3. Art + Tech Report: Digitale Kunst ist im Markt angekommen

Die am Computer generierte Arbeit „SC 009m“ von 2022 erinnert an die Konstruktive Kunst.
Wiesbaden. NFTs sind nicht tot. Sie sind nur dazu übergegangen, ein normales Leben zu führen. Das ist die Haupterkenntnis, die sich aus dem dritten „Art + Tech Report“ ziehen lässt. Die englisch verfasste Untersuchung steht ab sofort unter www.arttechreport.com/ kostenlos zum Download bereit.
„Digital Art Coll3cting“ überschreiben die vier Autorinnen aus Berlin ihre Untersuchung. Die „3“ im Titel steht für das Web3, also die nächste Generation des WWW, die auf Blockchain-Technologien beruht. Davon ist das NFT (Non Fungible Token) nur eine.
Eine quantitative Erfassung des Marktes hat Kristina Leipold, Kerstin Gold, Anne Schwanz und Johanna Neuschaeffer nicht interessiert. Leipold ist Geschäftsführerin der LAS Art Foundation (Berlin) und Gold Strategieberaterin. Anne Schwanz und Neuschaeffer führen die Galerie Office Impart.
Für eine quantitative Erhebung ist die Datengrundlage mit rund 300 Befragten auch viel zu dünn. Vielmehr wollen die Autorinnen Trends offenlegen und die Motivation von Sammlern digitaler Kunst ergründen. Immer mehr sind das übrigens Frauen. Anders als im traditionellen Kunstmarkt machen sie aktuell rund 40 Prozent der Sammlerschaft aus, Tendenz steigend.
Nach dem Hype der Jahre 2021 und 2022 mit dem anschließenden „Kryptowinter“ genannten Crash ist NFT fast schon zum Schimpfwort geworden; viele Akteure vermeiden den Begriff sogar.
Tatsächlich hat sich hier die Spreu vom Weizen getrennt: Der Markt für digitale Kunst, die auch mithilfe von Blockchains gehandelt werden, hat nicht mehr viele Schnittstellen mit dem für sogenannte „Collectibles“, der im Übrigen ziemlich darnieder liegt. Zu den Collectibles gehören etwa auch die berühmt-berüchtigten Affenbildchen des Bored Ape Yacht Club.
Die meisten Sammler (55 Prozent) kaufen der Befragung zufolge generative, also von Computerprogrammen geschaffene Kunst; 48 Prozent gaben an, Blockchain-basierte Kunst zu kaufen, darunter auch NFTs; jeweils knapp ein Drittel haben digitale Malerei und KI-Kunst in ihrer Sammlung, immerhin noch ein Viertel Videokunst.

Die Initiatorinnen des Art + Tech Reports (von links): Die Geschäftsführerin der Berliner Kunstinstitution LAS Art Foundation, Kristina Leipold, die Strategieberaterin Kerstin Gold und die Galeristinnen Anne Schwanz und Johanna Neuschaeffer.
Der deutlichste Unterschied zum traditionellen Kunstmarkt liegt in Preisen, die für digitale Kunstwerke bezahlt werden. 90 Prozent der Befragten gaben an, maximal 1000 Dollar für einzelne Arbeiten auszugeben; das jedoch meist regelmäßig, bis hin zu wöchentlich. Über 100.000 Dollar pro Werk gibt nur ein Prozent der Sammler aus.
Eine große Rolle spielt für die Sammler digitaler Kunst der direkte Kontakt zu Künstlern, bei denen knapp ein Drittel vorwiegend kauft. Etwas weniger bevorzugen kuratierte Plattformen, und auf den großen Marktplätzen wie Open Sea bedienen sich 35 Prozent. Als Informationsquelle nutzen 79 Prozent Social Media. Diskussionsplattformen wie Discord und Twitter (heute X) werden von 60 Prozent der Sammler aufgesucht.
Für Vermittler, wie es Galerien traditionell sind, ergeben sich auch in der neuen Welt Chancen. Vier von fünf Befragten halten Kuratieren für wichtig, und bei nahezu der Hälfte ist nach eigenen Angaben die Einbettung von Positionen in einen Zusammenhang kaufentscheidend. Faktoren sind ebenfalls ganz traditionell die Ausstellungsgeschichte und institutionelle Präsenz eines Künstlers.
>> Lesen Sie hier: Art + Tech Report 2022: Käufer von Kunst-NFTs sind keine Spekulanten
Beim Thema Transparenz ergibt die Befragung jedoch ein verwirrendes Bild: Während 89 Prozent der befragten Sammler die Transparenz der Blockhain zwar schätzen und zu einem großen Teil für zentral halten, möchte mit 44 Prozent fast die Hälfte der NFT-Sammler seine eigenen Daten lieber mit Diskretion behandelt wissen.
Der Report bietet eine erhellende Momentaufnahme der Sammlerszene für digitale Kunst. Mehr kann und will er nicht sein. Schon die geografischen Umstände lassen keine generellen Schlüsse zu.



Aus naheliegenden Gründen stammen knapp 40 Prozent der Befragten aus Deutschland, lediglich 7 Prozent aus Asien. Eine ähnliche Untersuchung dort würde eventuell zu anderen Ergebnissen führen. Möglicherweise wäre die Altersverteilung eine andere, vielleicht die Budgets für einzelne Arbeiten oder über das Jahr größer oder kleiner.
Insgesamt jedoch dürfte das Fazit ähnlich ausfallen: Digitale Kunst ist angekommen im Markt und in den Sammlungen.
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