Einzelhandel Verwaltungsgerichtshof korrigiert Corona-Verordnung: Bayerns Schuhgeschäfte öffnen wieder regulär

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass Schuhläden für die tägliche Versorgung unverzichtbar seien.
Düsseldorf Nach einem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs werden zahlreiche Schuhgeschäfte in Bayern wieder regulär öffnen – auch in Regionen, wo die Sieben-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfektionen mehr als 100 beträgt. Das Gericht hatte zuvor entschieden, dass Schuhgeschäfte genau wie Lebensmittelläden oder Drogerien für die tägliche Versorgung unverzichtbar seien. Deshalb müssten sie auch unter die entsprechende Ausnahmeregelung der Corona-Verordnung des Landes fallen.
Geklagt hatte das Schuhhaus Mücke aus Schweinfurth, das in Bayern zwölf Ladengeschäfte betreibt. Zwar hatten die Verwaltungsrichter den Antrag des Unternehmens abgelehnt, die komplette Regelung der Corona-Schutzverordnung für den Einzelhandel außer Kraft zu setzen. Doch in ihrer Begründung, die dem Handelsblatt vorliegt, gaben sie den Schuhgeschäften de facto grünes Licht für eine Öffnung.
So stellten die Richter fest, unter Berücksichtigung der derzeitigen Rechtslage und insbesondere der Begründung des Verordnungsgebers seien „auch Schuhgeschäfte als für die tägliche Versorgung unverzichtbar“ anzusehen. „Die Versorgung mit Schuhen ist nicht nur Voraussetzung für die Ausübung zahlreicher beruflicher Tätigkeiten, sondern im Regelfall auch für die der Gesunderhaltung dienende Bewegung und Sportausübung im Freien“, heißt es in der Begründung des Beschlusses weiter.
Ob nun die Landesregierung die Verordnung anpasst und auch Schuhgeschäfte genau wie Buchhandlungen oder Babymärkte unter die Ausnahme aufnimmt, ist noch nicht klar. Auf Nachfrage sagte ein Sprecher des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege: „Die Staatsregierung hat die Entscheidung zur Kenntnis genommen und prüft den weiteren Handlungsbedarf.“
Ein Sprecher der Verbundgruppe ANWR, zu der das Schuhhaus Mücke gehört, sagte dem Handelsblatt, alle Geschäfte von Mücke würden jetzt mit dem Schuhsortiment wieder aufmachen. Die anderen Händler der Verbundgruppe würden ebenfalls so verfahren, soweit sie das so schnell umsetzen könnten. Der ANWR Group sind rund 760 Schuhfachhändler mit mehr als 3000 Geschäften angeschlossen.
„Wegweisendes Urteil und wichtiges Signal“
Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass sich örtliche Behörden nicht an die Rechtsauffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs halten und gegenteilige Verbotsverfügungen erlassen, wenn Schuhgeschäfte wieder öffnen, heißt es in einem Schreiben der Rechtsanwaltskanzlei Graml & Kollegen, die das Unternehmen Mücke vor Gericht vertreten hat. Gegen derartige Verbotsverfügungen oder etwaige Bußgeldentscheidungen müsse dann im Einzelfall vorgegangen werden unter Berufung auf die Rechtsauffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs.
„Das ist ein wegweisendes Urteil und ein wichtiges Signal zur richtigen Zeit für die vielen, durch die über sechs Monate andauernde Zwangsschließung gebeutelten Schuhhändler”, erklärte Frank Schuffelen, Vorstandssprecher von ANWR. Die ebenfalls zum Unternehmen gehörende Sporthandelsgruppe Sport 2000 prüft nun ebenfalls „umgehend die notwendigen Klageschritte, um auch den Sporthandel zügig öffnen zu dürfen“, wie der zuständige Vorstand Matthias Grevener ankündigte.
In Bayern konnten Schuhgeschäfte bisher höchstens mit vorheriger Terminanmeldung Kunden im Geschäft empfangen. In einigen Kreisen und Städten war selbst das nicht möglich, weil die Sieben-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfektionen an drei aufeinanderfolgenden Tagen auf mehr als 100 gestiegen war und die in den Bund-Länder-Gesprächen vereinbarte „Notbremse“ griff.
Das Schuhhaus Mücke ist nicht das einzige Handelsunternehmen, dass gegen Corona-Verordnungen der Länder geklagt hatte. Doch bisher waren die Erfolge dieser juristischen Versuche, eine weitergehende Öffnung von Geschäften zu erzwingen, eher gering.
So hatte eine Filiale der Elektronikkette Media Markt vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster gegen die Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen geklagt. Das Unternehmen hielt die Tatsache, dass eben etwa Buchläden und Gartenmärkte ohne Terminbuchung öffnen dürfen, Elektronikgeschäfte aber nicht, für eine unzulässige Ungleichbehandlung.
Das Oberverwaltungsgericht hatte dem Händler zwar Recht gegeben und die Corona-Schutzverordnung des Landes NRW außer Kraft gesetzt. Die Landesregierung hatte aber schnell reagiert und die Verordnung in veränderter Fassung wieder in Kraft gesetzt. Nun dürfen alle Läden nur noch mit Termin öffnen, es kam also zu noch stärkeren Einschränkungen im Handel.
Mehr: Händler drängen auf Öffnung mit digitaler Einlasskontrolle über Luca-App
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Wieder einmal hat ein Gericht einfach seine politische Abwägung an die Stelle derjenigen einer demokratisch legitimierten Regierung gesetzt. Das Ergebnis ist mehr als fragwürdig. Lebensmittel muss ich nahezu täglich einkaufen, während die Verbrauchergruppe, die täglich Schuhe kaufen muss, trotz aller Klischees sehr überschaubar sein dürfte.
Zur Zeit ist die ganze Welt ein Narrenhaus - aber ganz gewiss sitzt die Zentrale dieses Narrenhauses in Deutschlands derzeitiger Regierung !
Wer ist in der Lage dieses Tohuwabohu zu stoppen ?