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Medikamente Wie der Merck-Konzern seine Pharmaforschung wieder aufmöbeln will

Mit neuen Medikamenten gegen Krebs und Autoimmunerkrankungen will Merck Fehlschläge hinter sich lassen – und ab 2025 das Wachstum der Pharmasparte beschleunigen.
22.11.2021 - 12:22 Uhr Kommentieren
Merck hat nach eigenen Angaben die Finanzkraft, um seine Forschungsprojekte voranzutreiben, und will auch in Zukunft etwa ein Viertel des Umsatzes in die Forschung investieren. Quelle: dpa
Merck-Logo in Darmstadt

Merck hat nach eigenen Angaben die Finanzkraft, um seine Forschungsprojekte voranzutreiben, und will auch in Zukunft etwa ein Viertel des Umsatzes in die Forschung investieren.

(Foto: dpa)

Frankfurt Mit mehreren Neuentwicklungen und einer neuen, stärker fokussierten Forschungsstrategie will die Darmstädter Merck-Gruppe ihre Pharmasparte auf einem längerfristigen Wachstumskurs halten. „Wir wollen in etwa ab der zweiten Hälfte der Dekade fünf neue Wirkstoffe auf den Markt bringen, die für die nächste Innovationswelle unseres Healthcare-Geschäfts stehen werden“, kündigt der neue Chef der Merck-Gesundheitssparte, Peter Guenter, im Gespräch mit dem Handelsblatt an.

Alle fünf Produktkandidaten haben aus Sicht Guenters das Potenzial, jeweils der erste und auch einer der führenden Wirkstoffe einer neuen Therapieklasse zu sein. Die beiden ersten Entwicklungssubstanzen, der Wirkstoff Evobrutinib gegen schubförmige Multiple Sklerose (MS) und das Krebsmittel Xevinapant, schätzt er, könnten ab 2025 auf den Markt kommen. Und vor allem für Xevinapant sieht Merck im Falle einer erfolgreichen Zulassung Verkaufsschlager-Potenzial.

Zur Gruppe der fünf Hoffnungsträger zählt der Darmstädter Konzern ferner zwei weitere potenzielle Krebsmittel sowie eine neuartige Substanz gegen die Autoimmun-Erkrankung Lupus erythematodes, die sich noch in früheren Phasen der klinischen Entwicklung befinden. Details zu den Projekten präsentierte Merck am Montag in einer Analystenkonferenz.

Mit einem erwarteten Arzneimittelumsatz von gut sieben Milliarden Euro in diesem Jahr gehört der Darmstädter Konzern zu den mittelgroßen Pharmaherstellern, global rangiert er derzeit etwa auf Position 26 in der Branche. Die Sparte trägt jeweils rund ein Drittel zum Merck-Gesamtumsatz und Ergebnis bei. Das Geschäft entwickelt sich aktuell solide und dürfte 2021 währungsbereinigt um acht bis neun Prozent zulegen.

Auch in den nächsten Jahren wolle man schneller wachsen als der Markt, so Guenter. Dazu sollen vor allem steigende Erlöse bei den jüngeren Neuentwicklungen wie dem Krebsmittel Bavencio und dem Medikament Mavenclad gegen Multiple Sklerose beitragen.

Drastische Bereinigung der Forschungspipeline

Dessen ungeachtet ist es für den Darmstädter Pharma-, Biotech- und Spezialchemiekonzern wichtig, neue Perspektiven für die eigene Pharmaforschung aufzuzeigen. Denn zum einen wird der wichtige Wachstumsträger Mavenclad möglicherweise schon ab Mitte des Jahrzehnts seinen Patentschutz verlieren. Zum anderen haben mehrere Flops in der Produktentwicklung zuletzt Zweifel an den längerfristigen Aussichten der Sparte geweckt.

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Von einigen hochgesteckten Erwartungen mussten sich Investoren und die Merck-Führung nach und nach wieder verabschieden, insbesondere bei den Krebsmitteln Bavencio und Bintrafusp-Alfa. Der Wirkstoff Bintrafusp, der zeitweilig als aussichtsreichstes Pharmaprojekt von Merck gehandelt wurde, ist nach drei gescheiterten Studien inzwischen fast komplett beerdigt, eine großangelegte Allianz mit dem britischen Pharmakonzern Glaxo-Smithkline (GSK) wurde jüngst wieder aufgelöst.

Unter Führung Guenters, der zu Jahresbeginn als Nachfolger der neuen Konzernchefin Belén Garijo die Führung der Merck-Gesundheitssparte übernahm, vollzog der Darmstädter Konzern in aller Stille eine relativ drastische Bereinigung seiner Forschungspipeline. Von 33 klinischen Projekten, die man im vergangenen Oktober noch verfolgte, sind nur noch 16 übriggeblieben.

Der neue Merck-Pharmachef will diese Dezimierung nicht als Indikator für eine etwaige reduzierte Stärke der Merck-Pharma-Pipeline verstanden wissen. „Es macht keinen Sinn, nur auf die Zahl der Projekte zu schauen. Es kommt letztlich auf die Qualitäten und die Erfolgswahrscheinlichkeiten in den klinischen Studien an.“

Merck hat, wie Guenter deutlich macht, mit der Neuordnung allerdings Abschied genommen von sogenannten Plattform-Strategien, das heißt von der Idee, einzelne Wirkstoffe in einer Vielzahl von Einsatzbereichen (Indikationen) gleichzeitig zu entwickeln. Vorbild für solche Konzepte sind Mega-Blockbuster wie das Rheumamittel Humira von Abbvie oder das Lungenkrebs-Medikament Keyruda vom US-Konzern Merck & Co (der mit Merck/Darmstadt keine Verbindung hat). Sie erzielen dank zusätzlicher Zulassungen in zahlreichen weiteren Indikationen zweistellige Milliardenerlöse.

Akquisitionen laut Pharmachef denkbar

Ähnliche Ambitionen verfolgte Merck mit seinen Neuentwicklungen Bavencio, Bintrafusp und Evobrutinib. Ein Erfolg hätte das Pharmageschäft des Darmstädter Konzerns theoretisch auf ein ganz neues Niveau führen können. Aber diese Hoffnung hat sich inzwischen zerschlagen.

Bavencio ist bisher nur gegen eine seltene Form von Hautkrebs sowie gegen Blasen- und bestimmte Formen von Nierenkrebs zugelassen. Bintrafusp ist nahezu komplett gescheitert. Evobrutinib wird nur noch gegen MS getestet, aber nicht mehr gegen weitere Autoimmunerkrankungen.

Nicht zuletzt diese Erfahrungen haben denn auch den Strategiewechsel hin zu stärkerer Fokussierung veranlasst. Guenter formuliert die neue Linie so: „Wir fokussieren uns auf Bereiche, in denen wir führend sind. Das heißt, wir wollen unsere Forschung dort konzentrieren, wo wir bereits über eine starke Stellung und Wissensbasis verfügen. Dazu gehören etwa Krebserkrankungen im Hals- und Kopfbereich und Multiple Sklerose.“

Merck habe die Finanzkraft, um seine Forschungsprojekte voranzutreiben, und werde auch in Zukunft etwa ein Viertel des Healthcare-Umsatzes in die Forschung investieren. „Aber wir müssen dabei selektiv bleiben und sicherstellen, dass wir gut kalkulierte Wetten eingehen. Das bedeutet, dass wir mit einem Wirkstoff nur dann in teure Phase-3-Studien gehen, wenn wir sehr gute Ergebnisse zur Wirksamkeit aus den entscheidenden Proof-of-Concept-Studien haben.“

Unabhängig davon strebt der neue Pharmachef eine gewisse Verbreiterung der Produkt- und Forschungspalette an. „Unser Schwerpunkt liegt auf organischem Wachstum, aber natürlich können wir uns auch vorstellen, unser Entwicklungsprogramm durch zusätzliche Lizenzvereinbarungen oder kleinere bis mittlere Akquisitionen auszubauen.“

Auch das klinische Programm will der Darmstädter Konzern nach der Bereinigung nun wieder etwas verbreitern. Für 2022 plant er den Start von 14 neuen klinischen Studien.

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