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Restrukturierung Insolvenzverfahren bei Yachtbauer Bavaria – Chef Lutz Henkel muss gehen

Segelbootbauer Bavaria ist unternehmerisch auf Grund gelaufen – und mit ihm Chef Henkel. Ein Musterbeispiel, wie Private Equity Mittelständlern schaden kann.
24.04.2018 - 18:49 Uhr Kommentieren
Das Insolvenzverfahren bei Bootsbauer Bavaria läuft ohne den langjährigen Unternehmenschef. Quelle: Bavaria Yachtbau
Lutz Henkel

Das Insolvenzverfahren bei Bootsbauer Bavaria läuft ohne den langjährigen Unternehmenschef.

(Foto: Bavaria Yachtbau)

Düsseldorf Anfang des Jahres verbreitete Lutz Henkel, 54, noch Zuversicht. Voller Stolz präsentierte der Chef des Bootsbauers Bavaria auf der wichtigsten Branchenmesse in Düsseldorf das neue Flaggschiff seines Unternehmens: die knapp 20 Meter lange Luxus-Segelyacht C65.

„Das ist das größte jemals bei Bavaria gebaute Segelboot“, sagte er dem „Yachtfernsehen“. Der Einstiegspreis liege bei 890.000 Euro. „Da sie als Kunde die Möglichkeit haben, das Schiff nach den eigenen Wünschen auszustatten, geht es dann mit dem Preis nach oben sehr schnell weiter.“

Die Luxusyacht und ihre opulente Präsentation auf der Messe Boot in Düsseldorf war der letzte Versuch von Henkel, den einstigen Preisbrecher Bavaria als Premium-Bootsbauer zu positionieren. Drei Monate später ist klar: Die kriselnde Werft aus dem unterfränkischen Giebelstadt ist insolvent – und Henkel nicht länger ihr Chef.

„Ich hätte mich gern der Verantwortung gestellt und Bavaria in eine neue Zukunft geführt“, sagte Henkel am Dienstag dem Handelsblatt, trotz Pleite und Jobverlust verströmt seine Stimme ungebrochenes Selbstbewusstsein. „Von den Shareholdern hätte ich mir einen geordneten Übergang gewünscht.“

Bei der Betriebsversammlung am vergangenen Freitag sprach bereits der Restrukturierungsexperte Tobias Brinkmann als neuer Geschäftsführer zur Belegschaft. Er soll Bavaria in Eigenverwaltung sanieren – und neue Investoren suchen.

„Wir haben in den kommenden Wochen drei wesentliche Felder, die wir bearbeiten müssen“, sagte Brinkmann dem Handelsblatt: „Wir müssen die Produktion aufrechterhalten, die Belieferung unserer Kunden sicherstellen und einen Käufer finden, der Zukunftsaussichten für das Unternehmen bietet.“

Der Niedergang von Bavaria zeigt, was Private-Equity-Firmen bei Mittelständlern anrichten können – und was passiert, wenn das Management vorrangig damit beschäftigt ist, Finanzierungslücken zu stopfen, anstatt in die Produktpalette zu investieren.

Für Winfried Herrmann war es der Deal seines Lebens: Der fränkische Fensterfabrikant hatte Bavaria 1978 tief im Binnenland gegründet und zu einer der weltweit führenden Werften für Segelyachten ausgebaut. Auf dem Höhepunkt im Jahr 2007 – Bavaria lieferte damals jährlich mehr als 3.000 Boote aus und erwirtschaftete 275 Millionen Euro Umsatz – verkaufte Herrmann sein Lebenswerk an den Finanzinvestor Bain Capital. Der Kaufpreis soll bei der sagenhaften Summe von über einer Milliarde Euro gelegen haben.

Schon damals überwogen die Stimmen, die prophezeiten: Dieser Fantasiepreis würde sich niemals refinanzieren lassen. Zumal der Segelsport unter Überalterung leidet und sich unter den jüngeren Seglern immer weniger für ein eigenes Boot begeistern – zu teuer, zu unflexibel.

Kurz nach dem Einstieg von Bain brach die Finanzkrise aus, und damit begann der Niedergang von Bavaria. Statt 3.000 verkaufte die Werft nur noch 1.000 Yachten pro Jahr, der Umsatz sackte auf unter 100 Millionen Euro im Jahr 2008/2009 ab.

Das sind Europas beste Yachten
„Boot“ in Düsseldorf
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Welche Yacht ist die Beste? Fachjournalisten von renommierten Segel- und Motorbootmagazinen aus ganz Europa küren auf der Fachmesse „Boot“ in Düsseldorf Europas Yacht des Jahres. 15 Boote kamen in die engere Wahl – die Tester legten mit ihnen insgesamt 2000 Seemeilen zurück. Die Gewinner im Überblick.

(Foto: dpa)
Jeanneau Sun Odyssey 440
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In der Kategorie Family-Cruiser überzeugte die Jury eine Yacht von Jeanneau: Die Fachleute loben die „clevere Cockpitgestaltung“. Zudem sei das Boot vielseitig und „lebendig unter Segeln.“

(Foto: PR)
Club Swan 50
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Wer gerne schnell segelt, ist den Bootstestern zufolge mit der Club Swan 50 gut bedient. Das auf Geschwindigkeit getrimmte 15-Meter-Boot sei eine „Segelmaschine in Reinform“, so das Urteil der Jury.

(Foto: Delius Klasing Verlag)
Amel 50
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In der Kategorie Luxussegler überzeugte die Amel 50 – mit einem geschützten Cockpit, viel Fläche zum Sonnenbaden und einem aufwendigen Interieur.

(Foto: PR)
Neel 51
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Bei den Mehrrumpf-Booten, den sogenannten „Multihulls“, siegte ein Trimaran von Neel. Die Rümpfe in Leichtbauweise machen das Boot schnell – gleichzeitig bietet das Boot genug Platz für zehn Kojen.

(Foto: PR)
Beneteau Figaro 3
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Ebenfalls preiswürdig fanden die Jury-Mitglieder eine Tragflügel-Yacht von Beneteau. Die nach unten geneigten Flügel können flexibel ein- und ausgefahren werden – und sorgen dafür, dass das Boot deutlich schneller als vergleichbare Boote unterwegs ist.

(Foto: PR)
Bella 620C
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Bei den Motoryachten bis 25 Fuss (rund acht Meter) sicherte sich der finnische Bootsbauer Bella den begehrten Preis. Die Jury hob besonders die Bewegungssicherheit an Bord hervor.

(Foto: PR)

Bain hatte den Kauf von Bavaria über einen sogenannten „leveraged buy-out“ gestemmt: Dabei finanziert der Käufer den Deal, indem er über die gekaufte Firma Kredite aufnimmt. So bürdete Bain Bavaria einen gewaltigen Schuldenberg auf – die „Financial Times Deutschland“ bezifferte die Kredite in der Bavaria-Bilanz damals auf über 900 Millionen Euro.

Als klar wurde, dass Bavaria diese Schulden niemals würde abtragen können, stiegen die Investoren Oaktree und Anchorage 2009 ein. Sie übernahmen den Bootsbauer, befreiten die Bilanz von einem Großteil der Schulden und statteten Bavaria mit frischem Eigenkapital aus. Für Bain und die beteiligten Banken endete das Bavaria-Abenteuer mit gewaltigen Verlusten.

Doch auch unter den neuen Mehrheitseigentümern konnte Bavaria nicht an alte Erfolge anknüpfen: Seit 2007 hat Bavaria fünf Chefs verschlissen und einen zweistelligen Millionenbetrag für die Übernahme einer italienischen Yachtfirma versenkt. „Für dieses Geld hätte man zwei Dutzend neue Modelle entwickeln und die veraltete Produktpalette verjüngen können“, sagt ein Insider.

Die Eigentümer Oaktree und Anchorage halfen dennoch mit immer neuen Darlehen aus: 2011 liehen sie Bavaria 75 Millionen Euro, 2014 räumten sie Bavaria eine Kreditlinie von weiteren 50 Millionen Euro ein, 2015 noch mal zehn Millionen.

Das war offenbar nötig, um die Produktion aufrechtzuerhalten. Im Geschäftsbericht des Unternehmens heißt es: „Spätestens ab dem 31. Juli 2013 war die Fortführung der Unternehmenstätigkeit durch die fortgeschrittene bilanzielle Überschuldung und die Liquiditätsengpässe akut gefährdet.“

2015 übernahm Lutz Henkel das Steuer bei Bavaria. Er kam vom Konkurrenten Salona und hatte zuvor mehr als acht Jahre beim VW-Zulieferer Prevent gearbeitet. Um den Turnaround zu schaffen, setzte Henkel konsequent auf eine Erweiterung der Produktpalette. Bavaria, deren Erfolgsrezept über Jahrzehnte die Serienproduktion von preiswerten Yachten von der Stange war, versuchte, in höhere Preissegmente vorzustoßen.

„Ein Billigprodukt in einem Luxussegment wie dem Yachtsport anzubieten – das kann einfach nicht funktionieren“, erklärt Henkel seine Strategie. „Das mag zu Zeiten von Firmengründer Herrmann ein gutes Geschäftsmodell gewesen sein. Aber heute haben sie es mit einer ganz anderen Klientel zu tun.“

Noch im Herbst 2017 zeigte er sich zuversichtlich, dass die neue Premium-Strategie aufgehen würde. Zwar sei absehbar, dass Bavaria die Schulden von über 200 Millionen Euro nicht aus eigener Kraft zurückzahlen könne, heißt es im Geschäftsbericht. Aber man gehe davon aus, dass die Investoren bis März 2019 an Bord bleiben. Bis dahin solle Bavaria saniert oder weiterverkauft werden.

Doch auch im operativen Geschäft verlor Bavaria inzwischen Geld. Das wurde den Eigentümern zu viel: Man habe das Unternehmen mit „erheblichen Ressourcen unterstützt“, heißt es in einer Stellungnahme der Investoren Oaktree und Anchorage. „Bedauerlicherweise ist es Bavaria Yachtbau jedoch nicht gelungen, wieder zu operativer Profitabilität zurückzufinden.“ Henkel musste gehen, Bavaria schlitterte in die Insolvenz.

Dennoch: Henkel ist überzeugt, Bavaria in gutem Zustand zu hinterlassen – das habe die diesjährige „Boot“-Messe in Düsseldorf gezeigt. Dort habe er innerhalb von zehn Tagen 210 Boote verkauft und so 65 Millionen Euro Umsatz generiert. „Der Erfolg ist vorbereitet“, sagt Henkel.

Nun ist es am Restrukturierungsexperten Brinkmann, neue Zuversicht zu verbreiten: „Ich bin überzeugt, dass wir mit unserem Pfund, der effizienten Produktion hochwertiger Yachten, einen neuen Investor gewinnen können.“

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