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KommentarBundestag hat die EZB in der Hand

So schnell, wie Finanzmärkte hoffen und Euro-Rettungskritiker fürchten, wird es nicht zu Anleihenkäufe durch die EZB kommen. Denn der Startknopf für das Programm liegt in den Händen des Bundestags.Donata Riedel 11.09.2012 - 09:58 Uhr Quelle: Handelsblatt ePaperArtikel anhören

Die EZB verzichtet auf einen Teil ihrer Unabhängigkeit.

Foto: dpa

Berlin. Die Finanzmärkte und die Euro-Rettungskritiker sind sich erstaunlich einig in ihrer Beurteilung des Anleihekaufprogramms der Europäischen Zentralbank: Unabhängig von der Politik werde die EZB nun unbegrenzt Staatsanleihen auf den Sekundärmärkten kaufen, um das Zinsniveau für Spanien und Italien zu verringern.

Doch sowohl die erleichterten Finanzmärkte als auch die wütende CSU übersehen, dass es zu den Anleihekäufen so bald gar nicht kommen kann: Der Startknopf für das Programm liegt in den Händen des Bundestags. Denn die Bedingung der EZB ist, dass ein begünstigtes Land gleichzeitig Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm bekommt. Und die gibt es nach den Statuten der Euro-Rettungsschirme EFSF und ESM nur mit vorheriger Zustimmung des deutschen Parlaments.

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Die Kritik, die Zentralbanker hätten undemokratisch über Steuerzahlergeld verfügt, läuft damit ins Leere. Die EZB verzichtet mit der Bindung ihres Programms an politische Entscheidungen auf einen Teil ihrer Unabhängigkeit. Für die Notenbank ist das nicht ohne Risiko: Wenn Regierungen und Parlamente der Euro-Zone die Integration Europas weiterhin eher zögerlich betreiben, wenn die spanische Regierung die Bankenrettung und den Umbau der Wirtschaftsstrukturen nicht beherzter vorantreibt, wenn Italien die Reformen stoppen sollte, dann hat die EZB sich umsonst selbst gefesselt.

Einen Beschluss zum bedingungslosen Eingreifen, wie ihn die Finanzmärkte herbeisehnen und die Bundesbank fürchtet, kann ihr Gouverneursrat nun nicht mehr treffen. Für Kanzlerin Angela Merkel ist das keine einfache Lage. Sie wird aller Voraussicht nach im Herbst ihre unwillige Koalition dazu bewegen müssen, weiteren Hilfen für Spanien zuzustimmen und damit die EZB-Anleihekäufe auszulösen.

Ob sie dafür eine eigene Mehrheit von CDU, CSU und FDP bekommt, ist längst nicht sicher. Zu zaudernd war in der vergangenen Woche ihre Unterstützung für EZB-Chef Mario Draghi; zu unklar ist, wie sie sich eine Finanz- und Wirtschaftsunion Europas vorstellt. Dabei bietet die EZB gerade Merkel und ihrer Regierung die Chance, ihren Euro-Rettungsweg erfolgreich zu gestalten.

Donata Riedel ist Handelsblatt-Korrespondentin in Berlin.

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Merkel setzt in den Krisenländern auf Strukturreformen und Sparprogramme. Bis Strukturreformen wirken, vergehen Jahre. Und Sparprogramme laufen ins Leere, wenn die im Haushalt eingesparten Mittel für extrem hohe Zinsen gleich wieder draufgehen. Die notwendige Zeit und die erträglichen Zinsen kann das EZB-Programm den Euro-Regierungen nun verschaffen.

In der Euro-Rettung scheinen die Deutschen geradezu verliebt zu sein ins Misslingen. Was wirken könnte, lehnen sie zuerst einmal ab: Das war anfangs bei großen Rettungsschirmen so und später beim Vorschlag eines Schuldentilgungsfonds. Die EZB bietet jetzt ein neues Konzept, das zu Merkels Rettungstempo passt. Die Koalition sollte es beherzt aufgreifen.

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