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Wirtschaftsfaktor WeihnachtsmärkteLauter die Kassen nie klingeln

Alle Jahre wieder strömen Millionen Menschen auf die Weihnachtsmärkte. Für die klammen Städte und die Händler sind sie eine wichtige Einnahmequelle. Entsprechend werden sie vermarktet – mit bisweilen verrückten Ideen.Benjamin Esche 23.11.2014 - 09:30 Uhr Artikel anhören

Der größte Weihnachtsbaum Deutschlands auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt. Rund 2,5 Millionen Besucher werden erwartet.

Foto: dpa

Dortmund/Berlin. Dortmund ist alles andere als ein touristisches Ziel. Doch in der Vorweihnachtszeit ist das anders. 600 Busse mit Weihnachtsmarktgästen kommen Jahr für Jahr in die Ruhrgebietsmetropole, um Glühwein unterm größten Weihnachtsbaum Deutschlands zu schlürfen.

„Nicht nur deutsche Gäste, sondern auch Besucher aus ausländischen Quellmärkten wie Großbritannien und der Schweiz planen bei ihrem Besuch Dortmunds zur Adventszeit Übernachtungen ein“, sagt Matthias Rothermund, Geschäftsführer der Dortmunder Tourismus GmbH. Die Weihnachtsmärkte in Deutschland sind inzwischen Marken für die Städte und prägen das Image. Zudem sind sie finanziell wichtig für die Kommunen: Viele Städte können schon deshalb nicht mehr ohne Weihnachtsmarkt.

Glühwein, fettige Reibekuchen und dazu noch etwas Christbaumschmuck: Für Besucher von Weihnachtsmärkten ist das selbstverständlich - für Marktleute und Schausteller ist es ein Riesengeschäft. „Der Run auf die Weihnachtsmärkte ist ungebrochen“, sagt Hans-Peter Arens, Präsident des Bundesverbands Deutscher Schausteller und Marktkaufleute. Vereine und Clubs veranstalten ihm zufolge inzwischen Busreisen zu den Weihnachtsmärkten im Land – und lassen dort ordentlich Geld: Nach einer Erhebung des Branchenverbandes erwirtschaften die Märkte jedes Jahr Erlöse zwischen drei und fünf Milliarden Euro. Die Schausteller machen in dieser Zeit Arens zufolge ein Drittel oder sogar die Hälfte ihres Jahresumsatzes.

Fakten zu Weihnachtsmärkten
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Auch für die Kirmesmacher haben sich Weihnachtsmärkte zur Haupteinnahmequelle entwickelt. Denn kein Schausteller kann das Kirmes-Jahr ohne Weihnachtsmärkte finanzieren. Deshalb ist für die Budenbesitzer der Advent die stressigste, aber auch die umsatzstärkste Zeit des Jahres.

Ein Beispiel: Der Familie Arens zum Beispiel verkauft westfälischen Grillschinken mit Krautsalat auf dem Weihnachtsmarkt in Dortmund. Die Geschäfte laufen – seit dem Saisonbeginn, sagt der 70 Jahre alte Schausteller Hans Peter Arens. Die Arens, das sind die Weihnachtsmarktkönige aus Dortmund.

Von den rund 300 Ständen auf dem Weihnachtsmarkt gibt es sieben große Arens-Buden. Bis zu 15 Stunden am Tag arbeiten die Familienmitglieder rund um den nach eigenen Angaben größten Weihnachtsbaum der Welt und bieten dort Glühwein, Kakao und Mandeln an. Auch die 70-jährige Heidi Arens ist noch immer mit viel Leidenschaft dabei.

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Auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt erwirtschaftet die Familiendynastie aus dem Ruhrgebiet über 50 Prozent des Jahresumsatzes. Wie die Arens können die meisten Schausteller in Deutschland vom reinen Kirmesgeschäft gar nicht leben.

„Die Saison ist schlecht geworden. Fünf bis sechs Monate im Jahr machen die Schausteller minus“, sagt Arens. An Fronleichnam, Pfingsten und Christi Himmelfahrt legten viele Familien mittlerweile einen Kurzurlaub ein.

Traditionsreiche Kirmessen haben da das Nachsehen. Fast alle Schausteller müssen in der Weihnachtszeit auf einem der etwa 2.000 Weihnachtsmärkte in Deutschland hart arbeiten, um über das Kirmes-Jahr zu kommen, sagt Lucinde Boennecke vom Deutschen Schaustellerbund (DSB) in Berlin.

Ohne das Weihnachtsgeschäft gäbe es im Sommer keine Kirmes. Selbst Besitzer großer Achterbahnen haben im Advent einen Ausschank. Fast 80 Prozent aller Schausteller verdienen ihr Geld auch auf dem Weihnachtsmarkt, so der DSB.

Am Rande des Weihnachtsmarkts reiben sich aber noch andere die Hände – denn auch Gastronomen, Hoteliers und Einzelhändler profitieren von dem Ansturm auf den Budenzauber. „Dann sagen die Leute: Wir trinken noch einen Absacker oder man hat sich nochmal Appetit geholt“, sagt ein Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga. Zudem brauchen die Busreisenden, die sich von nah und fern auf die Märkte karren lassen, einen Platz zum Schlafen. Zahlen, wie sich der Weihnachtsmarkt-Tourismus auf die Hotelbuchungen auswirkt, hat der Verband allerdings nicht.

Auch die Einzelhändler sehen Vorteile: „Das zieht Leute in die Innenstädte und bringt sie in Weihnachtsstimmung“, sagt ein Sprecher des Handelsverbands HDE. „Das bringt natürlich auch dem Einzelhandel was.“ Insgesamt prognostiziert der HDE für das diesjährige Weihnachtsgeschäft ein Umsatzplus von 1,2 Prozent auf 85,5 Milliarden Euro.

In Nürnberg ist der Weihnachtsmarkt schon seit langem ein Selbstläufer. Der Christkindlesmarkt hat dort große Tradition und lockte im Jahr 2013 rund 2,4 Millionen Besucher nach Mittelfranken. „Der Markt ist sozusagen das Schaufenster der Stadt“, sagt Helmut Nordhardt vom Marktamt Nürnberg. Besonders für internationales Publikum.

„Die Stadt begrüßt jährlich weit über 200.000 Gäste aus dem gesamten europäischen Raum, aus Nord- und Südamerika, Asien und Australien“, so Nordhardt. Der Christkindlesmarkt ist somit ein enormer Wirtschaftsfaktor für die Stadt, die die Umsätze durch Übernachtungstouristen, Tagesgäste und einheimische Besucher für das Jahr 2013 auf bis zu 150 Millionen Euro taxiert.

Da 80 Prozent der auf dem Markt vertretenen Händler aus Nürnberg oder Umgebung stammen, ist der Weihnachtsmarkt speziell für die regionale Wirtschaft immens wichtig. Im Ruhrgebiet sieht das nicht anders aus. Die Revier-Städte präsentieren ihre Weihnachtsmärkte schon im Frühjahr unter anderem auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin, um so möglichen Besuchern das Angebot näher zu bringen.

Aber auch Gäste aus den benachbarten Benelux-Staaten haben die Weihnachtsmarkt-Macher aus dem Pott im Blick. „Tatsächlich hat sich im Ruhrgebiet eine ausgeprägte Weihnachtsmarktkultur entwickelt“, sagt Rothermund von der Tourismus GmbH in Dortmund.

Jeder Markt habe dabei mittlerweile seinen eigenen Charakter. Der „German Christmas Market“ ist auch global gesehen längst eine Marke. Kopien gibt es in den Niederlanden, in London, in Chicago und sogar in Abu Dhabi. „Am besten ist aber, wenn die ausländischen Gäste zu uns kommen“, sagt der Dortmunder Grillschinkenverkäufer Hans Peter Arens.

Dass Weihnachtsmärkte absolute Zuschauermagnete sind, belegt auch eine Studie des Deutschen Schaustellerbundes. Im Jahr 2012 waren es bis zu 85 Millionen Besucher, die sich bundesweit auf den Weihnachtsmärkten tummelten.

Zum Vergleich: Elf Jahre zuvor waren es nur 50 Millionen Besucher – eine Steigerung von fast 70 Prozent. Und: Weihnachtsmärkte bringen Kaufkraft in die Städte, weil sie aufgrund ihrer Lage mitten in der City gut zu erreichen sind. Für Helmut Nordhardt von der Stadt Nürnberg ist deshalb klar: „Bei der Bedeutung, die Weihnachtsmärkte für Gewerbetreibende und Kommunen haben, kann es sich kein Veranstalter erlauben seinen Weihnachtsmarkt zu vernachlässigen.“

Dass sich mit den Weihnachtsmärkten gute Geschäfte machen lassen, führt auch dazu, dass vielerorts schon Anfang November auf Märkten Glühwein ausgeschenkt wird. Offiziell beginnen die meisten aber erst kurz vor dem ersten Adventswochenende. „Für alle, die verkaufen, ist die Zeit von Anfang November bis Ende Dezember die stärkste Zeit überhaupt. Da geht man natürlich bis an die Grenzen“, erklärt Arens vom Schaustellerverband. Beispiele dafür sind etwa der Winterzauber in Stuttgart – wo schon ab Anfang November rund um eine Eislaufbahn Glühwein und Reibekuchen verkauft werden – oder die Winterwelt am Potsdamer Platz in Berlin, wo es vom 1. November an Jagertee, Rodel- und Eislaufbahnen gibt.

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In diesem Jahr verlängern einige Städte ihre Weihnachtsmärkte sogar bis zum 30. Dezember. Auch in Dortmund dürfen die Schausteller länger ran, und das aus gutem Grund: „Sonst sieht die Stadt an Weihnachten wie gerupft aus“, sagt Arens. Das wolle er ändern. Silvester ist aber dann endgültig Schluss – wegen des Feuerwerks dürfen aus Brandschutzgründen keine Weihnachtsmarktbuden und Tannenbäume mehr stehen.

Mit Material von dpa

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