Wachstumsfantasien der Geldgeber.
Die Onlinenachhilfe Go Student aus Wien erhielt zuletzt 70 Millionen Euro unter anderem vom New Yorker Geldgeber Coatue. Die deutsche HV Capital investierte zwei Millionen Euro in die Lern-App Simpleclub, und deren Konkurrent Sofatutor wurde gerade von Investmentgesellschaften übernommen. Am Mittwoch verkündete zudem der Gründer der Lernplattform Charly, Cecil von Croÿ, die Übernahme des Konkurrenten StudyStuff. Beide richten ihr Angebot an Studierende. Vorausgegangen war eine Finanzierungsrunde über drei Millionen Euro.
Gegen die Konkurrenz will sich Benedict Kurz mit einer Mischung aus sozialem Schülernetz und Lernplattform durchsetzen. Im Unterschied zu anderen Angeboten gebe es keine Videos, die von „40- oder 50-Jährigen“ erstellt würden, sagt Kurz – sondern fast nur Inhalte, die Schüler selbst einstellen. Besonders aktive Nutzer könnten mit ihren Angeboten sogar Geld verdienen, ähnlich wie Künstler bei Spotify, erklärt er.
Wie kommt ein Teenager an zwei Millionen Euro?
Doch wie kommt ein 19-jähriger Gründer an zwei Millionen Euro? „Wir haben als Schüler gemerkt: Für jeden Bereich gibt es eine Plattform auf dem Smartphone: für Musik, Videos, Kontakte. Aber nicht fürs Lernen.“
Zusammen mit zwei befreundeten Brüdern, dem 23-jährigen Julian Prigl und dem 26 Jahre alten Yannik Prigl, entwickelte er die Idee für Knowunity. Bei einer Veranstaltung der Plattform „Start-up Teens“ trafen sie ihre späteren Mitgründer, die 18 und 19 Jahre alten Lucas Hild und Gregor Weber. Die beiden hatten bereits eine kleine Schüler-App programmiert. Mit der selbst programmierten App ging es los – und mit etwas Geld aus Crowdsourcing.
Praktische Hilfestellung in der Gründungsphase konnte auch Kurz’ Familie geben, die an einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Sindelfingen beteiligt ist. „So habe ich mitbekommen, wie Unternehmertum funktioniert“, sagt er.
Bekannt geworden ist die App auch über Werbevideos auf der Kurzvideoplattform Tiktok. 700.000 Downloads und eine halbe Million aktive Nutzer halfen als Argumente bei der Investorensuche. „Anfangs hatten wir noch keine Ahnung, dass es Angels und Risikokapitalgeber gibt. Inzwischen haben wir gute Erfahrungen gemacht und viel dazugelernt“, sagt Kurz.
Knowunity will internationale Plattform werden
Nach dem Anfangserfolg hätten sich mehrere potenzielle Geldgeber gemeldet. „Wir haben schnell gesehen, dass Interesse da ist“, sagt Kurz. Project A sei ein guter Partner, da die Berliner neben Gründerfinanzierung auch operative Unterstützung anbieten. „Wir glauben, dass Knowunity die meistgenutzte Lernplattform für Oberschüler in Europa wird“, meint Project-A-Partner Anton Waitz.
Für Knowunity-Gründer Kurz „ist das eine Riesenchance, die wir im jungen Alte r bekommen“. Eingeschüchtert durch die hohe Summe wirkt er nicht, im Gegenteil: „Wir können jetzt viele relevante Positionen mit erfahrenen Leuten besetzen – zusätzlich zu unserem wahnsinnig fähigen Entwicklerteam.“

Die Knowunity-Gründer Julian Pringl und Benedict Kurz (von links).
Ziel sei es, die App zu einer internationalen Plattform auszubauen. Für die Expansion böten sich zunächst Österreich und die Schweiz an, später weitere europäische Länder. Geld verdienen soll die im Kernbereich kostenlose App mit einer Mischung aus gezielten Werbeangeboten und Bezahlangeboten. Bislang allerdings sei der Umsatz noch gering, sagt Kurz. Zunächst gehe es um das Wachstum.
In den App-Stores von Apple und Google wird die App von den Nutzern mit 4,7 beziehungsweise 4,4 von fünf Sternen bewertet. Die meisten loben die Inhalte und die Möglichkeit, mit anderen Nutzern zu chatten. Allerdings gibt es Kritik an den Kosten für Downloads von Dateien.
Die Zielgruppe nimmt das Angebot offenbar an: „Schüler helfen anderen Schülern deutlich besser als Ältere, weil sie auf Augenhöhe sind“, beschreibt Kurz das Prinzip der App. Er selbst dagegen wolle die Unterstützung von seinen erfahrenen Investoren gern annehmen.
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