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Hanns-Peter Knaebel Wie ein Arzt den Kunststoffverarbeiter Röchling radikal umbaut

Der einstige Chef von Aesculap präsentiert seine erste Bilanz als CEO beim Kunststoffverarbeiter Röchling. Die Gruppe hat sich ganz neu erfunden.
07.06.2018 - 19:01 Uhr Kommentieren
Der Chef der Mannheimer Familienholding Röchling sagt:  „Wir sind dabei, unsere Medical-Welt neu zu strukturieren und neu aufzubauen.“
Hanns-Peter Knaebel

Der Chef der Mannheimer Familienholding Röchling sagt: „Wir sind dabei, unsere Medical-Welt neu zu strukturieren und neu aufzubauen.“

Mannheim Gleich zu Beginn seines Vortrages zeigt Hanns-Peter Knaebel, dass er den wirtschaftlichen Erfolg des Jahres 2017 bei Röchling nicht für sich beansprucht. „Wir haben Herrn Bartels versprochen, zum Ende seiner 40-jährigen Tätigkeit eine goldgeränderte Bilanz zu liefern. Das ist glaube ich auch gelungen.“

Am 1. Januar hat Knaebel die Führung der Röchling-Gruppe von Ludger Bartels übernommen, der das Unternehmen eineinhalb Jahre führte. „Es ist eine Premiere für mich heute“, sagt Knaebel – aber die meistert der Zweimetermann bravourös.

Jeder Satz ist wohlüberlegt und wohlformuliert, Knaebel liebt präzise Aussagen. Andererseits: Viel gibt es nicht, was heikel werden könnte. Die Geschäfte laufen gut: Der Umsatz des Kunststoffspezialisten legte 2017 um gut elf Prozent auf 1,8 Milliarden Euro zu, das Ergebnis vor Steuern wuchs um 9,1 Millionen Euro, der Gewinn etwa im gleichen Umfang. Absolute Zahlen nennt man traditionell nicht.

Komplette Neuausrichtung

Knaebel hat die Führung einer Gruppe übernommen, die eine komplette Neuausrichtung hinter sich hat. Die Wurzeln der Röchlings reichen bis zum Kurfürsten Friedrich IV. (1583 bis 1610) zurück.

Ihre unternehmerische Karriere beginnt 1882, als Friedrich Röchling mit seinen Brüdern in Saarbrücken einen Kohlehandel gründet, 1881 kauft die Familie dann das stillgelegte Eisenwerk Völklingen. Es folgen die Holzverarbeitung GmbH, der Kauf des Kaltwalzwerkes in Oberkochen und 1956 schließlich der Einstieg bei der damaligen Rheinmetall-Borsig AG.

Jahrzehntelang werfen diese Engagements gute Renditen ab, doch Ende der 1960er-, Anfang der 1970er-Jahre werden Krisensignale erkennbar. Die Schwerindustrie schwächelt.

Nachdem immer neue Geldspritzen die Familie fast an die Grenze der eigenen Finanzkraft manövriert haben, folgt 1978 der Verkauf des Stahlwerks Völklingen an die luxemburgische Arbed.

Einst ein Sammelsurium aus Beteiligungen

Es ist das Vorzeichen eines noch viel größeren Umbaus, der später folgen wird: Los geht es 2004, unter Führung von Georg Duffner, Vorvorgänger Knaebels und heutiges Beiratsmitglied. Maßgeblich treibt dann Klaus Greinert, als Beiratsvorsitzender damals quasi das angestellte Familienoberhaupt, den Radikalumbau voran.

Zu der Zeit ist Röchling noch ein Sammelsurium aus Beteiligungen. Der Rüstungskonzern Rheinmetall gehört dazu, ebenso der Telekom-Zulieferer DeTeWe, der Frankiermaschinen-Spezialist Francotyp-Postalia und weitere kleine Firmen.

Als Erstes wird das Rheinmetall-Paket 2004 abgestoßen. Die Beteiligung sorgt seit Längerem schon für Unmut in der Familie. Einige Gesellschafter wollen mit Blick auf die damals dünnen Renditen rasch verkaufen, andere glauben, dass hier eine Perle im Portfolio schlummert.

Dritte wiederum haben ethisch-moralische Bedenken gegen das Engagement bei einem Waffenhersteller. Greinert und Duffner einen die Familienmitglieder, die Rheinmetall-Beteiligung wird veräußert. Später werden auch DeTeWe und Francotyp-Postalia abgestoßen, und aus Röchling wird sukzessive ein Spezialist für Kunststoff.

Für die Leitung dieses Spezialisten ist Knaebel in den Augen von Johannes Freiherr von Salmuth, Nachkomme des Firmengründers Friedrich Röchling und seit 2011 Vorsitzender des Beirats, genau der Richtige. „Als ich aus der Presse erfuhr, dass Hanns-Peter Knaebel im April 2017 seine Tätigkeit bei Aesculap beendet, haben wir umgehend reagiert“, erzählt er im Herbst 2017 unmittelbar nach der Berufung des neuen Vorstandschefs.

Geradlinig und verlässlich

Knaebel erfüllt wichtige Voraussetzungen für den Job: Er kennt die Arbeit in einem Familienunternehmen.

Der 49-Jährige, der promovierter Mediziner ist und mehrere Jahre als Oberarzt an der Heidelberger Universitätsklinik arbeitete, war als Chef von Aesculap Teil des Familienunternehmens B. Braun Melsungen. Wegbegleiter aus dieser Zeit beschreiben Knaebel als gradlinigen und sehr verlässlichen Manager.

Zudem ist Knaebel ein erfahrener Medizintechniker – und diesen Bereich, noch die kleinste Sparte von drei Sparten, sieht von Salmuth als das wichtigste strategische Wachstumssegment für Röchling an. Das ist zwar an den aktuellen Zahlen noch nicht abzulesen.

In dem Bereich Medical – Komponenten aus Kunststoff wie etwa Flaschen oder Injektionsbestecke – sank der Umsatz von 117 auf 114 Millionen Euro. Das liege aber daran, dass man einen großen Auftrag in Deutschland zurückgegeben habe, der sich als unrentabel erwiesen habe.

Ehrgeizige Pläne

Dieser durchaus ungewöhnliche Schritt zeigt jedoch, dass Knaebel die Zukunftssparte umgestalten will. „Wir sind dabei, unsere Medical-Welt neu zu strukturieren und neu aufzubauen“, sagt der neue CEO denn auch und scherzt mit Blick auf seine eigene Vergangenheit: „Es ist immer gut, einen Arzt an Bord zu haben.“

Die ehrgeizigen Pläne unterstreichen die mehr als verdoppelten Investitionen in der Sparte. Auch ist man auf Einkaufstour: So hat Röchling gerade die Precision Medical Products in Denver erworben, ein Spezialist etwa für Injektionsnadeln, der 2018 wohl etwa 35 Millionen Euro Umsatz erzielen wird.

Die Expansion der Medizinsparte werde aber nicht dazu führen, dass die anderen beiden Geschäftsfelder – Kunststoffe für die Industrie und die Automobilbranche – keine Luft zum Atmen mehr hätten, betont Knaebel.

Vor allem das Autogeschäft boomt. Der Umsatz wuchs um fast 16 Prozent auf 991 Millionen Euro. Im laufenden Jahr sollen es sogar 1,225 Milliarden Euro werden. Röchling ist einer der wenigen Hersteller von speziellen Kunststofftanks, in denen Harnstoffflüssigkeit transportiert werden kann.

Die ist unter dem Namen „Ad-blue“ notwendig, damit Dieselmotoren die Abgasvorgaben erfüllen. Im Industriegeschäft legte der Umsatz um knapp acht Prozent auf 737 Millionen Euro zu.

„Ich fühle mich hier sehr wohl“

Bis 2020 soll das Wachstum unverändert weitergehen. 2,54 Milliarden Euro Umsatz soll dann in den Büchern stehen.

Und der passionierte Skiläufer Knaebel macht kein Geheimnis daraus, dass er das Erreichen dieses Ziel als CEO verkünden will. „Ich kenne die Kurpfalz gut, ich fühle mich hier sehr wohl.“

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